Auf einer überraschend harmonischen Mitgliederversammlung haben die Mitglieder des Hamburger Amateurboxverbands ihren Präsidenten in seinem Amt bestätigt. Nun kann Hamel seine Arbeit bis März 2016 weiterführen.

Hamburg. Am Ende gab es Freibier, und das hatten sich die Mitglieder des Hamburger Amateurboxverbands (HABV) redlich verdient. Auf einer überraschend harmonischen außerordentlichen Mitgliederversammlung hatten die Vertreter von 31 der 32 im HABV organisierten Vereine am Mittwochabend in der Verbandshalle am Braamkamp ihren Präsidenten Peter Hamel deutlich in seinem Amt bestätigt. 19 Stimmen erhielt der 61-Jährige, der damit seine Arbeit zunächst bis März 2016 weiterführen kann. Auch Hamels Team um den Zweiten Vorsitzenden André Walther, Schatzmeister Torben Koop, Sportwart Ömrü Özkan und Rechtswartin Nele Rades wurde komplett wiedergewählt.

Als die Bierflaschen kreisten, war Christian Görisch längst auf dem Heimweg. Auch der Gegenkandidat hätte sich ein Schlückchen in Ehren verdient gehabt angesichts der Fairness, mit der er seine Niederlage akzeptierte. Dennoch zeigte sich der 44-Jährige verständlicherweise tief enttäuscht, dass er nur neun der 31 Stimmen – zwei Vereinsvertreter enthielten sich, einer gab einen ungültigen Zettel ab - erhalten hatte.

„Ich finde es sehr schade, dass ich nicht mehr zum Wohle der Sportler und des Verbands mitarbeiten kann“, sagte Görisch, der auch bei der Wahl zum Zweiten Vorsitzenden mit 12:17 Stimmen an Walther scheiterte. Zur Wiederwahl als Geschäftsführer trat er dann nicht mehr an, als Nachfolgerin wurde Marielle Spitz auserkoren. „Ich bin sehr froh, dass ich jetzt mit einem Team arbeiten kann, in dem ich jedem Mitglied vertrauen kann“, sagte Hamel.

Nötig geworden war die außerordentliche Versammlung, nachdem sich Hamel im März nach zweimaligem Patt nur durch Losentscheid gegen seine damalige Herausforderin Marlene Märtin hatte durchsetzen können. Märtin trat aus privaten Gründen nicht zur Neuwahl an, hätte aber unter Görisch als Vizepräsidentin zur Verfügung gestanden. Monatelange Querelen um die Rechtmäßigkeit der Wahl im März hatten sich angeschlossen, so dass der Vorstand im September beschloss, mit Neuwahlen für klarere Verhältnisse zu sorgen. Das ist nun gelungen, und darüber war Hamel sehr glücklich. „Es ist gut, dass wir jetzt in Ruhe daran arbeiten können, den Verband zu stabilisieren und zu verbessern“, sagte er.

Große Aufregung wegen Anzeige gegen Hamel


In den Tagen vor der Wahl hatte es große Aufregung gegeben, weil bekannt geworden war, dass der frühere „Bild“-Boxexperte Wolfgang Weggen, 68, eine Strafanzeige gegen Hamel wegen Körperverletzung und Beleidigung gestellt hatte. Weggen wirft Hamel vor, von diesem am 13. September bei der Hamburger Meisterschaft in der Verbandshalle am Braamkamp auf den Hinterkopf geschlagen und unter schweren Beschimpfungen der Halle verwiesen worden zu sein. Hamel bestreitet die Vorwürfe. Für beide Versionen gibt es Zeugen, die Staatsanwaltschaft ermittelt. Diese Vorwürfe wird nun ein Gericht klären müssen.

Um Görisch wiederum hatte es ebenfalls viel Wirbel gegeben, da gegen ihn ein Suspendierungsverfahren seitens des Deutschen Boxverbands (DBV) anhängig ist. Die Verquickungen mit dem Hamburger Profistall EC Boxing und Görischs gemeinnützigem Verein „Box-out“ sind dem DBV ein Dorn im Auge, da olympischen Boxern die Zusammenarbeit mit Profis untersagt ist. Auch große Teile der Vereinsvertreter sehen Görischs Verbindung zu EC kritisch. EC ist ein rotes Tuch für viele im Verband, nachdem die Mitglieder des Stalles die Verbandshalle nach Hamels Amtsübernahme im Herbst 2011 in desolatem Zustand übergeben hatten. Hamels Vorgänger Jimmy Jamal Abboud hatte dem Profistall die Nutzung der Halle für eine lächerliche Jahresmiete von 5000 Euro zugestanden.

Wie tief das Misstrauen gegenüber Görisch bei einigen HABV-Mitgliedern ausgeprägt ist, unterstreicht der Fakt, dass ihm einige vorwarfen, die Medienberichte über die Anzeige gegen Hamel lanciert zu haben, was nicht den Tatsachen entspricht. „Diese Medienberichte haben mir das Genick gebrochen, obwohl ich damit nichts zu tun hatte“, sagte er. Schwerer dürfte jedoch gewogen haben, dass der umtriebige Ex-Boxer seine Visionen – eigenes Ligateam und mittelfristig ein Bundesstützpunkt für Hamburg – nicht mit ausreichend Substanz untermauern konnte. „Herr Görisch hat es in seiner Rede übertrieben. Ich hatte den Eindruck, dass er Luftschlösser baut. Dafür ist er deutlich abgestraft worden“, sagte Jürgen Kyas.

Der DBV-Präsident war eigens in Begleitung seines Geschäftsführers Manfred Dörrbecker nach Hamburg gereist, um als Schlichter aufzutreten und die Streitparteien zu versöhnen. Dies gelang ihm hervorragend. Der bestimmten und fachlich extrem hilfreichen Unterstützung der beiden Verbandsoberen war es zu einem Großteil zu verdanken, dass die Versammlung so harmonisch ablief. Hamels Ziel muss es nun sein, diese Harmonie zu konservieren und auch die Wahlverlierer in die Verbandsarbeit einzubinden. Gerade Görisch und Märtin hatten sich in den vergangenen Monaten mit der Ausarbeitung einer neuen Satzung sehr um die Zukunft des Verbands verdient gemacht. Ihre Einflüsse zu verlieren sollte sich der HABV nicht leisten.