Der polinische Nationaltrainer Michael Biegler soll Coach der HSV Handballer werden – der Zeitpunkt ist aber unklar. Aus Polen kommt Kritik über den Zeitpunkt der Offerte, so kurz vor der WM in Katar.

Hamburg. Die HSV Handballer sind offenbar mit guten Vorsätzen ins neue Jahr gestartet. Am Freitag lösten sie den Vertrag mit dem am 16. Dezember beurlaubten Cheftrainer Christian Gaudin, 47, „in beiderseitigem Einvernehmen“ auf, bedankten sich bei ihm für die geleistete Arbeit und wünschten ihm „alles Gute für die Zukunft“. Der Einjahreskontrakt des Franzosen lief ursprünglich bis zum 30. Juni 2015. Rund 100.000 Euro brutto Gehalt standen ihm daraus noch zu.

In der jüngeren Vergangenheit hatte der HSV zweimal die Konfrontation mit seinen gekündigten Übungsleitern gesucht. Der Schwede Per Carlén (Dezember 2011) und sein Vorgänger und späterer Nachfolger Martin Schwalb (Juli 2014) mussten nach ihrem Rausschmiss vors Hamburger Arbeitsgericht ziehen, um ihre Forderungen einzuklagen. Auf eine außergerichtliche Einigung hatte sich der HSV in beiden Fällen nicht einlassen wollen.

Die Suche nach Gaudins Nachfolger gestaltet sich derweil schwierig. Dabei hat Christian Fitzek, 53, Geschäftsführer der Spielbetriebsgesellschaft des Handball-Sport-Vereins Hamburg, längst den polnischen Nationaltrainer Michael Biegler, 53, zu seinem Wunsch- und bislang einzigen Kandidaten erkoren. Weil das umgehend bekannt wurde, sagen beide Seiten jetzt öffentlich nichts dazu. Sowohl Fitzek als auch Biegler ließen das Abendblatt wissen, dass sie sich zu diesem „Vorgang“ nicht äußern werden. Schon im vergangenen Sommer war Biegler neben dem ehemaligen Mannschaftskapitän Guillaume Gille, 38, als HSV-Trainer im Gespräch. Gaudin wurde es dann.

Andrzej Krasnicki, 65, beruhigt das nicht. Der Präsident des polnischen Handballverbandes und des Nationalen Olympischen Komitees ist empört über den Zeitpunkt der Offerte. Biegler bereitet gerade die Männer-Nationalmannschaft auf die Weltmeisterschaft in Katar (15. Januar bis 1. Februar) vor. In der Qualifikation für die Titelkämpfe hatten die Polen im Juni Deutschland mit zwei Siegen in Danzig (25:24) und Magdeburg (29:28) ausgeschaltet. Die unterlegenen Deutschen dürfen dank einer umstrittenen Wildcard dennoch an der WM teilnehmen – und sind jetzt Gruppengegner der Polen.

Biegler steht noch bis 2016 bei den Polen unter Vertrag. Dass der Verband ihn vorher entlässt, erscheint derzeit unwahrscheinlich, weil Biegler im Oktober 2012 engagiert wurde, um das Nationalteam auf die Europameisterschaft vom 17. bis 31. Januar 2016 im eigenen Land vorzubereiten. Die WM in Katar ist für die Polen nur ein weiterer Schritt hin auf das große Ziel. In einem Jahr soll die Mannschaft um den EM-Titel werfen können. Bei der WM 2013 in Spanien waren die Polen im Achtelfinale ausgeschieden, bei der EM 2014 in Dänemark wurden sie Sechster. Ihr größter Erfolg liegt inzwischen acht Jahre zurück. Bei der WM 2007 erreichten sie das Finale. Dort unterlagen sie in Köln Gastgeber Deutschland 24:29.

Denkbar bleibt ein Jahr lang ein doppeltes Engagement Bieglers für den HSV und Polen. Bereits 2013 hatte dieser neben seiner Verbandstätigkeit den Zweitligaclub SC DHfK Leipzig zum Saisonende vor dem Abstieg bewahrt. Eine Entscheidung dürfte aber erst im Februar fallen und könnte eine Frage des Geldes und einer möglichen Ablösesumme werden. Das wiederum widerspricht einer schnellen Verpflichtung. Die Polen verstehen zu verhandeln.

Sein nächstes Bundesligaspiel bestreitet der HSV am 14. Februar in Wetzlar, zuvor gastiert am 11. Februar zum Auftakt der Gruppenphase im europäischen EHF-Pokal Gorenje Velenje (Slowenien) in der Sporthalle Hamburg. „Ich gehe im Moment davon aus, dass wir im Januar keinen neuen Trainer präsentieren werden“, sagt HSV-Geschäftsführer Fitzek.

Mit Interimscoach Jens Häusler, 47, will Fitzek nächste Woche die Vorbereitung für die zweite Saisonhälfte planen. Häusler hatte wiederholt erklärt, dass er kein Interesse hat, HSV-Cheftrainer zu werden. Er wolle sich vorrangig um die U23 kümmern, die in die Dritte Liga aufsteigen soll. Am 27. Dezember hatte der Verein Häuslers unbefristeten Vertrag zum 30. Juni 2015 gekündigt. Neben formalen Gründen führte Fitzek an, es sei ja möglich, dass der neue Trainer keinen Assistenten haben will. Biegler wäre so einer.

Fitzek und Biegler kennen und schätzen sich aus der gemeinsamen Zeit bei Frisch auf Göppingen. Dort war Fitzek bis Ende 2003 Chefcoach und Biegler von 2002 an sein Co-Trainer. Als Cheftrainer in Wilhelmshaven (2003– 2008) und in Magdeburg (2008–2009) machte sich Biegler anschließend in der Bundesliga einen Namen. Den oft unwirsch wirkenden Diplom-Sportlehrer zeichnet großes Fachwissen aus. Er gilt als akribischer Arbeiter, nicht aber als Kommunikator. Wer ihm nicht folgt, bekommt schnell Probleme. Bereits 2007 wollte Fitzek, damals HSV-Sportchef, Biegler nach Hamburg holen – als Assistenten von Martin Schwalb und als Nachwuchstrainer. Schwalb lehnte ab. Er brauche ihn nicht, sagte er. Inzwischen hat Fitzek beim HSV das Sagen.