Der Tod eines verwahrlosten Kleinkindes schockiert Aldingen. Die Mutter schweigt. Die Geschwister des toten Mädchens sind bei Pflegefamilien.

Aldingen. Das tot in Aldingen (Landkreis Tuttlingen) aufgefundene Kleinkind ist verdurstet. Laut Obduktion starb das knapp zwei Jahre alte Mädchen an einem Herz-Kreislaufversagen aufgrund eines Flüssigkeitsmangels und starker Auszehrung, wie die Staatsanwaltschaft Rottweil und die Tuttlinger Polizei am Dienstag mitteilten. Die Gerichtsmediziner stellten bei dem Leichnam zudem einen mangelhaften Pflegezustand sowie einen extrem reduzierten Ernährungszustand fest.

Unterdessen sind die Geschwister nach dem Tod des verwahrlosten Mädchens bei Pflegefamilien untergebracht worden. Dem fast dreijährigen Jungen und seinem neun Jahre alten Bruder gehe es gesundheitlich gut, sagte ein Sprecher des Kreisjugendamtes am Dienstag. Eine ärztliche Untersuchung habe keine Auffälligkeiten ergeben. Die beiden Kinder seien jedoch traumatisiert, sie würden psychologisch betreut. Die knapp zweijährige Schwester der Beiden war am Sonntag tot aufgefunden worden, sie war den Angaben zufolge völlig verwahrlost.

Das kleine Mädchen sowie ihre zwei Geschwister hatten die gesamte Nacht zum Pfingstsonntag und auch den Morgen alleine in der Wohnung verbracht. Als die alleinerziehende, 24 Jahre alte Mutter nach Hause kam, war das Mädchen nach Polizeiangaben tot. Sie sei an Verwahrlosung gestorben - zur genauen Todesursache machte die Polizei jedoch keine Angaben.

Die Mutter der drei Kinder sitzt seither in Untersuchungshaft. Ihr wird Totschlag durch Unterlassen vorgeworfen. Gegenüber den Ermittlern schweigt sie. Die junge Frau verweigere die Aussage, sagte ein Polizeisprecher.

Den Beamten sowie dem Notarzt seien sofort die desolaten Wohnverhältnisse der Mutter und ihrer drei Kinder sowie die offensichtliche Verwahrlosung des toten Mädchens aufgefallen. Die Familie wohnte in einem Mehrfamilienhaus in der knapp 7600 Einwohner zählenden Gemeinde.

In den vergangenen zwei Jahren hatte es immer wieder Alarmzeichen gegeben, sagte Tuttlingens Landrat Stefan Bär (Freie Wähler) am Dienstag der dpa. Im Juni 2010 alarmierte eine Nachbarin die Behörden, weil sie sich Sorgen um das damals neugeborene Mädchen machte. Vor wenigen Wochen machte ein Schulleiter auf den älteren Jungen aufmerksam. Der Verdacht habe sich aber in beiden Fällen nicht erhärtet.

„Wir sind schockiert und bestürzt“, sagte Bär. Seine Behörde habe nach den Hinweisen schnell reagiert. „Wir sind sofort aktiv geworden.“ Es habe seit Juni 2010 mehrere unangekündigte Besuche durch Mitarbeiter des Kreisjugendamtes gegeben, die Mutter habe sich betreuen und beraten lassen.

„Wir haben festgestellt, dass die Familie in einer schwierigen Situation, die Mutter am Rande ihrer Möglichkeiten war. Aber eine Verwahrlosung oder eine andere akute Gefährdung der Kinder war nicht feststellbar“, sagte Bär. „Als wir das Mädchen am 21. März 2012 zuletzt gesehen haben, gab es keine Anzeichen, dass die Situation außer Kontrolle gerät. Das Mädchen machte einen gesunden und aufgeweckten Eindruck.“

Im Mai seien mit der Mutter zwei Termine vereinbart gewesen, sagte Bär weiter. Diese seien von der 24-Jährigen aber nicht wahrgenommen worden, danach sei der Kontakt abgebrochen. Hinweise auf ein Fehlverhalten des Jugendamtes gebe es nicht. Der Fall werde aber weiter untersucht.