Auf Kajak-Gold von Alexander Grimm folgt Judo-Gold von Ole Bischof. Der Olympia-Außenseiter aus Reutlingen legte alle Favoriten aufs Kreuz und sorgte für eine Riesen-Überraschung.

"Ich bin überglücklich, das ist die Erfüllung meines Lebenstraumes", jubelte Ole Bischof als frisch gebackener Judo-Olympiasieger. "Für diesen Tag habe ich mein Leben lang gearbeitet." Im Finale habe er "unbedingt eine Fußtechnik rauszaubern" wollen. "Das ist mir gelungen", freute sich der Reutlinger. Gleich nach dem Kampf war Bischof zu seinem Trainer Frank Wieneke gestürmt, hatte diesen gepackt und auf seinen Schultern über die Matte getragen. Dem Coach standen dabei die Tränen in den Augen. "Ich hatte nie das Gefühl, dass es mit Gold klappen könnte. Ich habe nur von Kampf zu Kampf gedacht", gestand Bischof, der Europameister von 2005.

In der mit 6000 Zuschauern ausverkauften Halle der Pekinger Universität für Wissenschaft und Technik zeigte Bischof sein ganzes Können, düpierte die komplette Weltelite und legte schließlich seinen Final-Kontrahenten, den Südkoreaner Kim Jaebum, durch einen mit Fußtechnik erkämpften Yuko auf die Matte. Mit dem Gewinn der Goldmedaille zwei Wochen vor seinem 29. Geburtstag krönte Bischof seine wechselvolle Karriere. Der Ukrainer Roman Gontjuk und Tiago Camilo aus Brasilien gewannen Bronze. Bischofs Teamgefährtin Anna von Harnier aus Böblingen war bereits in der Hoffnungsrunde gescheitert.

"Ole gehört seit Jahren zum großen Kreis der Weltspitze. Heute hatte er seinen Tag. Er ist ein großer Taktiker und hat unseren Plan in allen Kämpfen voll umgesetzt", sagte Bundestrainer Wieneke, selbst 1984 in Los Angeles Olympiasieger. Das Sieg-Rezept von Bischof war eine Stunde Mittagsschlaf auf einer Pritsche im Massageraum, Coach Wieneke hatte diese Therapie zur Beruhigung der Nerven verordnet. "Ich kenne Ole. Der braucht das, um Energie zu tanken, das kann er am besten beim Schlafen. Er schaltet im größten Trubel ab. Ich darf nur nicht vergessen, ihn rechtzeitig zu wecken", witzelte Trainer Wieneke. Das war dem Coach offensichtlich wie bei der gesamten Olympia-Vorbereitung auf den Punkt gelungen.

Zuvor hatte sein Schützling im letzten Duell der Vorrunde noch den völlig konsternierten Weltmeister Tiago Camilo (Brasilien) entzaubert. Innerhalb von zwei Minuten knallte Bischof den Topfavoriten zweimal auf die Matte, erhielt zwei Waza-ari (halbe Punkte), was sich zum Ippon (ganzer Punkt) summierte, zum sofortigen Kampfende führte und ihm den Weg zu Gold ebnete.