Das Auswärtige Amt in Berlin ist alarmiert und hat einen Sicherheitshinweis für Cancún veröffentlicht.

Mexiko-Stadt. In Mexiko tobt unaufhaltsam ein Drogenkrieg rivalisierender Banden. Seit Präsident Felipe Calderón den Rauschgift-Kartellen den Kampf angesagt hat, vergeht kaum ein Tag ohne Blutvergießen mit Dutzenden von Toten.

Jetzt rückt die Gewalt immer näher an die Touristenzentren des mittelamerikanischen Landes heran. Erstmals wurde auch Cancún, das Ferienparadies auf der Halbinsel Yucatan, Schauplatz der Auseinandersetzungen. Nach der Ermordung eines Generals und zweier weiterer Soldaten haben die mexikanischen Streitkräfte die Polizei in dem Ferienort entmachtet und die Kontrolle übernommen.

Wie der Bürgermeister der Stadt an der mexikanischen Karibikküste, Gregorio Sanchez, gestern sagte, wurde Sicherheitschef Francisco Velasco Delgado festgenommen und zum Verhör nach Mexiko-Stadt gebracht. 400 Soldaten hatten das Polizeipräsidium in Cancún umstellt, nachdem der General im Ruhestand, Mauro Enrique Tello Quiñones, dort gefoltert und offensichtlich mit Polizeiwaffen erschossen worden ist. Er hatte den Auftrag, die organisierte Kriminalität in Cancún zu bekämpfen, in die laut Medienberichten auch die lokale Polizei verwickelt ist.

Nur wenige Kilometer von den Party- und Urlaubszentren entfernt stehen jetzt schwer bewaffnete Soldaten in der 880 000-Einwohner-Stadt.

Das Auswärtige Amt in Berlin reagierte inzwischen auf die Lage und hat im Internet einen "Sicherheitshinweis", die Vorstufe zu einer Reisewarnung (existiert derzeit für Irak, Afghanistan oder Kongo) veröffentlicht: "Nach der Verhaftung mehrerer hoher Polizeioffiziere in Cancún ist in der Region mit verstärkten Straßenkontrollen durch Militär und Polizei zu rechnen. Reisenden wird besonders umsichtiges Verhalten empfohlen", heißt es dort. Offiziell wird für ganz Mexiko auch vor Fahrten in der Dunkelheit gewarnt, vor Kriminalität an Flughäfen oder Bahnhöfen oder vor jeglicher Gegenwehr bei Überfällen, und es wird empfohlen, im Pkw stets die Fenster zu schließen und die Türen zu verriegeln.

Alexa Hüner, Sprecherin des deutschen Reiseveranstalters TUI sagte dem Abendblatt: "Es handelt sich noch nicht um eine Reisewarnung. Nach unseren Informationen gibt es für die Hotelzone in Cancún derzeit keine negativen Auswirkungen. Die Gäste brauchen sich keine Sorgen zu machen, können alle Hotels benutzen. Natürlich werden wir die weitere Entwicklung beobachten." Jose Ramirez, Direktor des mexikanischen Fremdenverkehrsamts in Frankfurt am Main: "Der Sicherheitshinweis für Cancún ist neu. Aber so etwas gibt es ja auch schon mal für andere Urlaubsgebiete."

Während offizielle Stellen die Gefahr herunterspielen, geht der blutige Machtkampf der Drogenbarone mit unverminderter Härte weiter. Im Bundesstaat Tabasco wurden am Sonntag zwölf Menschen erschossen, darunter sechs Kinder und vier Frauen. Die Täter waren in einem Kleinlaster vorgefahren und eröffneten in drei Wohnungen das Feuer auf ihre Opfer. Im Norden Mexikos gab es vor Kurzem 39 Tote an einem Tag. Bei einem der Überfälle hatten Bewaffnete in Villa Ahumada nahe der Grenze zu den USA neun mutmaßliche Mitglieder einer anderen Bande verschleppt. Sechs von ihnen wurden außerhalb der Stadt ermordet, die drei anderen wurden von Soldaten befreit. Bei einer anschließenden Schießerei mit Soldaten und Polizisten wurden 14 Gangster und ein Soldat getötet.

Villa Ahumada, ein Ort mit 1500 Einwohnern im mexikanischen Staat Chihuahua, ist seit einem Jahr in der Hand von Drogenbaronen. Zwei Polizeichefs wurden ermordet, die restlichen Mitglieder der 20-köpfigen Polizeieinheit quittierten aus Angst den Dienst. Bürgermeister Fidel Chavez flüchtete. Die Grenzregion zwischen Mexiko und den USA ist ein Zentrum des organisierten Verbrechens, wo vor allem der Rauschgifthandel blüht.

Nach Aussage von Präsident Calderón fielen der Drogenkriminalität in einem Jahr mehr als 6000 Menschen zum Opfer. Inzwischen setzt er, unterstützt von einer Ein-Milliarden-Euro-Spritze der US-Regierung, 40 000 Soldaten und Polizisten gegen die Drogenmafia ein. Aber die Geschäfte der Kartelle sind kaum zu stoppen. Es wird Kokain im Milliardenwert über die US-Grenze geschmuggelt. Vereinzelt gibt es zwar Erfolge, doch die Drogenbosse machen jährlich einen geschätzten Gewinn von 18 Milliarden Euro - damit rüsten sie ihre Banden immer weiter auf.