„Auf Dauer sind wir nicht wettbewerbsfähig“, sagt Turnierchef Volker Wulff. Lokalmatadorin Janne Friederike Meyer zeigt mit ihrem Pferd einen starken Ritt in der ersten Derby-Qualifikation. Ire Michael Duffy gewinnt zweimal.

Hamburg. Wegen dieser Kontraste und Überraschungen steht das Flottbeker Pferdefestival beim Publikum so hoch im Kurs: Die Bestplatzierten der ersten Derbyqualifikation am Himmelfahrtstag konnten unterschiedlicher nicht sein. Während der 19 Jahre alte Ire Michael Duffy im Sattel der Stute Westland Ruby als Schnellster unter zwölf fehlerfreien Reitern über die Hindernisse kam, folgte mit John Whitaker auf Uni Stop ein Altmeister auf Rang zwei. Als bester Deutscher schaffte Philipp Makowei aus Mecklenburg Platz drei. In der zweiten Qualifikatioen an diesem Freitag ab 14.15 Uhr entscheidet sich, welche 35 Sportler im Finale am Sonntag über den Parcours gehen.

„Westland Ruby ist für das Derby gewappnet“, sagte Michael Duffy nach der Siegerehrung, „sie ist bedächtig, aber auch mutig.“ Für einen bravourösen Ritt erntete das Gespann Applaus der mehr 18.000 Zuschauer. Der junge Ire, der in England lebt und arbeitet, hatte mit der Stute schon das Eröffnungsspringen am Mittwoch gewonnen. Das Training in Hickstead, einem Pendant des problematischen Hamburger Derbykurses, hat sich gelohnt. Finanziell gerechnet indes hat es sich noch nicht: Zwar gab es für den Sieger am Donnerstag 2500 von insgesamt 10.400 Euro Preisgeld, doch werden in der zweiten Qualifikation mit 24.000 Euro und im Finale mit 100.000 Euro weit mehr ausgeschüttet.

Ob Mister Duffy eher an seinen Nerven als an seiner springstarken Stute scheitern wird? Über eine solche Belastung kann der 39 Jahre ältere John Whitaker nur schmunzeln. Der routinierte Senior, Vater von drei Kindern, hat im Deutschen Derby praktisch alles erlebt – im Guten wie im Schlechten. Vor genau einem Vierteljahrhundert gewann er das Blaue Band auf Next Gammon, 2008 stürzte er in der Qualifikation kopfüber in den Wassergraben und musste ins Krankenhaus gebracht werden. Am Rande eines Turniers in Stockholm 2000 erlitt der kampferprobte Brite gar einen Gehirnschlag.

Da Whitaker mit dem Wallach Lord of Arabia gestern zudem Platz vier belegte, hat er sogar doppelte Chancen. Weil vom erweiterten Favoritenkreis keiner patzte, ist der Derbyausgang völlig offen. So wie immer also und so, wie es die Besucher lieben. Zur Freude der Hamburger ist auch Lokalmatadorin Janne Friederike Meyer chancenreich dabei: Ihr noch unerfahrener Hengst Luke McDonald schaffte die Prüfung mit vier Fehlerpunkten besser als vermutet. Auch er profitierte von einem hervorragend präparierten Parcours. In der abschließenden Qualifikation jedoch schlägt die Stunde der Wahrheit: Im Gegensatz zu gestern wartet dann der Große Wall.

Turnierchef fordert Neubau

Die begeisterte Atmosphäre im Derbypark kann die marode Bausubstanz der Anlage nur übertünchen. „Auf Dauer sind wir nicht wettbewerbsfähig“, sagte Turnierchef Volker Wulff. Die Statik des alten Gebäudes erlaube kaum mehr als fünf Jahre weitere Nutzung. Sollte Hamburg den Olympia-Zuschlag erhalten, müssten Neubauten her. Er favorisiere Sitzplätze für 15.000 bis 20.000 Zuschauer. Eine neue Haupttribüne sollte 7000 Gäste fassen, derzeit sind es 4500, der Rest müsste temporär aufgebaut werden.

Unter dieser Perspektive kam der Besuch des auch für den Sport zuständigen Innensenators Michael Neumann in Klein Flottbek gelegen. Der SPD-Politiker war Himmelfahrt schon um 8.30 Uhr im Derbypark und machte sich auf eigene Faust und ohne große Corona ein Bild von der aktuellen Situation. Ein im Vorjahr zugesagtes Behördenpapier liegt vor. Danach belaufen sich die Kosten für einen Tribünenneubau auf grob gerechnet 15 Millionen Euro. „Das ist sehr viel Aufwand für ein Spitzenereignis, das nur einmal im Jahr stattfindet“, sagte Neumann, „und das zudem von einem privaten Veranstalter auf einem privaten Grundstück organisiert wird.“

Dennoch könnte Olympia „den gordischen Knoten im gesamten Hamburger Pferdesport durchschlagen“. So wäre ein gemeinsames Pferdesportzentrum für Springreiten, Dressur, Galopp und Traben denkbar. „Voraussetzungen einer solchen Lösung allerdings wäre eine Einigung dieser Interessensgruppen“, ergänzte Neumann, „sowie ein angemessener Eigenantrag.“ Beides jedoch ist momentan nicht in Sicht.