Die HSV-Handballer melden mit einem 39:32-Galasieg gegen die Füchse Berlin sportlich ihre Titelambitionen an. Der Sieg fiel sogar noch moderat aus.

Hamburg. Auf ihren Sitzen hatte es die Zuschauer schon seit Minuten nicht mehr gehalten, stehend huldigten sie ihren Lieblingen auf dem Feld, und als die Schlusssirene ertönte, da warfen sich die HSV-Handballer in Jubelpose und starteten die ersten Versuche, die Feier zu choreografieren. Diese Szenen sind keine Seltenheit, wenn die HSV-Handballer spielen. Nur zur Halbzeit hatte man sie noch nie erlebt.

Bis zu diesem Donnerstagabend. Es war keine geplante Aktion, sondern die fast zwangsläufige Reaktion auf ein Spektakel, wie man es auch vom amtierenden Champions-League-Sieger lange nicht geboten bekommen hatte. 21:11 hieß es nach besagter Halbzeit gegen die Füchse Berlin in einem Bundesliga-Spitzenspiel, das nie eines wurde, weil die Hamburger an diesem Abend eine ganze Klasse besser waren als der nur einen Rang schlechter platzierte Gegner. Und es gab keinen Anlass mehr zu zweifeln, dass der HSV nach der Champions-League-Qualifikation und dem Hinspiel auch diesen dritten Vergleich mit den Füchsen als Sieger beenden würde. Er fiel mit 39:32 letztlich noch moderat aus.

Und er war der passende Rahmen für die Heimpremiere des Mottos, das der neue HSV-Geschäftsführer Holger Liekefett für die verbleibende Saison ausgegeben und großflächig hat plakatieren lassen: „Wir sind 8.“ Der Slogan schien auch auf die Berliner Eindruck gemacht zu haben, jedenfalls boten sie von Beginn an Jungnationalspieler Fabian Wiede als siebten Feldspieler auf. Trainer Dagur Sigurdsson wollte damit offenbar den Ausfall seiner drei verletzten Leistungsträger Sven-Sören Christophersen, Bartlomiej Jaszka und Pavel Horak auffangen. Doch die riskante taktische Maßnahme schien seine Mannschaft mehr zu fordern als den HSV. Klug legte der die Schwachstellen im gewagten Angriffssystem der Berliner frei und konterte so spaßbefreit, dass es nach fünf Minuten 5:1 und nach 13 schon 10:5 stand.

Die Berliner schien obendrein zu irritieren, dass der HSV halblinks den oft verschmähten Neueinkauf Petar Djordjic aufbot. Der leicht angeschlagene Kapitän Pascal Hens verfolgte die Partie hinter der Bank, wo auch Hans Lindberg saß. Der dänische Toptorjäger hatte sich nach seiner Handverletzung wieder einsatzbereit gemeldet, doch er dürfte auch als Zuschauer seinen Spaß an diesem Spiel gehabt haben.

Natürlich hatte das auch mit Johannes Bitter zu tun. Der HSV-Torhüter, der in der kommenden Woche nach drei Jahren in die Nationalmannschaft zurückkehrt, mit der er 2007 Weltmeister wurde, hatte bereits fünf Paraden verbucht, als Petr Stochl auf der anderen Seite nach einer Viertelstunde die erste gelang. Sie bewahrte Stochl nicht davor, kurz darauf gegen Silvio Heinevetter getauscht zu werden. Das Duell der wieder vereinigten Nationaltorhüter, die schon einst in Magdeburg nie mehr als eine Zweckgemeinschaft bildeten, begann also mit Verspätung.

Der Eindruck von Bundestrainer Martin Heuberger – er weilte wie Fußballtorjäger Pierre-Michel Lasogga unter den Zuschauern – dürfte eindeutig ausgefallen sein: An Bitters Fangquote von 33 Prozent konnte Heinevetter (17) bei Weitem nicht heranreichen.

In seiner Ratlosigkeit erinnerte sich Sigurdsson irgendwann daran, dass der VfL Gummersbach den HSV vor vier Jahren mit einer offensiven Drei-drei-Abwehr um die Meisterschaft brachte. Doch diesmal zeigten sich die Hamburger auch darauf vorbereitet. Es gab schlichtweg nichts, was sie überraschen konnte. Außer vielleicht sie sich selbst: Der häufig neben sich stehende Zarko Markovic wusste mit neun Toren zu glänzen. So viele hatte Davor Dominikovic zuvor in der ganzen Saison geworfen – diesmal traf er allein viermal.

Wenn später am Abend einige das Wort Meisterschaft aufgeschnappt haben wollen, wäre das kein Skandal. Der Rückstand auf die Konkurrenz ist nach dem Spieltag zwar nicht geringer geworden, aber es gehört gar nicht einmal so viel Fantasie dazu sich vorzustellen, wie er noch aufgeholt werden kann. Ganz und gar unvorstellbar ist dagegen, dass dieser HSV am Sonntag (18.45 Uhr, Sporthalle Hamburg/Eurosport) gegen Vardar Skopje nach dem 28:28 im Hinspiel den Einzug ins Viertelfinale der Champions League verpassen könnte.

Tore, HSV: Markovic 9, Duvnjak 7, Djordjic 5, Dominikovic 4, Nilsson 4, Canellas 4 (1 Siebenmeter), Jansen 3, Schröder 2, Mahé 1; Berlin: Igropulo 7 (5), Romero 6, Wiede 5, Nielsen 5, Löffler 2, Thümmler 2, Zachrisson 2, Petersen 2 (2), Richwien 1. Schiedsrichter: Geipel/Helbig (Teutschenthal/Landsberg). Zuschauer: 9068.