Im Trainingslager des FC St. Pauli schwitzen die Profis nach den Vorgaben einer CD. Die sportliche Leitung sucht jetzt intensiv nach Neuzugängen.

Barsinghausen. "Level six - three", schallt es über den Trainingsplatz, wenige Sekunden später folgt ein elektronisches Signal, das die Wanderer im nahe gelegenen Wald eher ein Autoscooter-Fahrgeschäft statt eines Fußballfelds hinter den Bäumen vermuten lässt. "Level six - four", befiehlt die Stimme kurz darauf, dann folgt wieder der Quizshow-Buzzer. Des Rätsels Lösung steht neben dem Platz auf einem weißen Plastiktisch: Aus den Boxen eines CD-Spielers tönen die Geräusche, die die Stille im Fuchsbachtal durchbrechen und den schwitzenden Spielern die Laufgeschwindigkeit diktieren. Mit steigendem Level werden die Intervalle zwischen den akustischen Signalen kürzer, was für die Profis des FC St. Pauli eine unangenehme Konsequenz bedeutet: schneller laufen!

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Mit weniger Spielern, aber verstärkter elektronischer Unterstützung macht sich der Hamburger Zweitligist fit für die kommende Saison. Unter der Anleitung des neuen Athletiktrainers Timo Rosenberg führt Chefcoach André Schubert erstmals computergestützte Einheiten durch. Der "Shuttle Run Test" gibt den Takt vor, "Acentas" liefert den Trainern die aktuellen Pulsfrequenzen der Spieler auf den am Spielfeldrand postierten Laptop, demnächst sollen die Informationen auf einem kleinen Tablet-PC direkt in der Hosentasche abrufbar werden. Daten und Zahlen, die direkt auf den Trainingsprozess Einfluss nehmen können. "Das ist sehr interessant und wichtig für die Trainingssteuerung", sagt Schubert, "aber die Wissenschaft ist nicht alles."

Ob mit oder ohne Technik - für die Spieler ist diese Woche die körperlich anspruchsvollste des gesamten Jahres. Um 7.45 Uhr begann am gestern Morgen das erste von insgesamt zwei Trainingslagern der Vorbereitung. Schubert bat zum Lauf vor dem Frühstück. Die erste Übungseinheit war nach mehr als zwei Stunden erst um 12.15 Uhr beendet, und am Nachmittag wartete der "Shuttle Run Test" mit neun Levels und jeweils mindestens zehn Abstufungen. "Ja, Trainingslager tut weh, da schmerzen an jedem Abend die Knochen", weiß Schubert, der seinerseits Grund zum Klagen hätte, die aktuelle Situation aber - wie seine Spieler - zumindest öffentlich ohne Lamentieren hinnimmt: "Mit nur 14 Feldspielern habe ich auch noch kein Trainingslager gemacht", kommentiert der Trainer die ungewohnt übersichtliche Trainingsbeteiligung und formuliert einen Wunsch: "Je schneller ein Trainer seine Spieler zusammenhat, desto mehr freut er sich."

Mindestens drei Spieler sollen noch verpflichtet werden, sollten zwei potente Außenverteidiger gefunden werden, sogar vier. Sportdirektor Rachid Azzouzi weiß um die Bedürfnisse des Trainers und beobachtet den Trainingsbetrieb stets mit dem Smartphone am Ohr, unterrichtet Schubert sogar in den Trainingspausen von den aktuellen Entwicklungen. Das emsige Treiben geht über die Außenlinie hinaus, die Intensität steigt in allen Bereichen.

"Wir wollen keine Schnellschüsse. Und die Jungs, die da sind, haben in der Sommerpause jedenfalls sehr gut gearbeitet. Wir werden früher als geplant in den Schnellkraftbereich und den mannschaftstaktischen Bereich reingehen können", lobt Schubert, dessen erster Ansprechpartner in den Tagen von Barsinghausen zunächst aber Rosenberg bleibt. Allerdings sollte der Athletiktrainer gut auf seine Hilfsmittel achtgeben. "Es kann passieren, dass diese CD auf mysteriöse Weise verschwindet", sagt Torwart Benedikt Pliquett mit einem Grinsen - wenn auch mit einem gequälten.