Der Schauspieler hat als Identifikationsfigur viel bewirkt. Junge und alte Jungen sind ihm dafür dankbar.Bilder von Terence Hill.

Berlin. Die Sache ist einfach und zugleich kompliziert. Es geht so: Der Mann mit dem Hut steht in der Bar ganz nah vor dem Mann ohne Hut. Er schaut mit festem Blick. Der Mann mit Hut eröffnet mit dem Satz: "Du siehst gut aus, heute schon gekotzt?" Mann ohne Hut: "Deine Witzchen vergehen dir gleich." Jetzt heißt es, fix zu reagieren. Klatsch! Der Mann mit Hut verabreicht eine Ohrfeige mit links. Zugleich raubt er dem Mann ohne Hut die Pistolen, damit die Sache nicht ausartet. Blitzschnell steckt er die Pistolen zurück, ohrfeigt mit rechts. Dann beschleunigt sich das Ganze noch. Linke Ohrfeige. Rechte Ohrfeige. Beidseitige Ohrfeigen.

Terence Hills Auftritt im Film "Mein Name ist Nobody" (1973) hat Generationen von Jungen begeistert. Hier bot sich eine faszinierende Problemlösungstechnik an. Damals waren Ohrfeigen noch nicht ganz aus der Mode, und wer sich nach Schulschluss ein wenig prügelte, galt nicht sofort als gesellschaftliche Randexistenz. Terence Hill machte mit der Hand erstaunliche Geräusche, als ob er den Bösewichtern mit dünnem Blech ins Gesicht schlug. Wahrscheinlich wollten viele Jungen auf dem Schulhof in den 70er-Jahren vor allem das Terence-Hill-Geräusch erzeugen. Wenn Kampfpartner Bud Spencer (79) zuschlug, dann mit der Faust auf den Kopf, worauf die Getroffenen sofort umfielen. Es klang nach schwerer Glocke.

Jetzt ein großer, aber wichtiger Sprung in die Gegenwart. Die deutschen Jungen stehen schlecht da. Verlacht und verweichlicht traut die Gesellschaft ihnen nichts zu. Jungs werden von Mädchen überflügelt. Pädagogen und Sozialforscher breiten Theorien aus. Ohrfeigen spielen dabei keine Rollen. Es gibt die harmlose Rangelei unter Jungen kaum noch. Im Licht der Debatten über benachteiligte Heranwachsende bekommen die frühen Prügel-Western von Terence Hill ein anderes Gewicht.

Denn der Schauspieler begünstigte in seinen Rollen jede Menge Fantasien. Zum Beispiel ist Hill in den Filmen ständig ungeheuer schmutzig, er isst riesige Portionen Bohnen, das mögen Jungs eben gerne. Der Mann war stets smart, nett, unbedingt schlagfertig, er konnte sich gut ducken. Selbstverständlich propagierte er, dass Fausthiebe okay sind. Die Titel der Filme waren austauschbar. Wen schert's?

Natürlich waren das keine Meisterwerke. Aber sie standen in einer Tradition: In vielen Kinderklassikern geht es um Bandenkriege und lustige Keilereien, von "Tom Sawyer" bis zu "Pippi Langstrumpf", die den Mädchen ein Vorbild ist, weil sie Jungs und Männer verhaut. Der positive prügelnde Komödien-Held fand in Terence Hill einen perfekten Ausdruck. Pubertierende sind ja - ohne das jetzt gering zu schätzen - für schlichte Genüsse empfänglich. Das fehlt heute eindeutig. Wenn im Fernsehen "Das Krokodil und sein Nilpferd" läuft oder "Vier Fäuste für ein Halleluja", ist das Staunen groß. Es war eine liebe Zeit.

Das Verblüffende an der Sache ist, dass bei Terence Hill das Echte und Unechte wunderbar ineinandergreifen. Denn natürlich ist der englische Name falsch. Mario Girotti ist in Venedig geboren, seine Mutter war Deutsche. 1943 zogen sie in ein Dorf bei Dresden. Mario sprach nur deutsch, als sie nach dem Krieg mit einem Leiterwagen nach Italien zogen. Als Jugendlicher schwamm er bei Meisterschaften, in seiner Mannschaft traf er Carlo Pedersoli, der sich später Bud Spencer nannte. Der Werdegang des Schauspielers ist bekannt. Mario Girotti mit den blauen Augen bekam kleine Rollen. 1967 änderte er für den Italo-Western "Gott vergibt ... wir beide nie" seinen Namen in Terence Hill; es war auch der erste Film mit Bud Spencer. Fortan hauten sie ganzen Horden von unrasierten Männern ins Gesicht. Hill spielte später Lucky Luke und Don Camillo, immer in gleicher Manier. Sex spielte nie eine Rolle. Es war eine liebe Zeit.

Man muss Terence Hill loben. Er hat als Identifikationsfigur viel bewirkt. Junge und alte Jungens sind ihm dankbar. Thüringens Kultusministerium arbeitet gerade an einer Leseliste speziell für Jungs und männliche Jugendliche. Man will sie ermutigen und empfiehlt "Emil und die Detektive" und "Jim Knopf und Lukas. Es wäre auch nicht schlecht, wenn Jungs in Scharen ungewaschen ins Kino gingen, um sich "Die rechte und die linke Hand des Teufels" anzusehen. Am Sonntag wird Terence Hill 70 Jahre alt.