Hamburg. „Hamburg diskutiert die Spiele“: Das Abendblatt moderiert zehn Veranstaltungen und stellt Ihre Fragen an die Experten. Alle Runden werden live übertragen.

Am 29. November entscheidet Hamburg in einem Referendum, ob sich die Hansestadt um Olympische und Paralympische Spiele 2024 oder 2028 bewerben soll. Der Informationsbedarf ist groß: Wo liegen die Risiken, wo sind die Chancen? Mit welchen Kosten muss Hamburg rechnen? Wie sehr werden die Spiele die Stadt verändern? Droht ein weiterer Anstieg der Mieten? Was muss sich in Sachen Barierefreiheit ändern? Wie könnte das Kulturprogramm aussehen?

Die Olympia-Initiative „Feuer & Flamme“ setzt nach dem großen Olympia-Gipfel im Februar den Austausch mit Experten aus Politik, Verwaltung, Sport, Wirtschaft und Kultur fort und wird von August an bei zehn „runden Tischen“ jeweils bis zu 20 Teilnehmer zu diesen und weiteren Fragen einvernehmen. Moderiert werden die Veranstaltungen unter dem Titel „2024 – Hamburg diskutiert die Spiele“ von Redakteuren des Abendblatts und vom TV-Sender Hamburg 1. Jede Veranstaltung wird live auf „abendblatt.de“ und bei Hamburg 1 übertragen.

Zum Auftakt am 6. August mit dem Thema Stadtentwicklung in der HafenCity-Universität (HCU) wird Oberbaudirektor Jörn Walter ein Referat halten, danach geht es in die Diskussion. „Die HafenCity ist 2025 fertig. Der Sprung über die Elbe lässt aber weiter auf sich warten“, sagt Alexander Otto (ECE), der ebenfalls an der Runde teilnehmen wird. „Mit dem Katalysator Olympia könnte er bis dahin gelingen, sogar bis in Hamburgs Osten.“

Expertenrunde zur Stadtentwicklung: Das sagen die Teilnehmer

Prof. Jörn Walter (Oberbaudirektor Hamburg):

Der Standort für die zentralen Sportstätten und das Olympische Dorf auf dem Kleinen Grasbrook wird mit seiner traumhaften Lage an der Elbe und den Hafenbecken gegenüber von Stadtzentrum und der HafenCity nicht nur den Sportlern, Besuchern und der Weltöffentlichkeit ein unvergessliches Erlebnis bieten. Er wird auch in der Nachnutzung wie ein Scharnier zwischen den großen räumlichen Projekten der Hamburger Stadtentwicklung wirken: der HafenCity, dem "Sprung über die Elbe" und der jüngst in Angriff genommenen Fortentwicklung der östlichen Stadtteile "Stromaufwärts an Elbe und Bille".Bis zu 6000 neue Wohnungen könnten in dem neuen Stadtteil entstehen, ein Drittel davon Sozialwohnungen. Ein Leichtathletikstadion für Norddeutschland würde bleiben, ein Kreuzfahrtterminal für den maritimen Wirtschaftsstandort, eine Schwimmhalle für Sport und Freizeit. Auch neue Arbeitsplätze in neuen Gewerbebauten würden entstehen, vor allem aber ein olympischer Park für die Hamburger und ihre Besucher, mit spektakulären Blicken auf Elbe, Hafen und die Stadt.

Lutz Basse (Vorstandsvorsitzender SAGA GWG):

„Die Austragung Olympischer Sommerspiele in Hamburg wäre eine enorme Chance für die fortgesetzte nachhaltige Stadtteilentwicklung in Hamburgs Osten sowie auch der Veddel und Wilhelmsburg. Rothenburgsort, Hamm, Horn und Billbrook profitierten als Wohn- und Arbeitsstandorte durch ihre unmittelbare Nähe zum zentralen Geschehen auf dem kleinen Grasbrook. Alleine auf der Veddel und in Rothenburgsort vermietet SAGA GWG rund 2.700 Wohnungen, deren Umfeld durch die Ausrichtung der Spiele umfassend aufgewertet würde.“

