Auch aufgrund massiver Korruption werden die Olympischen Spiele in Sotschi die teuersten der Geschichte. Vor allem die russische Elite profitiert.

Sotschi. Es ist vor allem seine Show, und Wladimir Putin geizt nicht mit Superlativen. Olympia in Sotschi, das sollen die größten Winterspiele aller Zeiten werden - nur über das Geld spricht Russlands Präsident nicht mehr so gerne. Denn die Kosten sind explodiert, die Wettbewerbe am Schwarzen Meer werden die teuersten in der olympischen Geschichte. Und die Korruption in Putins Reich hat dazu Einiges beigetragen.

Sogar den „Betrug des Jahrhunderts“ sieht der Oppositionspolitiker Boris Nemzow. „Ich erwarte nichts von diesen Spielen“, sagte der 54-Jährige, „als Schande und Demütigung.“ In einer Studie will er belegt haben, dass im Zuge der Vorbereitungen rund 30 Milliarden Dollar (ca. 22 Milliarden Euro) in korrupte Kanäle gewandert sind.

Gianfranco Kasper, Präsident des Ski-Weltverbandes, einflussreiches IOC-Mitglied und einer der größten Sotschi-Kritiker im Ringe-Orden, macht eine ähnliche Rechnung auf: Ein Drittel des auf 50 Milliarden Dollar (ca. 37 Milliarden Euro) explodierten Budgets - Sotschi ist schon etwa doppelt so teuer wie London 2012 - habe Korruption verschlungen.

Dabei war das Label „teuerste Winterspiele der Geschichte“ noch vor sechseinhalb Jahren durchaus ein Gütesiegel Sotschis. Die „Riesensumme“ von 12 Milliarden Dollar (9 Milliarden Euro) wolle man investieren, versprach Putin 2007 im Rahmen der Bewerbung. Heute werden die Kosten, zumindest vom Kreml, kaum noch thematisiert.

Dass es Winterspiele im subtropischen Sotschi nicht zum Spartarif geben würde, war derweil von Beginn an klar. „Früher gab es hier nichts, außer Bienenzüchtern“ - diese Geschichte erzählt Putin gerne, „dann habe ich mit dem Finger auf diesen Ort gezeigt“. Und der Idee des Präsidenten folgte ein Bauprojekt ohne Gleichen. Am Meer entstanden neue Stadien, in den Bergen wurden hochmoderne Skigebiete erschaffen, zahlreiche infrastrukturelle Maßnahmen waren notwendig.

Bei der Finanzierung „durften“ neben dem Staat und Staatskonzernen auch einige von Putins reichen Freunden helfen, der Präsident nahm sie in die Pflicht. Unter anderem die Oligarchen Wladimir Potanin und Oleg Deripaska tätigten auch mit Hilfe staatlicher Kredite große Investitionen. Angesichts der gestiegenen Kosten und auch, weil die Bauten sich nach Olympia kaum finanzieren dürften, baten die Geldgeber nun aussichtsreich um künftige Steuernachlässe. Man hilft sich in Putins Kreisen.

Wo genau das Geld versickerte, ist freilich unklar. Die nationale Opposition geht von Korruption in allen Planungs- und Bauphasen aus, und sogar der Kreml sprach vereinzelt offiziell von Korruptionsfällen. Schon den Ausschreibungen sei nicht zu trauen gewesen, sagte Nemzow dem ZDF-Auslandsjournal, „es hat keinen transparenten Wettbewerb gegeben“. Vor allem Vertraute Putins profitierten demnach von den Spielen.

Als Beispiel dient die neue Verbindungs-Trasse zwischen Meer und Bergen. „Putin hat einfach entschieden“, sagte Nemzow, „diesen Neun-Milliarden-Dollar-Auftrag an seinen KGB-Kumpel Wladimir Jakunin zu vergeben“. Allein diese Strecke habe damit mehr gekostet als die gesamten Winterspiele in Vancouver 2010. „Das ist die teuerste Straße Russlands“, ereiferte sich Nemzow: „Eine Goldstraße, eine Kaviarstraße! Ein Kilometer kostet 200 Millionen Dollar.“

Auf der Bahnstrecke sollen die Züge zwischen der Schwarzmeerstadt und dem Skigebiet in den Bergen alle 10 bis 15 Minuten pendeln. „Für dieses Geld könnte man alle Gäste und Teilnehmer der Olympischen Spielen mit Hubschraubern her- und zurückholen“, sagte ein Ingenieur der Zeitung Die Welt.

Einen großen Teil der Aufträge gewannen zudem die Unternehmen von Arkadi Rotenberg - der milliardenschwere Unternehmer ist nebenbei ein langjähriger Judo-Partner Putins. Knapp 8 Milliarden Dollar umfassen allein die Projekte, die seine Firmen umsetzen.

„Das gestohlene Geld“, schrieb Nemzow in seinem Bericht abschließend, „hätte auch für 3000 Kilometer Bahnverbindungen oder Wohnraum für 800.000 Menschen genutzt werden können.“