Sportdirektor Wolfgang Willam stockte der Atem, Bundestrainer Andreas Hirsch zuckte kurz, nur Vater Wolfgang Hambüchen, stark erkältet und deshalb...

Peking. Sportdirektor Wolfgang Willam stockte der Atem, Bundestrainer Andreas Hirsch zuckte kurz, nur Vater Wolfgang Hambüchen, stark erkältet und deshalb einen Mundschutz tragend, blieb ruhig: "Ich habe gleich erkannt, dass er alles unter Kontrolle hat."

Sohn Fabian, Turn-Weltmeister, Sportler des Jahres 2007 und deutsche Goldhoffnung in Peking, war beim Abschlusstraining bei seiner Bodenkür ins Straucheln geraten. Plötzlich lag der 20-jährige Abiturient platt auf dem Rücken, rührte sich für Sekunden nicht.

Es war allerdings auch ein Augenblick, in dem Fabian Hambüchen seine große Klasse demonstrierte. "So kontrolliert wie er schaffen es nur wenige Turner auf der Welt, in solch einer kritischen Situation eine Verletzung zu vermeiden. Wenn er den Sprung durchgezogen hätte, wäre es vermutlich nicht so harmlos ausgegangen. Er hätte sich den Fuß brechen können", meinte Sportdirektor Willam.

Hambüchen, schon etwas müde nach dem Übungsmarathon, war unschlüssig, ob er die letzte Bahn am Boden mit einem Doppelsalto oder dem weit schwierigeren Tsukahara, einem Doppelsalto rückwärts mit drei integrierten Längsdrehungen, abschließen sollte. "Und wer sich nicht entscheiden kann, den schmeißt&39;s halt hin", meinte er hinterher mit seinem charmantesten Lächeln - und gab Entwarnung: "Alles easy. Ich habe mir nichts getan."

Dafür hatte er zuvor am Reck, seinem Spezialgerät, an dem er Andreas Wecker nach zwölf Jahren als Olympiasieger beerben will, den bereits anwesenden Kampfrichtern eine eindrucksvolle Vorstellung geboten. "Das war nicht die Höchstschwierigkeit, aber eine, mit der ich am Sonnabend in den Qualifikationswettkampf mit der Mannschaft gehen will", sagte Hambüchen, "im Gerätefinale kann ich dann noch etwas drauflegen." Am Reck und am Barren bewies die gesamte deutsche Riege ihre Qualitäten. Der Cottbuser Philipp Boy empfahl sich dabei als zweiter Turner neben Hambüchen für den gesamten Mehrkampf, das sind sechs Geräte (Reck, Boden, Barren, Seitpferd, Ringe und Sprung).

"Ich bin nach den jetzt gezeigten Leistungen optimistisch, dass wir das Mannschaftsfinale erreichen werden", sagte Bundestrainer Hirsch. Bei der Heim-WM vor einem Jahr in Stuttgart turnte sich das Team überraschend auf Platz drei. "Alle sind gesund, haben gut trainiert, warum sollten wir nicht wieder etwas Großes schaffen", sagte Hirsch. Hambüchen ergänzte: "Mein Traum bezieht sich nicht nur auf das Reck."

Seine Kollegen schätzt er hoch ein wie seine eigenen Möglichkeiten auch am Barren, dem Sprung und an den Ringen. Probleme habe er sich zuletzt nur am Seitpferd geleistet. "Durch die Übung bin ich diesmal gut durchgekommen, der Abgang war jedoch suboptimal." Hambüchen ging danach sofort auf die Kampfrichter zu und fragte, wie sie das Ende seiner Vorstellung bewerten würden. "Sie haben mir gesagt, dass sie meinen Abgang trotz des Patzers anerkennen und voll in die Benotung einbeziehen würden."

Solche Gespräche sind beim sogenannten Podiumtraining, der Generalprobe, möglich, ja erwünscht. Die Juroren wollen sich ein Bild von den Turnern machen, und die von ihren Richtern. Am Ende gab man sich freundlich die Hände - auf Wiedersehen am Sonnabend.