Nach dem 0:4 gegen Karlsruhe ist beim FC St. Pauli vor dem DFB-Pokalspiel gegen Dortmund keine Euphorie zu spüren

Hamburg. Zwei Tage vor dem DFB-Pokalspiel gegen Borussia Dortmund (Dienstag, 20.30 Uhr) war auf dem Trainingsgelände des FC St. Pauli am Sonntag nur noch wenig von Vorfreude oder gar Euphorie im Hinblick auf den vermeintlichen Saisonhöhepunkt zu spüren. Vielmehr bestimmten ernste Mienen und offenkundige Ratlosigkeit das Bild. Die 0:4-Heimniederlage am Sonnabend gegen den zuvor in vier Spielen sieglosen Karlsruher SC hatte Spuren hinterlassen. Daran ändern konnte noch nicht einmal die Tatsache etwas, dass auch der prominente Pokalgegner Dortmund nach dem eigenen 0:1 gegen Hannover 96 zumindest in der Bundesliga weiter in einer tiefen, sportlichen Krise steckt.

Vergeblich suchten die St. Paulianer auch am Sonntag noch nach einer plausiblen Erklärung dafür, warum die Mannschaft nach einem durchaus ansehnlichen Beginn angesichts des Gegentors zum 0:1 durch den Japaner Hiroki Yamada völlig aus der Bahn geworfen wurde. In der Folge war zunächst kaum noch etwas von der erfolgreichen Spielweise zu sehen, die zu den jüngsten Heimsiegen gegen Braunschweig (1:0) und gegen Union Berlin (3:0) geführt hatte. „Meine Spieler müssen begreifen, dass das Spiel nicht verloren ist, wenn man in der 18. Minute das 0:1 hinnehmen muss. Gerade unser Millerntor-Stadion ist eine der wenigen Arenen in der Liga, in der man mit der Hilfe der Fans ein Spiel umdrehen kann“, sagte St. Paulis Trainer Thomas Meggle. „Uns fehlte der absolute Wille und das Selbstvertrauen. Anscheinend sind wir doch noch nicht so weit, wie wir zuvor nach den sieben Punkten in drei Spielen gedacht hatten“, sagte Meggle.

„Bei mir ist die Vorfreude auf das Pokalspiel gegen Dortmund auf jeden Fall sehr getrübt“, sagte St. Paulis Innenverteidiger Lasse Sobiech, der im Alter von zwölf Jahren aus Schwerte in die Jugendabteilung des BVB gewechselt war und Jahre später auch mit den Dortmunder Bundesligaprofis trainiert hatte. „Es fuchst mich, und ich finde es total ätzend, dass wir jetzt ausgerechnet vor diesem Pokalhit in zwei Ligaspielen hintereinander keinen Punkt geholt haben. Ich könnte immer noch kotzen“, sagte Sobiech am Sonntag.

Auch Mittelfeldspieler Florian Kringe, der sich die Partie gegen Karlsruhe bis zur 72. Minute von außen ansehen konnte, ehe er eingewechselt wurde, befand: „Es ist unverständlich, dass wir nach dem Gegentor, das überhaupt der erste Torschuss der Karlsruher war, so den Faden verloren haben. Eigentlich haben wir eine klare Linie, wie wir unser Spiel aufziehen wollen. Aber wir haben es nach dem Rückstand viel zu sehr mit der Brechstange versucht. Die Niederlage in dieser Höhe ist einfach nur bitter, das war ein gebrauchter Tag für uns.“

Dies traf ganz speziell auch auf Kapitän und Innenverteidiger Sören Gonther zu. Nachdem er wochenlang wegen Verletzung und Erkrankung ausgefallen war, stand er gegen den KSC erstmals seit dem 1. September wieder in der Startelf. Vor dem Spiel war Trainer Thomas Meggle noch zuversichtlich gewesen, dass der 27 Jahre alte Gonther die fehlende Spielpraxis mit seiner Routine werde kompensieren können. Davon konnte im Nachhinein keine Rede mehr sein. „Das war heute mein schlechtestes Spiel, seit ich beim FC St. Pauli bin“, sagte Gonther später selbst. Beim ersten Gegentor rutschte der Ball durch seine Beine, vor dem Treffer zum 0:2 durch den Ex-St.-Paulianer Rouwen Hennings sprang Gonther am Ball vorbei, anstatt ihn zurück ins Mittelfeld zu köpfen. „Ich habe mich fit gefühlt, es war aber ein rabenschwarzer Tag. Ich habe nicht nur bei dem zweiten Gegentor, sondern auch noch danach mehrmals die falschen Entscheidungen getroffen“, sagte er.

Trainer Meggle hätte am Sonnabend aber auch kaum Alternativen auf der zweiten Innenverteidiger-Position neben Lasse Sobiech gehabt. Philipp Ziereis, der zuletzt Gonther vertreten hatte, war wegen seiner fünften Gelben Karte gesperrt, Markus Thorandt stand wegen einer Knieblessur nicht im Kader, und Jan-Philipp Kalla hatte wie Gonther in den vergangenen Wochen wegen Verletzung und Krankheit kein Spiel bestritten. Viel besser wird die Lage im Übrigen nicht werden. Für das nächste Zweitligaspiel am kommenden Sonnabend ist nun Sobiech wegen der fünften Gelben Karte gesperrt.

Nach den Zweitligaspielen am Sonntag fiel der FC St. Pauli mit weiterhin elf Punkten auf den 16. Tabellenplatz zurück. Schlechter sind nur noch der VfR Aalen (zehn) und der selbsternannte Meisterschaftsanwärter 1860 München (neun). Punktgleich mit St. Pauli sind noch Frankfurt, Aue und Sandhausen. In diesem Vergleich spricht die schlechteste Tordifferenz der Liga (minus neun) gegen die Hamburger. So gesehen war es am Sonnabend fatal, dass die Mannschaft in der Schlussphase komplett einbrach und die Treffer zum 0:3 und 0:4 zuließ. Da tröstete es auch nicht, dass Karlsruhes Trainer Markus Kauczinski generös einräumte, der Sieg seines Teams sei wohl „um ein Tor zu hoch ausgefallen“.