Russlands Präsident Wladimir Putin eröffnet die 22. Olympischen Winterspiele in Sotschi. 2873 Sportler aus 88 Nationen nehmen teil – Rekord.

Ein Kind namens Liebe, die gewaltige Stimme Anna Netrebkos und eine gelungene Änderung beim sonst so zähen Einmarsch der Nationen: Mit einer kurzweiligen, leichten und eher „kleinen“ Show haben im russischen Sotschi die 22. Olympischen Winterspiele begonnen. Staatspräsident Wladimir Putin, die treibende Kraft hinter der Vergabe und Ausrichtung der Spiele, sprach am Freitag um 22.26 Uhr Ortszeit (19.26 Uhr MEZ) die Eröffnungsformel.

Neben Putin saß Thomas Bach, für den diese viel kritisierten Spiele die ersten seiner Amtszeit als Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) sind. Er forderte in seiner engagierten Ansprache die Politiker dazu auf, ihre Konflikte „nicht auf dem Rücken der Sportler auszutragen“. Dann rief er Sportler, Offizielle, Zuschauer und die Fans in aller Welt dazu auf, „die Spiele zu genießen“.

Die Eröffnung war ein Kontrast zum sonstigen Gigantismus der Spiele. Die Entzündung des olympische Feuers als Schlusspunkt vor einem dann wieder gewaltigen Feuerwerk fand außerhalb des Olympiastadions statt. Nachdem es unter anderen Tennisspielerin Maria Scharapowa in die Arena getragen hatte, wurde es von der früheren Eiskunstläuferin Irina Rodnina, dreimalige Olympiasiegerin im Paarlauf, und dem legendären ehemaligen Eishockey-Torhüter Wladislaw Tretjak mit einer kleinen Fackel an die Spitze einer großen Fackel geschickt.

Bemerkenswert war auch der Einmarsch der Athleten: Die Sportler kamen aus einem doppelten Boden im Innenraum des Stadions. Nach zehn Minuten gab es eine Panne, als sich von fünf gewaltigen Schneeflocken unter dem Hallendach nur vier in die olympischen Ringe verwandelten. Durch die Show unter dem Titel „Dreams of Russia“ führte zunächst ein Mädchen namens Lubow („Liebe“), das zu Beginn an Seilen vom Stadiondach hängend zwischen „fliegenden“ Inseln umherschwebte. Die deutsche Delegation kam als 21. in das Stadion und wurde eher verhalten empfangen. Angeführt wurde sie von Ski-Rennläuferin Maria Höfl-Riesch, die als eine der großen Medaillenhoffnungen gilt. „Ich hatte selbst unter der dicken Jacke eine Gänsehaut“, sagte die 29-Jährige: „Das war von den Emotionen her unbeschreiblich.“

Der Einzug der Athleten war ein Novum und ein Kontrast zur sonst üblichen, zähen Prozession. Der künstlerische Leiter Konstantin Ernst ließ im Innenraum des Stadions einen doppelten Boden einziehen, darauf die Erde projizieren und „aus der Mitte“ ihres jeweiligen Landes die Delegationen über eine Rampe einlaufen. Als Russland als letzte Nation einlief, kochte die Stimmung beinahe über, Putin stand mit erkennbarem Stolz auf der Tribüne. Insgesamt erschien die Rekordzahl von 88 Mannschaften. Sieben Nationen sind in Sotschi erstmals bei Winterspielen vertreten, darunter Malta, Osttimor oder Tonga. Bis 23. Februar treten 2873 gemeldete Sportler in 98 Wettbewerben an – ebenfalls ein Rekord.

Nach der Präsentation der Teilnehmer zeichnete die „russische Odyssee“ den Weg des Landes hin zur Moderne nach: Der Fortschritt unter Zar Peter dem Großen im 17. Jahrhundert, Leo Tolstois Mammutwerk „Krieg und Frieden“ und die Oktoberrevolution, die das Ende des Zarentums markierte.

Der Hamburger Curlingspieler John Jahr jedenfalls war von der Feier begeistert: „Es war grandios! Dieses Stadion ist beeindruckend, die Stimmung war großartig! Und mir hat Bachs Rede und der Dank an die vielen Arbeiter sehr gut gefallen.“

Zuvor hatte Russland kein gutes Bild abgegeben. Die Vorbereitung der Spiele war begleitet von Diskussionen um Umweltsünden, Korruption und die schlechte Behandlung der Zehntausenden Arbeiter. Spitzenpolitiker aus aller Welt, darunter Bundespräsident Joachim Gauck, hatten deshalb auf einen Besuch der Eröffnung verzichtet.