Auf dem Berg hätte “Stau“ geherrscht, weil zuviele Kletterer unterwegs waren. Viele begannen den Aufstieg zu spät. Zwei weitere Menschen starben.

Kathmandu. Beim Abstieg vom Mount Everest ist ein deutscher Arzt ums Leben gekommen. Der 61-Jährige gehörte zu rund 150 Bergsteigern, die am Wochenende den Gipfel des höchsten Bergs der Erde erklimmen wollten. Auch eine Kanadierin und ein Mann aus Südkorea überlebten den Abstieg nicht. Vermisst wurden ein Kletterer aus China und sein Sherpa. Die drei Bergsteiger hätten wahrscheinlich an Erschöpfung und an der Höhenkrankheit gelitten, erklärte der nepalesische Reiseveranstalter Asian Trekking am Montag in Kathmandu. "Es gab am Sonnabend einen Stau auf dem Berg", sagte ein Mitarbeiter der nepalesischen Bergsportbehörde, Gyanendra Shrestha. "Kletterer waren noch um 14.30 Uhr auf dem Weg zum Gipfel, was sehr gefährlich ist." Den Bergsteigern wird geraten, einen Aufstieg nicht nach 11 Uhr zu beginnen.

"Wegen des Staus mussten die Kletterer länger auf ihre Chance warten, den Aufstieg zu beginnen, und verbrachten zu viel Zeit in größerer Höhe", sagte Shrestha weiter. Viele Bergsteiger hätten nicht ausreichend Sauerstoff bei sich gehabt, weil sie die Wartezeit nicht einkalkuliert hätten.

Tagelanges Warten im Basislager

Die Saison für die Besteigung des Mount Everest dauert normalerweise von Ende März bis zur ersten Juni-Woche. Am Freitag und Sonnabend herrschten das erste Mal in der laufenden Saison gute Aufstiegsbedingungen. Allerdings schloss sich das Zeitfenster bereits am Sonnabendnachmittag wieder, weil ein Sturm in der Höhe wütete, wie Shrestha erklärte. Viele der Kletterer hatten seit Tagen im Basislager auf ihre Chance gewartet.

Der Everest-Experte und frühere Präsident der Nepalesischen Bergsportvereinigung, Ang Tshering, erklärte, die Regierung müsse die Zahl der Kletterer am Berg begrenzen, sodass nicht zu viele an einem Tag den Aufstieg versuchten. Am Sonnabend hätten wahrscheinlich viele Kletterer beim raschen Aufstieg all ihre Energie verbraucht und hätten keine Reserven mehr für den Abstieg gehabt. "Das ist ein Grund dafür, dass einige Kletterer nach Erreichen des Gipfels zusammenbrechen", erklärte er.

Veranstalter sagte Aufstieg ab

Einige Kletterer und Umweltexperten haben erklärt, die Aufstiegsbedingungen würden mit jedem Jahr schlechter. Möglicherweise sei der Klimawandel dafür verantwortlich. Der bekannte Expeditionsveranstalter Russell Brice hatte wegen der gefährlichen Umstände Anfang Mai seinen diesjährigen Aufstieg mit 60 Kunden abgesagt.

Der bisher folgenschwerste Tag am Mount Everest war der 10. Mai 1996, als acht Menschen ums Leben kamen. Auch damals starteten viele Kletterer ihren Aufstieg erst spät und gerieten am Nachmittag in einen Schneesturm.