Volleyballspielerin Saana Koljonen können Minusgrade nicht schocken. Sie kommt aus der finnischen Kälte und will am heutigen Mittwoch ins Pokal-Halbfinale einziehen.

Hamburg. Über die vielen Menschen, die dieser Tage bibbernd und händereibend die niedrigen Temperaturen beklagen, kann Saana Koljonen nur müde lächeln. „Das ist doch nicht kalt“, sagt sie cool, und tatsächlich ist das Wetter eine Frage der Perspektive. Wer in Pihtipudas aufgewachsen ist, einer 5000-Seelen-Kleinstadt in Zentralfinnland, den kann ein Hamburger Wintereinbruch tatsächlich kaum schocken.

Saana Koljonen erlebt einen solchen zum ersten Mal. Im Sommer war die finnische Nationalspielerin zum Volleyballteam Aurubis gewechselt, um in der Bundesliga den nächsten Entwicklungsschritt zu machen. Sie wusste, dass in der dunklen Jahreszeit die Tage lang werden würden ohne Familie und Freunde in einem fremden Land. Aber es hat sie nicht davon abgehalten, trotzdem zu kommen, denn die 26-Jährige zählt zu den Menschen, die die Sonne im Gemüt tragen, wenn sie nicht scheint. „Das habe ich in Finnland gelernt, wo es von Mitte Oktober bis Mitte März kaum hell wird“, sagt sie. Mit unzähligen Kerzen erleuchtet und erwärmt sie ihre Wohnung, die sie mit Teamkollegin Lucy Charuk aus Kanada teilt. „Man muss sich warme Gedanken machen, dann ist der Winter kein Problem“, sagt sie.

Diese positive Grundeinstellung, gepaart mit unbändiger Energie, das waren die Faktoren, die Dirk Sauermann bewogen, Saana Koljonen nach Neugraben zu locken. Der Cheftrainer hatte die Libera während seines zweijährigen Engagements in der finnischen Topliga entdeckt. „Sie war im Team von Orivesi eine Leistungsträgerin, die Ruhe ausstrahlt, sehr gut organisieren kann und ihren Job unauffällig, aber sehr effektiv macht“, sagt er. Auf der Suche nach einer zwar erfahrenen, aber dennoch hungrigen Spielerin habe er sich sofort an sie erinnert. „Dirk war der Hauptgrund für meinen Wechsel“, sagt Koljonen, die mit Sauermanns Lebensgefährtin Riikka Tiilikainen, die vergangene Saison noch für Aurubis angriff und jetzt als Scout arbeitet, sogar in ihrer Muttersprache kommunizieren kann. „Das tut gut, wenn das Heimweh mich plagt“, sagt sie in bestem Englisch.

Dass sie sich überhaupt getraut hat, noch einmal den Schritt ins Ausland zu wagen, war nicht selbstverständlich. 2011 hatte sie versucht, in den USA ein kombiniertes Studien- und Sportjahr zu absolvieren. Kurz vor der Abreise verletzte sie sich allerdings so schwer an der rechten Achillessehne, dass sie eineinhalb Jahre nicht in Bestform Volleyball spielen konnte. Ernüchtert kehrte sie nach sechs frustrierenden Monaten in die Heimat zurück, in die Obhut der Eltern, die in Pihtipudas als Juniorentrainer arbeiten und Saana und ihre beiden jüngeren Schwestern von Kindesbein an zum Volleyball mitgeschleppt hatten. Kein Wunder also, dass sie sich auch nicht von ihrer geringen Körpergröße – nur Ersatzlibera Laura Mathias ist mit 1,62 Metern noch zwei Zentimeter kleiner - von einer Sportkarriere abhalten ließ. „Ich habe mich längst daran gewöhnt, dass die Leute nicht glauben, dass ich Volleyball spiele“, sagt sie.

Da in Finnlands Topliga jedoch nur Ausländer bezahlt werden und die einheimischen Spieler den Sport eher neben Studium oder Beruf betreiben, war der Traum vom Schritt ins Ausland immer präsent. Das Angebot aus Hamburg kam auch deshalb zum perfekten Zeitpunkt, weil die Sportmanagement-Studentin von ihrem Alltag zermürbt war. Fast täglich pendelte sie zwischen ihrem Studienort Jyväskylä und ihrem Verein in Orivesi, 220 km für Hin- und Rückfahrt, ein enormer Aufwand. „Jetzt habe ich den Luxus, dass ich zur Trainingshalle zu Fuß gehen und meine Masterarbeit per Fernstudium erledigen kann“, sagt sie.

An diesem Mittwoch, wenn das VTA-Team um 20 Uhr in der CU-Arena gegen Ligakonkurrent Ladies in Black Aachen zum Viertelfinale im DVV-Pokal antritt, möchte Saana Koljonen einem weiteren Traum einen Schritt näher kommen: einem Titelgewinn mit Aurubis. „Ich liebe Spiele, in denen es um alles geht, und ich will den Pokal gewinnen“, sagt sie, „darauf bin ich richtig heiß!“

Der kalte, fiese Winter, er ist weit weg in solchen Momenten.