Alexander Otto (Vorsitzender der Geschäftsführung ECE):

„Die HafenCity ist 2025 fertig - der Sprung über die Elbe lässt aber weiter auf sich warten. Mit dem Katalysator Olympia könnte er bis dahin gelingen, sogar bis in Hamburgs Osten. Auf dem Kleinen Grasbrook könnte zudem ein vollständig inklusiver Vorzeigestadtteil entstehen. Die olympischen Bauten würden während der Spiele zwischengenutzt und danach ihrer eigentlichen Bestimmung gewidmet. Stadtentwicklung wird nicht Teil von Olympia, sondern Olympia Teil der bestehenden Stadtplanung. Hamburg würde damit nachhaltig von den Spielen profitieren.“

Marc Ziemons (Assoziierter Partner gmp Architekten):

„Hamburgs Position im weltweiten Städteranking wird von intelligent – also attraktiv und zugleich nachhaltig - geplanten „Olympischen Spielen am Wasser“ profitieren: sportlich, städtebaulich, kulturell und wirtschaftlich. Was unterscheidet Hamburg von seinen Wettbewerbern? Ein Olympia-Stadion, eine Olympia-Halle und eine Schwimmhalle mit Blick auf die Elbe, die lebendige Hafencity und die Silhouette der Innenstadt. Die kostenbewusste Nachnutzung dieser Sportstätten wird ein wegweisendes Erbe für Hamburg sein.“

Dieter Becken (Inhaber und Geschäftsführer Becken Holding):

„Hamburg kann mit ausgezeichneten Voraussetzungen als Standort für die Olympischen Spiele aufwarten und hält dem Vergleich mit anderen Bewerbern überzeugend stand Die Argumente für Spiele in der Hansestadt sind umfangreich. Die offensichtlichsten von ihnen sind diese: Die vielfältige Metropole , geprägt durch ihre qualitätsvolle Architektur, am Wasser zwischen Alster und Elbe gelegen, durchzogen von Kanälen, bietet ein hohes Maß an Lebensqualität für ihre Bewohner und an Attraktivität für ihre Besucher und im speziellen für die Athleten aus aller Welt.Mit dem Standort Kleiner- und Großer Grasbrook für das Olympiastadion und das Olympische Dorf sowie dem HafenCity Areal für Pressezentren und Verwaltungs und Dienstleistungseinrichtungen, ist Hamburg die Olympia-Stadt, die es schaffen kann, die Spiele ins Herzstück der Metropole, ins Zentrum zu bringen. Und mit einer Vielzahl vorhandener Sportstätten die nicht mehr als 30 Minuten vom Olympischen Dorf entfernt sind und mit überschaubaren Mitteln entwickelt bzw. ertüchtigt werden können, werden es nicht nur nachhaltige, sondern auch die Spiele der kurzen Wege. Den zusätzlich benötigten Hotelkapazitäten tritt man mit Kreuzfahrtschiffen entgegen, die direkt am Olympiastadion verankert werden. Eine zwingende Voraussetzung für die aufgeführten Argumente ist die Errichtung einer Brücke über die Elbe. Die Lage hierfür ist bereits in unzähligen Plänen skizziert.“

Rainer Eichholz (Geschäftsführer Zech Group GmbH):

„Jeder sportbegeisterte wird die Bewerbung Hamburgs unterstützen. Die Fußball WM 2006 sowie Olympia in Barcelona, London und Sydney zeigen, dass Städte wie Länder nachhaltig positive wirtschaftliche Ergebnisse und einen enormen Imagegewinn erzielen konnten. Jedoch müssen vorher die Hausaufgaben ordentlich gemacht werden. Es gilt vorhandene und neu zu errichtende Sportstätten, das Olympische Dorf sowie die Infrastrukturmaßnahmen mit einer zukunftsweisenden und sinnvollen Stadtplanung zu verbinden. Dabei sollten wir mit Transparenz und offenem Dialog über Kosten und Chancen die Menschen abholen, mitnehmen und Vorbehalte abbauen.“

