Matthias Rudolph, Präsident der HSV-Handballer, über neue Strukturen und die gute Perspektive. Am Montag gegen Hannover im DHB-Pokal.

Hamburg. Die HSV-Handballer bangen vor dem Pokalviertelfinale an diesem Montag (19.30 Uhr, Sporthalle Hamburg, Krochmannstraße 55) gegen den Bundesligakonkurrenten TSV Hannover-Burgdorf um Spielmacher Michael Kraus. Der 29-Jährige fehlte am Sonntagnachmittag beim Abschlusstraining wegen Rückenbeschwerden. Der Rest der Mannschaft ist einsatzfähig, erstmals auch der Schwede Oscar Carlén nach zwei Jahren Verletzungspause wegen zweier Kreuzbandrisse. "Hannover ist die Überraschungsmannschaft dieser Saison. Das wird ein schwerer Pokalfight. Wir wollen aber mit aller Macht ins Final Four, also werden wir gewinnen", sagt HSV-Trainer Martin Schwalb. Vor dem richtungweisenden Spiel sprach das Abendblatt mit Vereinspräsident Matthias Rudolph, 55.

Hamburger Abendblatt: Herr Rudolph, 40 Tage waren die HSV-Handballer nicht im Einsatz, dennoch sind für das Pokalviertelfinale gegen den Bundesligafünften Hannover bislang nicht einmal 3000 Karten verkauft. Sind Sie enttäuscht?

Matthias Rudolph: Nicht enttäuscht, erstaunt. Wir wären jetzt schon glücklich, wenn 3000 Zuschauer kämen. Wir hatten auf eine ausverkaufte Halle gehofft, also mit rund 4100 Besuchern.

Haben die HSV-Handballer beim Publikum an Attraktivität verloren?

Rudolph: Dafür gibt es bei fast 6000 Dauerkarteninhabern keine Anzeichen. Eine starke emotionale Bindung an den Club besteht weiter. Ich sehe zwei andere Probleme: Erstens: die Größe der Stadt. Wenn ich in einem Außenbezirk wohne, bin ich nach dem Spiel nicht vor halb elf zu Hause. Das scheinen viele an einem Montagabend am Anfang einer Woche nicht auf sich nehmen zu wollen. Zweitens: Es herrscht eine gewisse Eventmüdigkeit und Bequemlichkeit. Die ist in vielen Sportarten und in vielen Ländern zu beobachten. Auch in den USA sind selbst attraktive Footballspiele längst nicht mehr ausverkauft.

Was bedeutet diese Erkenntnis für Ihre künftigen Budgetplanungen?

Rudolph: Wir müssen vorsichtiger kalkulieren. Allerdings gehe ich davon aus, dass bei einem Einzugsgebiet von zwei Millionen Menschen bei entsprechendem sportlichem Erfolg in der Bundesliga ein Zuschauerschnitt von mehr als 10.000 weiter möglich sein sollte. Nur rechnen dürfen wir nicht mehr mit ihm. Im Gegensatz zum Fußball, den vor allem Sponsoren und Fernsehen bezahlen, bleiben für uns die Zuschauereinnahmen ein wichtiger Etatposten.

Sie haben Ende vergangenen Jahres Ihre Handball Betriebsgesellschaft in eine GmbH & Co. KG umgewandelt. Was erhoffen Sie sich davon?

Rudolph: Wir wollen sicherstellen, dass der HSV Handball noch in 20 Jahren eine Erfolgsgeschichte ist. Dafür ist es wichtig, die finanzielle Abhängigkeit von einer Person, bislang war das ja mein Bruder Andreas, strukturell zu verringern und den Club für Investoren zu öffnen. Wir laden die Stadt, ihre Unternehmer und alle Persönlichkeiten Hamburgs ein, ein Teil des HSV Handballs zu werden und damit zu garantieren, dass hier weiter über Jahre attraktiver Spitzensport angeboten werden kann. Hamburg steht im Wettstreit mit anderen Städten um Betriebe und Arbeitskräfte. Spitzensport ist ein weicher Standortfaktor. Den gilt es für die Stadt und ihre Menschen zu erhalten.

Haben Sie die ersten neuen Kommanditisten gefunden - neben Ihnen und dem Club, der laut Bundesliga-Spielordnung 25,1 Prozent der Anteile halten muss?

Rudolph: Wir haben das Projekt ja gerade erst gestartet. Ich bin sehr optimistisch, dass wir bald weitere potente Partner präsentieren können.

Sportlicher Erfolg wäre dafür hilfreich.

Rudolph: Den hatten wir auch zuletzt, nur nicht in dem von uns gewünschten Maße. Mit der Rückkehr der Verletzten werden wir in den nächsten Wochen hoffentlich ein ganz anderes Team sehen. Wir haben das Potenzial, den Pokal oder die Champions League zu gewinnen oder um zumindest eine wichtige Rolle in diesen Wettbewerben zu spielen.

Steht das Team für die nächste Saison?

Rudolph: Das Gerüst. Wir sind noch auf der Suche nach einem abwehrstarken Linksaußen und verhandeln mit dem VfL Gummersbach über einen vorzeitigen Wechsel von Kentin Mahé.

Vorzeitig abgeben wollen Sie Torhüter Dan Beutler und Michael "Mimi" Kraus.

Rudolph: Nicht wir wollen die beiden abgeben, sondern beide haben andere Pläne. Von "Mimis" Rückkehr im Juli nach Göppingen gehe ich aus, bei Dan hängt es an ihm, wie er seine persönliche Situation bewertet. Seine Familie zieht es bekanntlich nach Schweden.

Wann verlängern Sie den Vertrag mit Domagoj Duvnjak, dem derzeit wahrscheinlich besten Handballer der Welt?

Rudolph: "Dule" hat uns versichert, dass er gern weiter für uns spielen will, auch über 2014 hinaus. Es geht ihm dabei nicht in erster Linie ums Geld, auch um die sportliche Perspektive. Die bieten wir ihm. Finanziell werden wir uns für ihn so weit strecken, wie wir es verantworten können. Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass er bei uns bleibt.