Zum Start der Hockey-Bundesliga erklären die Spielführerin Yvonne Frank und die Sturmhoffnung Charlotte Stapenhorst vom Uhlenhorster HC, wie und warum der Erfolgsdruck ihr Team anspornt.

Hamburg. Drumherumreden gilt nicht. Yvonne Frank weiß das, sie ist mittlerweile 34 Jahre alt und hat alles erlebt in ihrer Laufbahn als Hockey-Nationaltorhüterin, was eine Leistungssportlerin erleben kann. Deshalb sagt sie vor dem Start der Feldbundesliga an diesem Sonnabend: „Wenn man unseren Kader sieht, dann darf es sicherlich keine Diskussionen darüber geben, dass wir das Final Four erreichen müssen. Das Ziel kann nur sein, Meister zu werden.“ Auch wenn hanseatisches Understatement in Hamburg gepflegt wird, tut eine solch klare Ansage gut.

Die Hockeydamen des Uhlenhorster HC, bei denen die in Teilzeit als Polizistin beschäftigte Frank Bälle fängt, wollen also deutscher Feldmeister werden. Das wollten sie auch in den vergangenen drei Jahren schon, die drei Finals, die sie erreichten, gingen jedoch allesamt verloren. Immer war teilweise groteskes Pech für die Niederlagen verantwortlich, wie beim 0:1 gegen Rot-Weiß Köln 2012 in Berlin, als dem Gegner eine Torchance zum Sieg reichte. Wie beim 2:3 gegen den Berliner HC 2013 auf dem Hamburger Unisportplatz, als ein Golden Goal entschied, und wie beim 5:7 im Siebenmeterschießen gegen Köln in diesem Mai auf eigener Anlage. Aber ein Stück weit hatten die „Uhlen“ auch selbst zu ihrem Finaltrauma beigetragen, weil ihnen manchmal Vollstreckermentalität abging.

Claas Henkel ist der Mann, der die UHC-Damen, die wie die weiteren fünf Hamburger Damen- und Herrenteams mit zwei Auswärtsspielen in die Bundesligasaison starten, zum Erfolg führen muss. Der im vergangenen Sommer aus München gekommene Cheftrainer hat dafür den wohl besten Kader zur Verfügung, den man am Wesselblek jemals aufbieten konnte. Außer Abwehrchefin Janne Müller-Wieland, die bis Jahresende beruflich in Japan weilt, hat keine Leistungsträgerin den Club verlassen. Mit Charlotte Stapenhorst und Lea Albrecht, beide 19, kamen zwei hoch veranlagte U21-Nationalspielerinnen, zudem konnte mit Katharina Otte, 27, eine gestandene Auswahlakteurin vom Berliner HC verpflichtet werden.

Auch deshalb hat Henkel gegen die forschen Aussagen seiner Torhüterin, die Müller-Wielands Rolle als Spielführerin übernommen hat, nichts einzuwenden. „Unser Kader ist im Vergleich zur vergangenen Saison, die wir in der Hauptrunde mit 83 Toren und 55 Punkten jeweils mit Rekordwerten abgeschlossen haben, sicherlich nicht schlechter geworden“, sagt der 35-Jährige. Daraus allerdings den sicheren Gewinn der Meisterschaft abzuleiten, sei schlicht unseriös. „Die Endrunde findet im Juli 2015 statt. Niemand kann heute sagen, was bis dahin passiert. Außerdem haben sich auch andere Teams verstärkt. Aber klar ist, dass wir die Rolle als Favorit annehmen“, sagt er.

Die Sorge, seine Spielerinnen könnten unter der Last der Finalpleitenserie die Lust am Spiel verlieren, sei absolut unbegründet gewesen. Die wegen der WM in den Niederlanden sehr ausgedehnte Sommerpause habe allen gutgetan, „wir haben Abstand gewonnen und sind mit viel Elan in die Vorbereitung gestartet“, sagt der Coach. Überhaupt sei es Unsinn, zu viel in die Niederlagen hineinzupsychologisieren. „Wir haben kein Kopfproblem, haben deshalb auch nichts Wesentliches verändert und keinen Mentalcoach zu Rate gezogen“, sagt Henkel. Zur Wahrheit gehört, dass die UHC-Damen in den vergangenen sechs Jahren in allen Feld-Endspielen standen und 2009 sowie 2011 den Titel holten, zudem in der abgelaufenen Saison in der Halle triumphierten. „Deshalb ist falsche Zurückhaltung auch nicht notwendig. Wir werden weiter hart arbeiten und irgendwann dafür auch auf dem Feld belohnt werden“, sagt Henkel.

Das glaubt auch Frank, die nach einer schweren Hüftoperation in die Nationalmannschaft zurückgekehrt ist und die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro anpeilt. Als Anführerin der mit einigen vereinseigenen Nachwuchstalenten verjüngten Mannschaft setzt sie auf den Lernwillen („Wir sind eine angenehme Generation mit sehr wissbegierigen, ehrgeizigen Spielerinnen“) ebenso wie auf den Fakt, dass sich Team und Trainer noch besser aufeinander einstellen dürften. „Wir verstehen noch besser, was Claas von uns will, und er versteht, was wir brauchen.“

Charlotte Stapenhorst kann die positive Grundstimmung in ihrer neuen Mannschaft nur bestätigen. „Es macht unheimlich viel Spaß hier“, sagt die Angreiferin, die vom TuS Lichterfelde aus Berlin kam und erst seit knapp zwei Wochen mit dem Team trainiert. Für sie sei es eine neue Erfahrung, in einem Verein zu spielen, für den Erfolge selbstverständlich sind. „Mich freut es sehr, dass der Anspruch hier so hoch ist, und ich habe absolut nicht den Eindruck, dass die Favoritenrolle für zu großen Druck sorgt“, sagt die Architekturstudentin, die vor allem mit ihren Strafeckenschlenzern eine Qualität ins Team bringt, die seit Jahren fehlt.

Weil Stapenhorst mit ihrer Dynamik im Schusskreis ihre neuen Sturmpartnerinnen Eileen Hoffmann, Lisa Altenburg (fehlen beide zum Bundesligastart), Marie Mävers, Sophie Mayen und Vivien Tahal perfekt ergänzt, und weil mit Otte und Albrecht mehr Variabilität und Struktur in die Abwehr kommt, ist klar: Drumherumreden gilt nicht – für den UHC zählt nur der Titel.