Hamburgs Top-Spieler spricht im Interview mit dem Abendblatt über den Champions-League-Triumph der HSV-Handballer und seine weiterhin ungeklärte Zukunft bei den Norddeutschen.

Hamburg. Domagoj Duvnjak, 25, fliegt am Sonnabendmorgen "nach zwei herrlichen Sonnentagen auf Mallorca" mit den HSV-Handballern nach Frankfurt zurück. Um 16.30 Uhr bestreiten die Hamburger (5.) beim Tabellenneunten Melsungen ihr letztes Saisonspiel. Am Sonntagnachmittag darf auf dem Rathausmarkt noch einmal der Champions-League-Sieg vom vergangenen Sonntag in Köln gefeiert werden. Um 15 Uhr empfängt Bürgermeister Olaf Scholz das Team auf dem Rathausbalkon. Das Festprogramm auf dem Rathausmarkt beginnt um 13 Uhr, Hamburg 1 berichtet von 14 bis 17 Uhr live. "Das sind Tage zum Genießen", sagt Duvnjak, "ich bin stolz und glücklich, was wir geleistet haben."

Der Kroate, der schon mit 16 für seinen Heimatklub RK Dakovo in der Ersten Liga auflief, gilt als derzeit bester Handballer der Welt. Er hat lukrative Angebote mehrerer europäischer Spitzenclubs. Sein Vertrag läuft 2014 nach fünf Jahren aus. Bleibt er darüber hinaus beim HSV? "Es gibt noch keine Entscheidung", sagt Duvnjak.

Hamburger Abendblatt: Herr Duvnjak, Sie haben mal gesagt, Ihr liebstes Hobby sei Schlafen. Wie war es um den in den vergangenen tollen Tagen bestellt?

Domagoj Duvnjak: An Schlaf war nach unserem Champions-League-Sieg natürlich wenig zu denken. Das war die schönste Woche meines Lebens. Um ein Missverständnis auszuräumen: Ich schlafe zwar gern und viel, aber wenn die Kollegen losziehen, bin ich dabei.

Ihr Trainer Martin Schwalb bezeichnet Sie dennoch als seinen Musterprofi.

Duvnjak: Das freut mich. Handball zu spielen bereitet mir das allergrößte Vergnügen. Und wenn man fit ist, macht es noch einmal so viel Spaß. Also halte ich mich fit. Das Wichtigste in unserem Job ist, gesund zu bleiben. Und ich hatte das Glück, dass ich in dieser Saison, die wegen der vielen internationalen Turniere ja zwei Jahre dauerte, von Verletzungen verschont geblieben bin.

Für Ihre überragenden Leistungen sind Sie von den Trainern und Managern der Handball-Bundesliga als bester Spieler der Saison ausgezeichnet worden.

Duvnjak: Das war am vergangenen Mittwoch vor unserem Spiel gegen den TBV Lemgo ein bewegender Moment für mich. Ich habe geweint. Mein ganzes Leben ist mir in diesem Augenblick durch den Kopf geschossen. Und dann hat mich das Hamburger Publikum auch noch minutenlang gefeiert. Ich hatte Gänsehaut. Ich habe eine tiefe Dankbarkeit gespürt für alle, die mir geholfen haben. Besonders danke ich unserem Trainer, unserer Mannschaft. Ohne sie wäre ich nicht das, was ich bin.

Umgekehrt wird eher ein Schuh daraus.

Duvnjak: Im Mannschaftssport bleibt der Einzelne immer nur ein Teil des Ganzen. Allein gegen alle - das funktioniert nicht. Zum Glück!

Beim Handball sind Sie ein gefeierter Star, außerhalb des Spielfeldes haben Sie diese Rolle noch nicht angenommen. Sind Sie dafür zu bescheiden?

Duvnjak: Was wollen Sie von mir?

Mehr Präsenz in der Öffentlichkeit, in den Medien, im Fernsehen.

Duvnjak: Ich bin vor vier Jahren als 21-Jähriger nach Hamburg in ein fremdes Land gekommen, kannte die Sprache nicht, nicht die Kultur, wusste nicht einmal genau, wie man hier einkauft oder seine Rechnungen für die Wohnung bezahlt. Das war zwei Jahre lang ein anstrengender Lernprozess für mich. Heute spreche ich Deutsch, finde mich in Deutschland inzwischen ganz gut zurecht. Meine wichtigste Sprache aber bleibt der Handball.

Dann erklären Sie uns bitte, warum der HSV Hamburg eine derart wechselhafte Saison gespielt hat.

Duvnjak: Auch wenn es für Sie bescheuert klingen mag: Wir haben eine perfekte Saison gespielt! Wir sind Champions-League-Sieger. Als ich in Köln die Trophäe in den Händen hielt, musste ich jedoch dauernd daran denken, wie mühsam wir uns für diesen Wettbewerb qualifiziert haben. Diese Bilder wollten mir nicht aus dem Kopf gehen. Beim Wildcard-Turnier im vergangenen September in Saint-Raphaël waren wir praktisch schon ausgeschieden, wir lagen fünf Minuten vor Schluss mit vier Toren im Rückstand. Dann haben wir das Spiel noch gedreht, nicht das einzige in dieser Saison. Okay, in der Bundesliga hatten wir manchmal unsere Probleme. Da sind wir nur Fünfter.

Was sind die Gründe für diese Unbeständigkeit Ihres Teams?

Duvnjak: Unsere vielen Verletzten. Wir haben oft nur mit vier gegen vier trainieren können. Vor dem Final Four der Champions League waren aber bei uns alle Spieler einigermaßen fit. Wir haben uns neun Tage lang intensiv vorbereiten können. Das hat sich voll ausgezahlt.

Ihr Titelhunger dürfte kaum gestillt sein.

Duvnjak: Ich will in meiner Laufbahn so viel gewinnen wie möglich, im Verein und mit der Nationalmannschaft. Für Kroatien zu spielen bedeutet mir sehr viel. Wenn ich unsere Nationalhymne höre, geht mir immer noch das Herz auf.

Eine Frage können wir Ihnen zum Schluss nicht ersparen.

Duvnjak: Sie wollen jetzt sicher wissen, ob ich beim HSV bleibe.

Ja!

Duvnjak: Ich habe hier noch einen Vertrag bis Mitte 2014. Die nächste Saison spiele ich auf jeden Fall in Hamburg. Das wird eine interessante Herausforderung mit einer neuen, jüngeren Mannschaft. Ich freue mich darauf.

Und danach?

Duvnjak: Ich habe viele interessante Angebote aus dem In- wie aus dem Ausland. Wir werden sehen, was passiert.

Was spricht für den HSV?

Duvnjak: Sehr viel. Der Verein, die Menschen hier, die Fans, die Arena, die Stadt - und Julia. Sie ist meine kleine Mutter (die Deutschkroatin Julia Ninic, 35, arbeitet seit zehn Jahren für den Verein im Marketingbereich, die Red.).

Wann treffen Sie Ihre Entscheidung?

Duvnjak: Jetzt will ich erst einmal den Champions-League-Sieg genießen. Am Montag fliege ich zur kroatischen Nationalmannschaft. Wir haben noch zwei Qualifikationsspiele für die EM 2014 und wollen Gruppensieger werden.

HSV-Präsident Rudolph möchte, dass die Angelegenheit Anfang Juli geklärt ist.

Duvnjak: Ich setze mir da keine Frist.

Es gibt Gerüchte, Sie hätten schon bei einem anderen Club unterschrieben.

Duvnjak: Das stimmt nicht.