HSV-Handballer erzielten bislang nur 23,2 Treffer pro Spiel. Gegen Wetzlar soll sich das ändern

Hamburg. Wer Christian Gaudin, 47, auf der Geschäftsstelle in der Volksbank-Arena treffen will, findet ihn gewöhnlich im Besprechungsraum neben der Halle. Dort sitzt der Trainer der HSV-Handballer oft stundenlang vor und nach den Übungseinheiten und analysiert auf seinem Laptop die Spiele seiner Mannschaft wie die der Gegner.

Vor allem sucht der Franzose händeringend nach Lösungen, wie der HSV seine Angriffskraft erhöhen kann. 116 Tore in den bisherigen fünf Bundesligaspielen, 23,2 im Durchschnitt, sind eine magere Ausbeute, 2:8 Punkte und der vorletzte Tabellenplatz in der Bundesliga die Konsequenz. Gegen die HSG Wetzlar (4 Spiele, 4:4 Punkte; 113:104 Tore) soll an diesem Sonnabendnachmittag (15 Uhr, O2 World) die Trefferquote deutlich erhöht werden. „Da arbeiten wir intensiv dran“, sagt Gaudin. 5600 Eintrittskarten sind für das dritte Heimspiel der Saison bisher verkauft.

Warum zwar die Abwehr steht – nur 120 Gegentore, 24 im Schnitt –, es im Angriff dagegen hapert, dafür hat der Trainer eine einfache Erklärung: „Rund 60 Prozent der Tore der vergangenen Saison haben Spieler geworfen, die nicht mehr bei uns sind. Vor allem in kritischen Phasen haben dann Domagoj Duvnjak oder Joan Cañellas die Verantwortung übernommen. Die spielen aber jetzt für den THW Kiel.“ Die Folge: Gerade in den letzten zehn Minuten, wenn die Entscheidung ansteht, mentale Stärke, Mut und Kaltschnäuzigkeit gefragt sind, fehlt es der neu formierten Mannschaft offenbar an Selbstvertrauen. Niemand scheint den Abschluss suchen zu wollen, Zeitspiel ist zu häufig das Ergebnis dieser Unentschlossenheit; was zu Notwürfen aus Positionen führt, die wenig Erfolg versprechen.

Gaudin überrascht das nicht: „Jetzt müssen bei uns Spieler in die Verantwortung gehen, die in der vergangenen Saison wenig Einsatzzeiten hatten. Sie müssen aber erst mal lernen, dass es auf sie ankommt. Das ist ein Prozess. Wir brauchen Geduld. Und die haben wir. Keiner ist nervös. Das hilft.“ Der Coach ist ohnehin nicht unzufrieden: „Bis auf die erste Hälfte bei den Rhein-Neckar Löwen haben wir neun akzeptable bis gute Halbzeiten gespielt. Daher bin ich optimistisch, dass wir die entsprechenden Ergebnisse bald liefern werden.“

Schon gegen die nach Verletzungsausfällen ersatzgeschwächten Wetzlarer soll am Sonnabend die Wende gelingen. Linksaußen Kevin Schmidt aber warnt: „Die sind trotz einiger Personalprobleme gut in die Saison gestartet, haben mit dem Kroaten Ivano Balic einen herausragenden Spielmacher und mit dem Norweger Robin Tönnesen einen guten Schützen.“ Schmidt muss es wissen. In 184 Spielen warf er 500 Tore für die Nordhessen, für den HSV in bislang vier Kurzeinsätzen drei, davon zwei Siebenmeter. Seine Sprunggelenksverletzung hat der Nationalspieler überwunden. Er hofft jetzt auf längere Spielzeiten. Ob Alexandru Simicu (Bänderzerrung im linken Fuß) wenigstens für ein paar Momente mitmachen kann, entscheidet sich kurz vor dem Anwurf. Am Freitag trainierte der Rumäne vorsichtig mit, hatte aber noch Schmerzen.