WM-Debütant Bosnien-Herzegowina hat das selbstgesteckte Ziel Achtelfinale verpasst. Für das 0:1 gegen Nigeria machen Edin Dzeko und seine Kollegen den Schiedsrichter verantwortlich.

Cuiaba. Edin Dzeko kochte vor Wut und hatte den Schuldigen für das Vorrunden-Aus von WM-Neuling Bosnien-Herzegowina schnell gefunden. „Der Schiedsrichter war eine Schande für diesen Wettkampf. Wir fahren nach Hause. Wir sind traurig darüber. Aber ich denke, der Schiedsrichter sollte nach Hause fahren, denn er hat das Resultat verändert, er hat das Spiel verändert. Deswegen haben wir verloren“, wetterte der einstige Bundesliga-Torschützenkönig nach dem bitteren 0:1 (0:1) gegen Afrikameister Nigeria in Cuiaba im Neonlicht des Stadioninneren gegen den neuseeländischen Referee Peter O'Leary.

Ähnlich war die Reaktion in der Heimat. „Diebstahl in Cuiaba“, schrieb die Zeitung „Dnevni Avaz“. Keine Spur von Selbstkritik nach dem recht dürftigen Auftritt, stattdessen habe O'Leary bei zwei Schlüsselszenen Bosnien um den Traum vom Achtelfinale gebracht. „Wir haben nach dem Tor versucht, zurückzukommen. Davor war offensichtlich ein Foul an unserem Kapitän. Und als ich das Tor geschossen habe, war das niemals Abseits“, ergänzte der Angreifer von Manchester City.

Zumindest bei Dzekos nicht gegebenem Tor wegen Abseitsstellung in der 21. Minute lag er mit seiner Kritik richtig. Das Siegtor der Nigerianer durch Peter Odemwingie (29.) hätte Dzeko, der in der Nachspielzeit noch den Pfosten traf, aber auch durchaus seinem Kapitän Emir Spahic anlasten können. Der Leverkusener Verteidiger ließ sich bei der kraftvollen Vorarbeit von Emmanuel Emenike doch relativ einfach überrumpeln. So war vor 40.499 Zuschauern in der Arena Pantanal die zweite Niederlage in Gruppe F für den WM-Neuling nach dem 1:2 gegen Spitzenreiter Argentinien besiegelt.

Dzekos Mannschaftskollegen waren zwar der gleichen Meinung, äußerten sich aber moderater. „Ich habe zwei Szenen im Kopf. Die erste ist, als die das Tor gemacht haben, pfeift der eine oder andere Schiedsrichter auch Foul. Und die zweite ist das Tor von Dzeko, das ganz klar regulär war“, befand der Stuttgarter Vedad Ibisevic.

Ähnlich äußerte sich der Hoffenheimer Sejad Salihovic, der wie Ibisevic nach knapp einer Stunde eingewechselt wurde. Doch haben sich die Bosnier ihr vorzeitiges WM-Aus auch selbst zuzuschreiben. Mit geradezu fataler Beharrlichkeit hielten sie an ihrem Matchplan fest, stereotyp durch die Mitte auf Dzeko zu spielen. Für die Nigerianer mit ihrer in Tornähe geschickt verdichteten Abwehr war das leicht zu verteidigen. Und im Vorwärtsgang spielte der Afrikameister auf den Flügeln seine Eins-gegen-Eins-Stärken aus und ließ die vergleichsweise behäbigen Bosnier alt aussehen. „Wir wussten, sie würden stark sein, aber sie haben uns mit ihrer Geschwindigkeit und ihren Bewegungen überrascht. Sie haben Angriffsfußball gespielt, sie wollten wirklich gewinnen“, sagte Bosniens Trainer Safet Susic.

Der Coach verzichtete im Gegensatz zu Dzeko auf eine Schiedsrichter-Schelte und suchte die Gründe für das Scheitern im eigenen Lager: „Wenn die meisten nicht auf ihrem normalen Level spielen, ist es schwer für uns zu gewinnen.“ Die Nigerianer wirkten gedanklich schneller und körperlich spritziger. Sejad Salihovic hatte dafür eine einfache Erklärung parat. „Ich glaube, die waren frischer im Kopf, weil sie 1:0 geführt haben“, sagte der Mittelfeldspieler angesichts von 30 Grad Celsius und 50 Prozent Luftfeuchtigkeit.

In der Kabine seien alle „niedergeschlagen, enttäuscht und still“ gewesen, berichtete Susic. Doch wenig später war zumindest verbal der Kampfgeist mit Blick auf das letzte Gruppenspiel gegen den Iran wiederbelebt. „Noch ein Spiel zu genießen bei der WM, muss eine Ehre sein. Deswegen müssen wir auch Gas geben“, sagte Ibisevic. Und Salihovic versprach: „Wir sind es uns selber schuldig, da eine gute Leistung zu bringen. Für uns, für unsere Fans, für unser Land.“