Für sich genommen sind eine Fußball-WM und Sex unbestritten schöne Dinge, doch zusammen passt es nicht – zumindest für die Spieler. Die Nationaltrainer tun sich auch in Brasilien mit dem Thema schwer.

Fortaleza. Sex bei der WM? Für Lucien Laurent war das 1930 noch keine Streit-Frage. Der Torschütze des allerersten WM-Treffers feierte mit seinen französischen Teamkollegen den 4:1-Sieg gegen Mexiko in einem Bordell in Montevideo. „Es gab ein gigantisches Sauerkraut mit Speck und Würsten“, sagte Laurent einmal, „dazu Champagner.“ Und für den ein oder anderen sicher auch Sex.

Solche „Auswärtsspiele“ mit der ganzen Mannschaft sind zwar in der heutigen Welt, die medial bis in die dunkelsten Ecken ausgeleuchtet ist, undenkbar, doch die Bedürfnisse sind gleich geblieben. Die Nationaltrainer müssen sich also auch bei der WM in Brasilien mit dem heiklen Thema „Damenbesuch“ befassen.

Im deutschen WM-Quartier „Campo Bahia“ bleiben die Frauen draußen. „Völlig zu Recht“, schrieb Cathy Fischer, Freundin von Innenverteidiger Mats Hummels, in ihrer Bild-Kolumne: „Die Jungs sind schließlich dort, um den Titel zu holen.“ Ganz ohne den Austausch von Zärtlichkeiten müssen Hummels und Co. aber nicht auskommen: „Wir Frauen dürfen die Spieler hoffentlich nach gewonnenen Spielen sehen.“

Scolari befürchtet Verletzungen

Brasiliens Nationaltrainer Luiz Felipe Scolari hat nichts gegen Sex während der WM - aber bitte nur normalen! Es gäbe „bestimmte Sex-Formen, bestimmte Arten und andere Menschen, die Akrobatik vollführen“, sagte Scolari: „Damit bin ich nicht einverstanden.“

Ganz so weit hergeholt ist Scolaris Sorge gar nicht. In einer britischen Studie von 2010 gab jeder dritte Befragte zu, sich beim Geschlechtsverkehr schon mal verletzt zu haben. Die angegebenen Blessuren lassen jeden Profi-Fußballer aufschrecken: gezerrte Muskeln, Hexenschuss, ja sogar Knochenbrüche.

Mexikos Nationalcoach Miguel Herrera hofft daher, dass sich seine Spieler in Enthaltsamkeit üben. „Bisher ist noch niemand nach 40 Tagen Abstinenz gestorben“, sagt Herrera: „Ich werde nur an Fußball denken, und ich hoffe, die Jungs werden dasselbe tun.“

Prof. Dr. Ingo Froböse hält diese Einstellung aus wissenschaftlicher Sicht für falsch. Der Leiter des Zentrums für Gesundheit durch Sport und Bewegung an der Deutschen Sporthochschule in Köln sagte: „Bei der Regeneration des Körpers kann Sex ungemein helfen. Die Dauer-Anspannung, die viele Fußballer bei so einem Turnier haben, fällt dann viel leichter ab.“

Am Spieltag selbst könne Sex aber kontraproduktiv sein, warnte der Fitness-Experte. Fußball-Ikone Pelé, der Werbung für eine Viagra-Pille macht, meinte dazu: „Die Dauer des Warm-ups ist entscheidend...“

Italiens Nationalcoach Cesare Prandelli hofft auch auf die positive Sex-Wirkung: „Die Frauen können Stress und Anspannung reduzieren.“ Belgiens Auswahltrainer Marc Wilmots setzt den Damenbesuch indirekt sogar als Erfolgsprämie ein: „Vor dem Halbfinale will ich niemanden sehen.“

Alles in allem tun sich die Nationaltrainer aber schwer mit dem heiklen Thema „Sex während der WM“. Das war auch früher schon so. Die Meinung von Ex-Bundestrainer Berti Vogts zum Beispiel war: „Das können meine Spieler halten wie sie wollen. Nur in der Halbzeit, da geht nichts!“