Dr. Walter Pelka (Präsident HafenCity Universität):

„Es ist nicht Aufgabe von Hochschulen, sich als Ganzes für oder gegen Olympische Spiele zu positionieren. Unsere Aufgabe ist es vielmehr, das Thema sachlich-kritisch und frei von Ideologie wissenschaftlich zu begleiten. Das tun wir als HCU, schließlich betrifft das Thema alle unsere Fachbereiche – von den Architekten über die Bauingenieure bis zu den Stadtplanern. Wir an der HCU haben uns schon mit Olympischen Spielen und ihren Wirkungen auf die Austragungsorte befasst, bevor das Thema in Hamburg angesagt war. Dabei sind unter anderem zwei wissenschaftliche Studien entstanden.Die Ergebnisse der Studien zeigen, dass die Olympischen Spiele unterschiedliche langfristige Auswirkungen auf die gastgebenden Städte hatten. So gibt es Städte bzw. Metropolregionen, die von den Spielen eindeutig nachhaltig profitiert haben, während sich an anderen Standorten die Erwartungen nicht erfüllt haben. Es zeichnet sich ab, dass die Olympischen Spiele, um auch ein Erfolg für den Austragungsort selbst zu werden, in die stadtplanerische und städtebauliche, die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung der Stadt für die kommenden Jahrzehnte passgenau eingefügt werden müssen.“

Benedikt Schroeter (AStA HafenCity Universität):

„Mich stört an den Olympischen Spielen, das anstelle einer an den Bürgern orientierte Stadtentwicklung, ein Großprojekt geplant wird, das lediglich dem Prestige der Stadt dient. Faktoren wie die Überwachung der Stadt bzw. HafenCity, die Auswirkungen auf die Natur und die hohen, noch offenen Kosten stehen in keinem Verhältnis zu den positiven Aspekten. Sozialwohnungen und eine bessere Infrastruktur sind auch ohne Olympia mit weitaus geringeren Ausgaben umsetzbar.“

Gabriel Nießen (AStA HafenCity Universität):

„Seit meiner Kindheit ist es für mich immer ein Traum, einmal bei einer Olympiade dabei zu sein. Dass es nun in meiner Wahlheimat Hamburg zu einer Teilnahme wenn auch anderer Art - kommen könnte, hatte ich mir nicht erträumt. Heute begegne ich meinem rein sportlichen Eifer von damals aber mit kritischerem Blick. Es gibt eben mehr zu hinterfragen als bei Dieter Baumann. Es geht mir heute um ein ganzheitliches Olympia. Um eine umwelt- sowie sozialverträgliche Ausrichtung der Spiele. Um eine transparente Planung mit Bürgerbeteiligung. Und um reelle Nachhaltigkeit auf allen Kanälen.“

Ulrike Riedel (Vorstand Hamburger Hochbahn):

„Olympische Sommerspiele wären ein Gewinn für Hamburg. Mit Spielen am Wasser und kurzen Wegen rückt die Stadt näher zusammen und erschließt neue Areale für die Menschen. Große Infrastrukturprojekte werden vorgezogen und die Metropole wird noch moderner und attraktiver. Die Menschen profitieren von verlängerten U Bahn-Linien, einem besseren Angebot an Bussen und Bahnen. Der neue Stadtteil Olympic City würde nach den Spielen mit einer U-Bahn direkt angebunden und der Sprung über die Elbe geschafft.“

Prof. Albert Speer (Geschäftsführender Gesellschafter AS&P GmbH):

„Olympische und Paralympische Spiele in Hamburg könnten für die gesamte Olympische Bewegung im Sinne des vom IOC eingeleiteten Reformprozesses ein Ausrufezeichen setzten. Mit der Einbeziehung des Kleinen Grasbrooks als zentralen Olympischen Baustein erhält die Freie und Hansestadt Hamburg die großartige Chance für die Stadtentwicklung zum „Sprung über die Elbe“. Das Gesamtkonzept für die Spiele ist aufgrund der kurzen Wege Athleten freundlich, es ist im umfassenden Sinne nachhaltig und es ist vor allem maßvoll.“

