Der ehemalige Leverkusener Arturo Vidal ist Chiles große Hoffnung für die WM. Der Profi von Juventus Turin ist zu einem der besten Mittelfeldspieler der Welt gereift. Vidal weiß um seine Stärke.

Cuiabà. An mangelndem Selbstbewusstsein wird es dem chilenischen Superstar Arturo Vidal vor dem ersten Gruppenspiel am Freitag (0 Uhr/ZDF) in Cuiabá gegen Australien nicht scheitern. „Ich bin in dieser Rolle der Beste, weil keiner so gut wie ich verteidigt und zudem auch noch so viele Tore schießt“, sagte der defensive Mittelfeldspieler von Juventus Turin zuletzt in einem Interview der Sport Bild.

Ernsthafte Konkurrenten auf seiner Position? Keine! „Es gibt viele Spieler, die auf dieser Position versuchen, so zu spielen wie ich - und mich ein bisschen imitieren“, ergänzte er. Punkt.

Doch den großen Worten ließ der 27-Jährige auch Taten folgen. Der ehemalige Leverkusener befindet sich in der Form seines Lebens. Aus dem vielversprechenden Talent, das vom chilenischen Topklub Colo Colo 2007 nach Deutschland wechselte, ist einer der dominierenden Mittelfeldspieler der Welt geworden. Elf Tore und fünf Vorlagen als Mittelfeldspieler in der Serie A sprechen eine deutliche Sprache.

Chile bangt um Vidal

Doch vor dem so wichtigen WM-Auftakt gegen Außenseiter Australien bangt Geheimfavorit Chile um das operierte rechte Knie des Superstars. Der Mittelfeldspieler von Juventus Turin nahm erst am Mittwoch das Teamtraining wieder auf, nachdem er zuvor wegen einer Entzündung die Belastung dosieren musste.

Es wäre ein herber Rückschlag für die hoch gehandelten Südamerikaner, sollte der ehemalige Leverkusener ausfallen. Denn gegen die „Socceroos“ zählt für „La Roja“ nur eins: ein Sieg. Ohne drei Punkte zum Auftakt würden sich die Chancen auf ein Weiterkommen drastisch verschlechtern, schließlich geht es in den übrigen Gruppenspielen gegen Titelverteidiger Spanien und den WM-Zweiten Niederlande.

„Wir können mit jedem auf Augenhöhe mitspielen“, sagte Trainer Jorge Sampaoli, der sich in den vergangenen Monaten mit seinem Team den Status des Geheimfavoriten und den Respekt der Gegner hart erarbeitet hat. Ein 2:2 gegen Spanien, ein 2:0-Sieg in England - und auch die DFB-Auswahl musste bei ihrem schmeichelhaften 1:0-Erfolg die Stärke der Chilenen anerkennen.

„Es gibt nur ganz wenige Mannschaften, die taktisch so variabel spielen wie Chile“, sagte Bundestrainer Joachim Löw. Gegen die Deutschen überzeugten sie vor allem mit ihrem aggressiven und intelligenten Pressing, scheiterten aber an der Chancenverwertung. Auch das Verteidigen am eigenen Strafraum ist nicht das Glanzstück des Teams.

Australier mögen Außenseiterrolle

Die australische Nationalmannschaft fühlt sich in der Rolle des Außenseiter wohl. „Es ist in Ordnung, wenn uns die Leute nicht so viel Aufmerksamkeit schenken. Der Druck und die Erwartungen an Chile sind enorm“, sagte Trainer Ange Postecoglo vor dem Duell gegen den Geheimfavoriten aus Südamerika.

Australien ist mit Platz 62 in der Fifa-Weltrangliste der am schlechtesten platzierte WM-Teilnehmer. „Es ist eine harte Gruppe, aber wir sind ein Land, das sich mit den besten Teams messen will“, sagte Postecoglo: „Niederlande, Spanien, Chile - das ist die Art von Fußball, die wir auch spielen wollen. Das Schöne an der Gruppe ist, dass es fantastischen Fußball geben wird.“

Beim Geheimfavoriten aus Chile ist „Krieger“ Vidal die zentrale Figur im Mannschaftsgefüge. Er ist Antreiber und Anführer. Mit seiner körperlich robusten Art und seinem Spielverständnis einer der Spieler, an denen sich die anderen orientieren.

„Sechser wie ihn gibt es nur ganz wenige: flexibel, tödlich im Strafraum und schlau bei der Balleroberung“, sagte Chiles argentinischer Nationaltrainer Jorge Sampaoli über seinen Star: „Er ist als Persönlichkeit sehr wichtig für uns.“

Keine gute Vorbereitung für Vidal

Doch die Vorbereitung auf die WM lief alles andere als gut. Tagelang konnte der 27-Jährige nicht mit der Mannschaft trainieren, das Anfang Mai operierte Knie des Mittelfeldstars von Juventus Turin machte nach einer Entzündung Probleme. So konzentrierte sich in seiner Heimat auch ein Großteil der Berichterstattung auf das „Knie der Nation“. Selbst Staatspräsidentin Michelle Bachelet ließ ihre Genesungswünsche ausrichten.

Ungeachtet der Blessur wird Vidal nach seinen Leistungen mit den Topadressen im internationalen Vereinsfußball in Verbindung gebracht wird. Champions-League-Sieger Real Madrid soll angeblich bereits sein, 50 Millionen Euro für den Chilenen zu zahlen.

Auch Manchester United scheint interessiert, das kolportierte Angebot soll sich in der gleichen Größenordnung bewegen wie das der Königlichen. „Als er noch bei Leverkusen war, wollte ich Vidal immer kaufen. Aber er ging zu Juventus“, sagte der neue ManUnited-Teammanager Louis van Gaal, der damals bei Bayern München in der Verantwortung gewesen war.

Möglicherweise will van Gaal aber auch nur noch ein bisschen Unruhe in die chilenische Mannschaft bringen. Als Noch-Bondscoach muss er in der starken Gruppe B mit den Niederlanden gegen Chile antreten. Ein auch psychisch nicht ganz auf der Höhe spielender Vidal käme ihm da bestimmt recht.