HSV-Handballer treffen an diesem Freitag in der ersten Bundesligapartie vor eigenem Publikum auf Hannover-Burgdorf

Hamburg. Stand-up-Paddling kannte Alexandru Simicu bis Donnerstagmittag auch noch nicht. „Sieht nach Spaß aus“, findet er. Wieder etwas Neues, was er erleben durfte in der kurzen Zeit, die er jetzt in Hamburg ist. Zum Sightseeing sei er bisher noch gar nicht gekommen vor lauter Terminen: Orthopädie, medizinische Untersuchungen, Spiele, Training. Erst vor wenigen Tagen hat er eine möblierte Wohnung in Eppendorf bezogen. Und dann die vielen Behördengänge, die man als rumänischer Handballprofi in Deutschland zu erledigen hat.

Neue Eindrücke hat Simicu, 25, auch so genug sammeln können. Allein die Organisation beim HSV Hamburg: Alles sei sehr viel professioneller als bei seinem bisherigen Club, dem HCM Constanta: angefangen von der Ausrüstung über die Räumlichkeiten bis hin dazu, dass der Verein ihn und die anderen Neuzugänge Kevin Schmidt und Richard Hanisch zu eben einer Dampferfahrt auf die Alster einlädt, um auf die Heimpremiere in der Bundesliga einzustimmen.

An diesem Freitag um 19.45 Uhr geht es gegen die TSV Hannover-Burgdorf los (Livestream bei Sport1.de). Bereits am Sonntag (17.15 Uhr/Sport1) ist dann der Rekordmeister THW Kiel Gast in der O2 World. Einen solchen Doppelderby-Heimspieltag hat es in zwölf Jahren Bundesligazugehörigkeit beim HSV noch nicht gegeben, und daran ist der HSV gewissermaßen selbst schuld. Weil er erst in dritter Distanz die Lizenz erstritt und Balingen-Weilstetten erfolgreich Einspruch gegen den eigentlich daraus resultierenden Abstieg einlegte, startet die wahrscheinlich stärkste Liga der Welt mit 19 statt bisher 18 Vereinen in die Saison. Der erste der beiden zusätzlichen Spieltage fällt auf dieses Wochenende.

„Wahrscheinlich ist das ganz gut so, denn noch ist der Akku voll“, sagt Schmidt. Ob er allerdings selbst spielen kann, müsse sich noch zeigen. Das linke Sprunggelenk bereitet Probleme. Es hat den Linksaußen schon in der vergangenen Saison einige Spiele gekostet, dazu kam noch eine langwierige Hüftverletzung. Die HSG Wetzlar hat sich damals entschieden, ihrem Lokalmatador nach acht Jahren keinen neuen Vertrag mehr anzubieten.

Diese Saison ist ein Neuanfang. Für Schmidt, 26, der sich noch zu Beginn des vergangenen Jahres bei der WM in Spanien in den Vordergrund spielte, zuletzt aber nicht mehr zum Kader der Nationalmannschaft gehörte. Für Simicu, der seine Wurfgewalt im linken Rückraum bei einem europäischen Spitzenverein unter Beweis stellen möchte. Für Hanisch, 24, der durch starke Leistungen auf der Spielmacherposition bei Hammarby IF in Stockholm für größere Aufgaben empfahl.

Vor allem jedoch für den HSV selbst. Es gibt einen neuen Trainer (Christian Gaudin), einen neuen Geschäftsführer (Christian Fitzek), fünf neue, junge Spieler. Und eine neue Bescheidenheit: Ein vierter oder fünfter Platz wie in den Vorjahren, das würde unter den Umständen wohl schon als Erfolg und nicht mehr als Enttäuschung empfunden.

„Es ist schön, diesen Neuanfang mitgestalten zu können“, sagt Schmidt. Der HSV hätte ihn gern schon vor einem Jahr verpflichtet. Damals wäre er zum aktuellen Champions-League-Sieger gewechselt und hätte im Kreis von Superstars um die Meisterschaft gespielt. Jetzt ist es ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang. „Aber es ist auch schön, diesen Neuanfang mitgestalten zu können“, findet Schmidt, „das nimmt gerade den jungen Spielern den Druck.“ Und zu diesen zähle er sich selbst auch.

Gegen Kiel wird niemand ernsthaft einen Sieg erwarten. „Dass wir mit ihrem Kader nicht mithalten können, ist klar“, sagt Schmidt, „aber an einem guten Tag sind auch sie schlagbar.“ Der Titelverteidiger musste das zum Saisonauftakt beim 21:27 in Lemgo erfahren. Der HSV konnte das Schlimmste zwar verhindern, für Hanisch fühlte sich das 27:27 in Gummersbach am vergangenen Sonnabend aber wie eine Niederlage an: „Wir haben hoch geführt, deshalb ist es für mich ein verlorener Punkt.“

Gegen Hannover, das zum Auftakt mit 22:26 gegen Melsungen verlor, sollte es dann klappen mit dem ersten Sieg. Sonst ist Hanischs Saisonziel, „vielleicht Top Fünf, Top Sechs“, nur schwer zu halten. Bis es wieder für einen großen Titel reicht, kann es dauern, darauf hat sich Simicu eingestellt. Die Mannschaft sei jung, aber talentiert. „Alles braucht seine Zeit. Doch ich weiß, dass unsere Zeit kommen wird.“

Der HSV, das ist herauszuhören, ist für Simicu, Hanisch und Schmidt noch immer ein großer Name im Handball. Dass dieser HSV vergangene Saison fast insolvent gegangen und in die Dritte Liga abgestiegen wäre, das haben die drei zwar zur Kenntnis genommen. Aber sie haben nicht danach gefragt, als ihnen der Vertrag vorgelegt wurde. „Für diesen Verein zu spielen lehnt man nicht ab“, sagt Hanisch. „Wenn es Probleme gäbe, hätten sie es schon gesagt.“