Die rechte Gesinnung ihres Freundes habe sie selbst immer kritisch gesehen: “Ich muss ganz klar sagen, dass unsere Beziehung davon sehr stark belastet wurde und ich in vielen Diskussionen klar gesagt habe, dass ich diese Meinung nicht teile.“ Es habe auch Gedanken an Trennung gegeben, so Drygalla weiter. Inwiefern die Darstellungen der Ruderin der Wahrheit entsprechen, bleibt vorerst jedoch ungewiss.

London. Die neue Faktenlage verursachte ein Logistikproblem. Aufgeschreckt von der Debatte um die Ruderin Nadja Drygalla versuchte Verbandspräsident Siegfried Kaidel, seinen für Montag geplanten Rückflug vorzuziehen. Er wolle so schnell wie möglich mit der Sportlerin reden, sagte Kaidel der "Welt". Vor allem eine Frage möchte der Chef der Ruderer mit der 23 Jahre alten Rostockerin klären: "Noch wissen wir nicht, ob sie selbst in der rechtsextremen Szene aktiv ist." Die Ruderin des Deutschland-Achters hatte am Donnerstag London verlassen, als ihre Beziehung zu dem NPD-Funktionär Michael Fischer bekannt geworden war.

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Am Sonntag äußerte sich die Rostockerin erstmals zu den Vorwürfen. In einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) beteuerte sie, dass ihr Freund seit knapp drei Monaten kein NPD-Mitglied mehr sei. Fischer habe "persönlich mit dieser ganzen Sache gebrochen und sich verabschiedet", sagte Drygalla und fügte hinzu: "Ich habe keine Verbindung in seinen Freundeskreis und diese Szene gehabt und lehne das absolut ab." Auch habe sie nie an rechten Demonstrationen teilgenommen: "Da können Sie fragen, wen Sie möchten: Ich habe keinen Kontakt gehabt, noch bin ich jemals auf Demonstrationen gewesen."

Die rechte Gesinnung ihres Freundes habe sie selbst immer kritisch gesehen: "Ich muss ganz klar sagen, dass unsere Beziehung davon sehr stark belastet wurde und ich in vielen Diskussionen klar gesagt habe, dass ich diese Meinung nicht teile." Es habe auch Gedanken an Trennung gegeben, so Drygalla weiter. Inwiefern die Darstellungen der Ruderin der Wahrheit entsprechen, bleibt vorerst jedoch ungewiss.

In der Rudermannschaft wird Drygallas problematische Beziehung zu Fischer weiter kritisch gesehen. Maximilian Munski, Ersatzmann im Achter, hat 2006 mit Fischer bei der Junioren-WM in Amsterdam Silber gewonnen. Er sagt, schon damals habe Fischer öffentlich mit seinem rechten Gedankengut kokettiert. Als er dann mit Drygalla zusammenkam, habe er über die Problematik mit seinen Kollegen geredet. "Unter den Sportlern war das definitiv bekannt, wir haben oft darüber gesprochen", so Munski.

Die Trainer und Funktionäre wollen von derlei Gesprächen nichts mitbekommen haben und könnten selbst Opfer einer peinlichen Kommunikationspanne geworden sein. Demnach hat der für die Rostockerin Drygalla zuständige Landessportbund Mecklenburg-Vorpommern (LSB) schon seit einem Jahr von der problematischen Beziehung gewusst. Eine Weitergabe dieser Informationen an DOSB oder Ruderverband sei aber nicht erfolgt, sagte der LSB-Vorsitzende Wolfgang Remer. "Auf die Idee sind wir gar nicht gekommen."

Wichtige Hinweise hätten von den zuständigen Stellen auch erfolgen müssen, nachdem Drygalla im September 2011 ihren Polizeidienst quittierte. Drygalla gab all das auf, nachdem ihre Beziehung zu Fischer ruchbar geworden war. Nur aus Liebe?

Oder aber, weil sie als Polizistin in der rechten Szene kritisch beäugt wurde. Einträge auf einschlägig bekannten Internetseiten belegen, dass sich andere Rechtsextreme aufregten, wenn Fischer mit der "Polizei-Braut" bei Treffen erschien.

Den Mangel an Kommunikation mag auch Dagmar Freitag (SPD) nicht nachvollziehen. Die Vorsitzende des Bundestags-Sportausschusses sagt: "Ich beabsichtige, auch den Fall der Ruderin Nadja Drygalla schnellstens im Sportausschuss auf die Tagesordnung zu setzen. Das muss schonungslos aufgeklärt werden."

Zudem sei sie verwundert, dass Drygalla einen Platz in der Sportfördergruppe hatte bekommen sollen. "Die Bundeswehr wird erklären müssen, ob sie tatsächlich eine Sportlerin aufnehmen wollte, die zuvor nach allem, was wir bislang wissen, wegen ihrer rechtsextremistischen Kontakte den Polizeidienst quittiert hatte." Drygalla hat unterdessen angekündigt, ihre Sportlerkarriere trotz der Vorkommnisse fortsetzen zu wollen: "Ich wünsche mir, dass ich dann Anfang September wieder anfangen kann."

DOSB-Vizepräsidentin Thiel: „Brauchen keine Agenten-Methoden"

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) sieht angesichts angesichts der Affäre um die Rostocker Ruderin Nadja Drygalla keine Veranlassung, Sportler auf ihre politische Gesinnung hin zu überprüfen. „Wir brauchen keine Agenten-Methoden“, sagte DOSB-Vizepräsidentin Christa Thiel der „Sport Bild“ laut einer Vorabmeldung vom Montag. Sie stellte klar: „Ich will keine Inspektionen des privaten Umfeldes der Sportler.“ Thiel fügte an, der DOSB werde keine Akten zu Sportlern anlegen, es gelte schließlich Datenschutzgesetze einzuhalten.

Hockeyspielerin Marion Rodewald stellte als Mitglied der DOSB-Athletenkommission aus Sicht der Sportler klar: „Nachforschungen wie damals in der DDR wollen wir Athleten nicht.“

(dapd)