St. Paulis Kultprofi bleibt beim 1:0 gegen Hannover im dritten Spiel als Interimstrainer ungeschlagen

Hamburg. Die Zeiten für U23-Trainer der beiden tonangebenden Vereine in unserer Hansestadt könnten nicht besser sein. Der HSV setzt auf Joe Zinnbauer, St. Pauli auf Thomas Meggle. Beide Übungsleiter erwarben sich ihre Meriten auf der Trainerbank bei den zweiten Mannschaften in der Regionalliga Nord. So wie nun Fabian Boll. St. Paulis Publikumsliebling beendete mit der U23 durch ein 1:0 über Hannover II den Heimfluch an der neuen Heimspielstätte Norderstedt, wo es bisher drei Niederlagen setzte. Der eingewechselte Kwasi Wriedt traf in der 81. Minute zum etwas glücklichen Dreier.

Die Geschichte könnte perfekt sein. Schließlich sind alle Zutaten für das nächste Märchen da. Boll holte aus seinen ersten drei Spielen als Interimstrainer sieben Punkte. Die Genehmigung vom Norddeutschen Fußball-Verband, die ihm erlaubt, das Team bis zum Winter ohne A-Lizenz zu trainieren, liegt vor. Wriedt lobte die Motivationskünste des St.-Pauli-Urgesteins und bekannte, „zu ihm aufzuschauen wie zu Thomas Meggle“. Die Mannschaft kämpfte zuvor auf dem Feld, als ginge es um ihr Leben, rettete nach zwei Verletzungen und erschöpftem Auswechselkontingent mit neun Mann den Sieg.

Die logische Schlussfolgerung in diesem Geschäft heißt nun eigentlich: Boll muss die U23 St. Paulis übernehmen. Nur möchte er nicht. Noch nicht. „Ich bin in einer Ausnahmesituation“, sagte der 35-Jährige.

Seine Arbeit als Polizeikommissar, die Organisation seines Abschiedsspiels, der Erwerb der B-Lizenz als Trainer und der Job als U23-Coach – alles zusammen ist zu viel. „Die Familie leidet sehr darunter“, so Boll. „Es sind turbulente Tage. Ich mache das alles gerne, möchte aber zunächst wieder ins zweite Glied.“ Eben Co-Trainer sein.

„Dein Fehler ist: Du bist zu erfolgreich“, parierte St. Paulis Liga-Obmann Hermann Klauck. Um dann ernsthaft von der intensiven Suche nach einem neuen U23-Trainer zu sprechen. Gespräche laufen. „Bis zum Winter soll es nicht dauern“, versprach Klauck. So könnte Bolls vorerst letzte Partie als Chef das Derby beim HSV II am 4. Oktober sein. „Da spiele ich noch mal“, sagte der Kultprofi augenzwinkernd. Zuzutrauen wäre es ihm.