Verein gewinnt vor dem Landgericht Hamburg einen Rechtsstreit mit dem Vermarkter Kentaro. Der hat bislang erst 673.650 Euro überwiesen - 3.450.350 Euro muss er noch zahlen.

Hamburg. Große Siege auf dem Spielfeld konnten die HSV-Handballer in dieser Saison bislang nur wenige feiern. Am Freitag gelang dem deutschen Meister von 2011 nun ein wichtiger Erfolg vor dem Landgericht Hamburg. Im Rechtsstreit mit Vermarkter Kentaro gab der Vorsitzende Richter Helge Knudsen der Betriebsgesellschaft des Handballclubs in allen Punkten recht. Bei seiner Urteilsverkündung in Raum B225 des Ziviljustizgebäudes am Sievekingplatz stellte Knudsen fest, dass der vom 1. April 2010 bis zum 31. März 2015 laufende Vertrag zwischen dem HSV Hamburg und der Kentaro GmbH wirksam war und wirksam bleibt, rechtmäßig zustande gekommen ist und auch nicht neu angepasst werden muss.

Aus dieser Vereinbarung stehen dem Verein über die Laufzeit von fünf Jahren insgesamt 4,124 Millionen Euro zu. Kentaro hat bislang 673.650 Euro überwiesen, 3.450.350 Euro muss das Unternehmen demnach noch bis zum Vertragsende an den HSV zahlen. Aktuell fällig sind 687.225 Euro plus acht Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz, der momentan um die null Prozent liegt. Diese Summe, entschied Knudsen, kann vorläufig vollstreckt werden, also noch vor Rechtskraft des Urteils, weil der HSV Hamburg sonst in Gefahr geriete, seinen eigenen Zahlungen nicht mehr nachkommen zu können.

Den drohenden Liquiditätsengpass hatte der ehemalige Präsident Andreas Rudolph in den vergangenen Monaten mit einem großzügigen Darlehen behoben. Zudem streckte noch eine weitere Person dem Verein Geld vor - im Vorgriff auf die erwarteten Einnahmen aus dem Dauerkartenverkauf für die kommende Bundesligaspielzeit.

Kentaro kann gegen den Richterspruch innerhalb eines Monats Berufung einlegen. Dann käme es zum Prozess vor dem Oberlandesgericht. Die Kosten des bisherigen Verfahrens muss Kentaro tragen. "Ein Vertrag ist ein Vertrag, und der ist vom Anfang bis zum Ende gültig, wenn er nicht gegen das Gesetz verstößt. Das war meiner Meinung nach nicht der Fall", sagte Knudsen. Vor dem Urteil scheiterten mehrere Vergleichsverhandlungen zwischen den Parteien. Der HSV war zuletzt bereit, gegen eine Einmalzahlung von 800.000 Euro auf weitere Forderungen zu verzichten. Kentaro bot nur 400.000.

Zu den Kunden gehören auch Bayern und Arsenal

Die Kentaro Group, 2003 in London von den Geschäftsführern Philipp Grothe und Philippe Huber gegründet, versteht sich als eine der weltweit führenden internationalen Sportmarketingagenturen. Sie ist vor allem im Fußballgeschäft aktiv. Das Betätigungsfeld reicht von der Vermarktung von Medienrechten für Vereine und Verbände über die Organisation von Spielen und Turnieren bis zur Spielerberatung.

Zu den Kunden gehören Topvereine wie der FC Bayern, AC Mailand, Amsterdam und Arsenal, die Verbände Englands, Italiens, Frankreichs, Argentiniens und Brasiliens sowie diverse Nachwuchsprofis. Kentaro unterhält Niederlassungen in Großbritannien, der Schweiz, Schweden, Brasilien, den USA und Deutschland. Das Hamburger Büro hat den Schwerpunkt weltweite Rechtevermarktung.

Kentaro hatte sich 2010 im Kontrakt mit dem HSV verpflichtet, dem Verein jährlich eine bestimmte Mindestsumme zu zahlen, unabhängig davon, ob die Firma in dieser Höhe auch entsprechende Werbe- und Sponsorenverträge abschließen kann. Im Gegenzug waren Provisionen von bis zu 35 Prozent vereinbart worden.

Vermarktungspotenzial offenbar überschätzt

Kentaro erhielt vom HSV ein exklusives, angeblich 1,25 Millionen Euro wertes Rechtepaket, das neun Punkte umfasste: von Werbeflächen am und auf dem Spielfeld bis zum Akquirieren von Mitgliedern für den Silber- und Goldclub. Für die Saison 2010/2011 garantierte der Vermarkter dem HSV 750.000 Euro an Einnahmen, für die nächste 787.000, für die laufende Serie 825.000, für die kommende 862.000 und für die Spielzeit 2014/2015 genau 900.000 Euro.

Kentaro hatte offenbar das Vermarktungspotenzial des damaligen Vizemeisters überschätzt. In der ersten Saison konnte die Agentur nur für 224.000 Euro neue Kunden gewinnen. Kentaro klagte darüber, der HSV hätte eine nicht marktgerechte Preisliste vorgelegt, stellte daraufhin seine Aktivitäten und die vereinbarten Ratenzahlungen ein.

Die Firma hätte indes gewarnt sein müssen. Vorgänger kick and rush, die Agentur des ehemaligen HSV-Fußballprofis Stefan Schnoor, hatte 2009 mit den HSV-Handballern einen exklusiven Vermarktungsvertrag bis 2014 geschlossen. Ein halbes Jahr später meldete kick and rush Insolvenz an. Diesmal dürfte der HSV das für die Deckung des 7,6-Millionen-Euro-Etats dringend benötigte Geld erhalten. Hinter der deutschen Kentaro GmbH steht die finanzstarke Mutter-AG in der Schweiz.