Nach 19 Siegen unterliegt der Meister HSV in Lübbecke sensationell 31:32 und kann den Titel aus eigener Kraft nicht mehr verteidigen.

Hamburg. Es sollte nur das Vorspiel sein, ein letztes Warmwerfen vor dem Gipfeltreffen am Sonntag. Doch nun haben die HSV-Handballer möglicherweise die deutsche Meisterschaft bereits verspielt, bevor sie ihre Ansprüche im Spitzenspiel beim THW Kiel am Sonntag überhaupt geltend machen konnten. Nach 19 Pflichtspielsiegen hintereinander unterlag der Titelverteidiger sensationell beim TuS N-Lübbecke mit 31:32 (12:14). Der Rückstand auf den souveränen Spitzenreiter Kiel, der sich zeitgleich im schleswig-holsteinischen Derby bei der SG Flensburg-Handewitt mit 32:27 behauptete, ist damit auf sechs Minuspunkte angewachsen. Aus eigener Kraft kann der HSV jedenfalls nicht mehr Meister werden.

"Jetzt wird es für uns sehr schwer", ahnt Trainer Per Carlén. Seine Mannschaft war gestern von Beginn an nicht im Bilde - weder bei der streikenden Liveübertragung auf Sport1.de noch in der Realität der Merkur-Arena. Nach elf Minuten sah sie sich bereits mit 3:7 im Rückstand. Konzentrationsfehler im Angriff führten zu Ballverlusten und leichten Gegen(stoß)toren. Knapp vier Minuten vor der Halbzeit schien der HSV beim Stand von 12:12 endlich zu sich selbst gefunden zu haben. Doch ein Phantomtor des starken Daniel Svensson brachte ihn noch vor der Pause mit 12:14 in Rückstand. Sein Wurf an die Lattenunterkante hatte die Linie in Wahrheit nicht überschritten, wie die Zeitlupe bewies.

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Anders als beim 30:30 im Februar, als der HSV nach einem Wechselfehler fälschlicherweise eine Zweiminutenstrafe erhalten hatte, wäre ein Einspruch in diesem Fall ohne Aussicht auf Erfolg. Es handelte sich um eine sogenannte Tatsachenentscheidung. Diese kleine Ungerechtigkeit allein erklärt die Hamburger Schwächen aber nicht. Vergeblich erinnerte Carlén an seinen Appell vor dem Spiel: die Angriffe konzentriert und geduldig zu Ende zu spielen. Möglich, dass es Michael Kraus als Spielmacher besser gelungen wäre. Doch der Nationalspieler musste sein erhofftes Comeback nach einem Muskelfaserriss erneut vertagen. Immerhin: Bundestrainer Martin Heuberger stellte ihm gestern trotz geringer Spielpraxis die Teilnahme an der EM im Januar in Serbien in Aussicht.

Die Unebenheiten im Angriff vermochten diesmal auch die Torhüter nicht auszubügeln. Weder Johannes Bitter noch Dan Beutler konnten ihre zuvor überragenden Leistungen bestätigen. Beutler konnte bei seinem Kurzeinsatz nicht einen der fünf Würfe auf sein Tor parieren. Bitters Fangquote blieb mit 29 Prozent im allzu menschlichen Bereich. Und so nahm die Sensation allmählich ihren Lauf. Angetrieben von 3300 frenetischen Zuschauern in der ausverkauften Merkur-Arena setzte sich der Außenseiter immer weiter ab: über 17:13 (35. Minute) auf 24:19 (46.).

Als Carlén sieben Minuten vor Schluss beim Stand von 25:30 aus HSV-Sicht eine Auszeit beantragte und auf Manndeckung umstellte, war es fast zu spät. Hans Lindberg verkürzte 27 Sekunden vor dem Ende noch auf 31:32. Es wurde noch einmal dramatisch. Doch Lübbecke ließ sich den verdienten Erfolg nicht mehr nehmen.

Tore, Lübbecke: Tluczynski 7 (5 Siebenmeter), D. Svensson 6, Gustafsson 4, Löke 4, Vukovic 4, K. Svensson 3, Niemeyer 3, Verjans 1; Hamburg: Lackovic 10, Lindberg 6 (3), Lijewski 5, Duvnjak 4, Flohr 3, Vori 3. Schiedsrichter: Moles/Pittner. Zuschauer: 3300. Zeitstrafen: 4; 2.