Die neuen Geschäftsführer Christian Fitzek und Sven Fahrenkrug wollen das Image des HSV Handball wieder aufpolieren

Hamburg. Dass Christian Fitzek, 53, bereits 20 Stunden nach seinem Dienstantritt bei den HSV-Handballern am Mittwochnachmittag das Zeitgefühl verloren gegangen ist, darf angesichts der Aufgaben, die sich vor dem neuen Geschäftsführer des Hamburger Bundesligaclubs auftürmen, nicht verwundern. „In den 36 Stunden, die ich jetzt wieder hier bin“, sagt Fitzek dann bei seinem ersten öffentlichen Auftritt am Donnerstagvormittag, „habe ich unzählige Gespräche geführt und dabei vor allem sehr viel mit Spielerberatern und Managern anderer Clubs telefoniert.“

16 Tage vor dem ersten Bundesligaspiel beim VfL Gummersbach sucht der HSV weiter nach Verstärkungen für seinen unterbesetzten Rückraum, nach Spielern, die sowohl angreifen als auch abwehren können. „So gut ich die Ungeduld unseres Trainers auch verstehe, ich war ja selbst mal einer, wir müssen abwarten. Die Profis, die wir brauchen, gibt der Markt derzeit nicht her, oder wir können sie nicht bezahlen“, weiß Fitzek. Zwei weitere Kandidaten, die sich in dieser Woche beim Training in der Volksbank-Arena vorgestellt hatten, waren am Mittwoch von Christian Gaudin, dem neuen Chefcoach, wieder nach Hause geschickt worden.

Es sei deshalb viel zu früh, erklärt Fitzek, jetzt irgendwelche Saisonziele zu verkünden. Zwei nennt er dennoch: „Wirtschaftlich wollen wir eine schwarze Null schreiben, sportlich möglichst alle Heimspiele gewinnen. Wir müssen unseren Fans und Partnern attraktive Spiele bieten. Nur damit können wir unsere Außendarstellung korrigieren, die unter den Turbulenzen der vergangenen Monaten gelitten hat.“ Dem HSV Hamburg war erst am 1. Juli in dritter Instanz die Lizenz für diese Saison erteilt worden, was dazu geführt hat, „dass viele in der Liga die Hasskappe aufhaben, wenn sie allein unseren Namen hören“, berichtet Fitzek. Als Geschäftsführer des VfL Bad Schwartau hat er bislang die Interessen der Zweitligaclubs im Präsidium der Handball-Bundesliga (HBL) vertreten.

Sven Fahrenkrug, 31, ist der zweite neue Geschäftsführer der HSV-Handballer. Der Sportfachwirt ist für Finanzen und Controlling zuständig. „Wir haben weiter starke Defizite, die wir korrigieren müssen“, mahnt der Buchhalter und meint in erster Linie die Millionen-Darlehen des Hauptgeldgebers Andreas Rudolph, die wohl irgendwann zurückgezahlt werden müssten. „Wir haben es in den vergangenen Wochen jedoch geschafft, viele Sponsoren zurückzugewinnen, die uns gekündigt hatten.“ Aktuell seien etwa 80 Prozent des Saisonetats gedeckt, der rund sechs Millionen Euro betragen soll – nach 9,6 Millionen in der vergangenen Spielzeit.

Auch die Gläubiger haben ihr Geld weitgehend erhalten, verbliebene Außenstände an zum Beispiel die Hallenbetreiber und den Caterer würden in den nächsten Monaten über vereinbarte Ratenzahlungen beglichen. „Wir sind auf einem guten Weg“, glaubt Fahrenkrug. Interims-Geschäftsführer Karl Gladeck, 47, der stets allergrößten Optimismus ausstrahle, hätte an dem Zwischenergebnis erheblichen Anteil. „Er ist ein großartiger Vertriebler“, sagt Fitzek. Knapp 4000 Dauerkarten sind inzwischen verkauft oder gebucht worden, 5200 sehen die Etatplanungen für die Saison 2014/2015 vor. Der Zuschauerschnitt ist mit 6500 bis 7000 Besuchern vorsichtig kalkuliert, zuletzt kamen im Schnitt rund 8800 zu den 17 Heimspielen in der O2 World. „Wir müssen erst wieder Vertrauen gewinnen“, ahnt Fahrenkrog. Da sei jetzt auch die Mannschaft stark gefordert.

„Raus aus der Komfortzone!“ heißt deshalb Fitzeks und Fahrenkrugs Devise. Mehr Termine in der Öffentlichkeit, zusätzliche Auftritte bei Partnern und verstärkte Kontakte mit den Fans stehen für die Profis künftig auf ihrem Programm. Sponsoren sollen fortan mit passgenauen Angeboten für ihr Unternehmen bedient werden. In den vergangenen Tagen telefonierten Führungsspieler wie Kapitän Pascal Hens, 34, Torhüter Johannes Bitter, 31, oder Rechtsaußen Stefan Schröder, 33, bereits mit Vertretern der Fanclubs, um diejenigen, die zuletzt dem Verein den Rücken zugewandt hatten, zur Rückkehr zu bewegen. Das sei in mehreren Fällen schon gelungen, sagt HSV-Pressechef Michael Freitag.

„In dieser Saison müssen wir uns wirtschaftlich konsolidieren, erst dann können wir überhaupt anfangen zu überlegen, wie es in den nächsten drei Jahren hier weitergehen soll. Und es soll nach dem Willen aller Beteiligten beim HSV Handball noch sehr lange weitergehen“, sagt Fitzek. Darüber habe er sich mit Andreas Rudolph vor seiner Vertragsunterschrift verständigt.

Um die Zukunft gestalten zu können, sei es allerdings notwendig, erstmals in einer Spielzeit ohne private Millionenzuschüsse Rudolphs auszukommen. Das ist nun das vorrangige Ziel. Rudolphs GesundHeits GmbH Deutschland (GHD) bleibt aber mit rund 1,7 Millionen Euro Hauptsponsor des Vereins, „doch wir müssen auch Platz für andere Partner schaffen, dass diese angemessen wahrgenommen werden“, sagt Fitzek. Der HSV sei weiterhin ein großartiger Verein, „das größte Problem, das wir im Moment haben, ist die Zeit. Die haben wir nicht.“

Freitag (20 Uhr) trifft der HSV beim Heide-Cup in Schneverdingen auf die Kadetten Schaffhausen. Sonnabend- und Sonntagnachmittag folgen zwei weitere Spiele. Die Gegner stehen noch nicht fest.