Im Finale kämpfen die deutschen Beachboys das favorisierte Duo Alison und Emanuel in drei Sätzen nieder. Brink dankt dem Volleyballgott.

London. Julius Brink und Jonas Reckermann sprangen fast gleichzeitig in die Höhe, fielen sich dann erleichtert in die Arme und vollführten einen Jubeltanz. Der letzte Angriffsschlag der Brasilianer landete ganz knapp im Seitenaus, die Proteste der Weltmeister Alison/Emanuel nützten nichts, der Ball hatte die lilafarbene Linie nicht berührt. Die Europameister aus Berlin hatten damit ihre Karriere mit dem Olympiasieg gekrönt und das historische erste Beachvolleyball-Gold für Deutschland im Sand gewonnen. Das Duo setzte sich in einem spektakulären wie spannenden Finalkrimi mit 2:1-(23:21, 16:21, 16:14)-Sätzen durch und bescherte dem deutschen Olympiateam die zehnte Goldmedaille. Erst der vierte Matchball brachte die Entscheidung. Zuvor hatten Brink/Reckermann im dritten Satz eine 14:11-Führung und drei Matchbälle in Folge vergeben.

"Das ist unglaublich, unbeschreiblich, ein unfassbares Spiel. Das war brutal bis zum letzten Ballwechsel", sagte Reckermann, und Brink fügte hinzu: "Am Ende ist mir das Herz noch einmal in die Hose gerutscht, irgendwie hatte ich plötzlich eine Zitterhand. Aber der Volleyballgott war auf unserer Seite. Es ist einfach nur geil." Der Jubel kannte schließlich keine Grenzen mehr: Mit der deutschen Fahne in den Händen feierten die Sieger eine riesige Party mit den 15.000 Fans, eine Welle nach der anderen ging durch den ausverkauften Centre-Court des Horse Guards Parade.

Die deutschen Weltmeister von 2009 hatten nach 58 Minuten ihre finale Arbeit erledigt. Ihr siebter Sieg in Serie in diesem Turnier machte ihren Triumph perfekt. Nach Bronze für die Hamburger Jörg Ahmann/Axel Hager im Jahr 2000 in Sydney ist es für den Deutschen Volleyball-Verband (DVV) der bislang größte Erfolg und erst die zweite Beachmedaille überhaupt.

Auf der Tribüne drückten den Berliner Beachboys unter anderem IOC-Vizepräsident Thomas Bach, Gewichtheber Matthias Steiner und die Besatzung des Deutschland-Achters die Daumen. Sie alle sahen im ersten Satz bei Gänsehautstimmung ein hochkonzentriertes deutsches Paar. Nach zwei abgewehrten Satzbällen entschieden Brink/Reckermann den Durchgang nach 23 Minuten für sich.

Im zweiten Abschnitt lagen Brink/Reckermann von Beginn an im Hintertreffen, ließen sich aber auch von einem 10:17-Rückstand und einer Galavorstellung des 2,03-Meter-Riesen Alison nicht aus der Ruhe bringen. Sie verkürzten auf 15:19, mussten sich dann dennoch mit 16:21 geschlagen geben. Der dritte Satz verlief zunächst ausgeglichen, bis den Deutschen mit dem Punkt zum 12:8 die Weichen auf Sieg stellten. Doch die Brasilianer konnten noch mal zum 14:14 ausgleichen.

+++ Zwei Deutsche haben erfolgreich auf Sand gebaut +++

Der 1,86 Meter große Brink, 30, und sein 15 Zentimeter größerer Partner Reckermann, 33, hatten sich nach den Spielen in Peking zusammengetan und wurden 2009 bei ihrem ersten großen Turnier im norwegischen Stavanger auf Anhieb als erste Europäer Weltmeister. WM-Bronze zwei Jahre später in Italien und die EM-Siege 2011 und 2012 machten sie zu einem der erfolgreichsten Teams der letzten Jahre.

Der erfahrene Blockspezialist Reckermann hat in dem Aufschlagexperten Brink den perfekten Partner gefunden. "Wir ergänzen uns sehr gut und können uns gegenseitig den Druck nehmen", sagt Brink über die sportliche Partnerschaft. Bei ihrem ersten gemeinsamen Olympia-Auftritt in London trieben sie ihre Gegner auf dem Weg ins Finale vor allem mit den harten Aufschlägen und der starken Blockverteidigung zur Verzweiflung.

Drei Jahre lang liefen alle Planungen auf London hinaus, auch ein Mentaltrainer half ihnen auf dem Weg in ihr viertes großes Endspiel. Nur in der Vorrunde gegen China mussten die Berliner vor dem Finale einen Satz abgeben, der Gewinn einer Medaille war von vornherein das Ziel. "Mir war wichtig, etwas um den Hals hängen zu haben, wenn ich hier abreise", hatte Brink gesagt. Von Gold hatte er aber wohl nur zu träumen gewagt.

Mit Material von sid