Thorsten Testorp (Geschäftsführender Gesellschafter B&L Gruppe):

„Täglich nehmen wir an unserem Firmensitz am Holzhafen unsere Stadt als „Tor zur Welt“ wahr. Die Olympischen und Paralympischen Sommerspiele bieten eine großartige Chance für Hamburg, sich als dynamische und lebenswerte Metropole in Europa präsentieren zu dürfen. Für die sportbegeisterten Hamburger/-innen wird es ein einmaliges Erlebnis in unserer Region sein. Wir sind jetzt schon „ Feuer und Flamme“ und freuen uns, Hamburg als weltoffene Gastgeberin der Spiele in 2024 erleben zu dürfen.“

Katja Kraus (Geschäftsführung Jung von Matt/sports):

„Mit den olympischen Spielen hat Hamburg die Jahrhundertmöglichkeit, sich als Stadt der Zukunft zu präsentieren. Eine Stadt, in der man für Ideale antritt, wo mutige Ideen Mitspieler finden und Träume erlebbar werden. Mit der Eröffnung der Elbhilharmonie und dem einzigartigen Konzept der Bürger-Spiele kann aus dem Tor zur Welt eine Drehtür für den nachhaltigen Erfolg der Stadt werden. Für Stadt, Wirtschaft, Kultur, Sport und Leben. Es ist die Chance, in einer turbulenten Zeit der Welt ein wunderbarer Gastgeber zu sein.“

Yvonne Frank (Torhüterin UHC und Hockey-Nationalspielerin):

„Als Olympia-Teilnehmerin der Spiele 2012 in London habe ich hautnah miterleben dürfen, welche positiven Auswirkungen Olympische und Paralympische Spiele auf eine Stadt haben können. Nicht nur die Begeisterung der Londoner, auch die Sportstätten und die Infrastruktur haben mich nachhaltig beeindruckt. Hamburg hat mit einer erfolgreichen Bewerbung sicherlich die große Chance, hier einen großen Schritt nach vorn zu machen. Daher unterstützte ich die bisherigen Konzepte und Ziele Hamburgs voll und ganz!“

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HCU-Präsident und Gastgeber Walter Pelka weist darauf hin: „Es zeichnet sich ab, dass die Spiele, um auch ein Erfolg für den Austragungsort zu werden, in die stadtplanerische und städtebauliche, die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung der Stadt für die kommenden Jahrzehnte passgenau eingefügt werden müssen.“

Zugesagt haben außerdem Wolfgang Maenning (Professor für Wirtschaftswissenschaften Uni Hamburg), Yvonne Frank (Hockey-Nationalspielerin), Katja Kraus (Geschäftsführung Jung von Matt/Sports), Lutz Basse (Vorstandsvorsitzender Saga-GWG), Dieter Becken (Inhaber Becken Holding), Rainer Eichholz (Geschäftsführer Zech Group), Gabriel Nießen und Benedikt Schroeter (beide AStA HCU), Ulrike Riedel (Vorstand Hamburger Hochbahn), Thorsten Testorp (Geschäftsführender Gesellschafter B&L Gruppe), Marc Ziemons (Assoziierter Partner gmp Architekten) sowie Professor Albert Speer (Geschäftsführender Gesellschafter AS&P).

Für jeden der runden Tische können Leser des Abendblatts über „abendblatt.de“ ihre Fragen mit einem einfach auszufüllenden Formular einreichen. Dies ist ab sofort für die erste Veranstaltung am 6. August möglich (Einsendeschluss 4. August). Moderiert wird das Thema Stadtentwicklung von Oliver Schirg (Hamburger Abendblatt), der möglichst viele Leserfragen stellen wird.

Die Veranstaltungsserie wird am 27. August mit dem Thema Nachhaltigkeit fortgesetzt. Weitere Schwerpunkte werden der Hafen, Verkehr/Mobilität, Kultur, ein Bürgertisch, Inklusion, Sport in Hamburg, „Mein Hamburg nach 2024“ und Finanzen sein.