Desolate Defensivleistung führt zum 0:3 beim Zweitliga-Schlusslicht Erzgebirge Aue. Trainer Meggle grübelt nach Abpfiff noch lange auf der Tribüne

Aue. Die 9400 Zuschauer im Erzgebirgsstadion waren aufgestanden, spendeten minutenlang Beifall für ihre Mannschaft. Mit einer kämpferisch und spielerisch einwandfreien Leistung hatte Erzgebirge Aue soeben den ersten Sieg der Saison eingefahren. All die Tugenden und die nötigen Erfolgserlebnisse, die St. Paulis Trainer Thomas Meggle erhofft hatte, fielen an diesem Freitagabend dem Gastgeber zu.

Regungslos war der für zwei Spiele gesperrte Coach auf der Pressetribüne zusammengesackt, saß noch zehn Minuten nach dem Abpfiff grübelnd dort, während die vorbeigehenden Auer Fans ihn mit guten Wünschen per Handschlag verabschiedeten und um Fotos baten. Mit 0:3 (0:1) hatte sein Team die als Wendepunkt auserkorene Partie zuvor verloren und ist jetzt im Abstiegskampf der Zweiten Liga angekommen. „Hier 0:3 zu verlieren, ist eine Katastrophe für uns“, bewertete Mittelfeldspieler Dennis Daube das Geschehen kurz und prägnant. „Es ist zu früh, jetzt schon Panik zu machen“, sagte dagegen Innenverteidiger Markus Thorandt.

Meggle hatte in Aue auf genau jene Elf vertraut, die eine Woche zuvor bei seinem Debüt trotz kämpferisch einwandfreier Leistung 1:2 gegen 1860 München verloren hatte. Auch die angeschlagenen Lennart Thy, Florian Kringe und Dennis Daube gehörten zur Startelf. Meggle hatte angekündigt, sie sollten sich, „so lange wie es geht, reinhauen“. Mittelfelddribbler Marc Rzatkowski und Stürmer Ante Budimir mussten somit erneut auf die Bank.

Meggle hatte sich um kurz vor 18 Uhr von seiner Mannschaft verabschiedet, die letzte Ansprache bereits im Hotel gehalten. Die ersten zehn Spielminuten hatte er anschließend in der Nähe des Spielfeldrandes am Tribünenaufgang angesehen, sich dann einen Platz auf der Pressetribüne gesucht. Von dort verfolgte der 39-Jährige die Partie mit stoischer Ruhe, machte sich viele Notizen. Nach 22 Minuten spendete er nach einer Chance von Kringe Applaus.

Die Hamburger kamen bereits nach vier Minuten zum ersten Abschluss durch Stürmer John Verhoek. Weitere vier Minuten später gab der Niederländer einen weiteren Warnschuss ab. Aue übernahm, angetrieben von den Zuschauern, in der Folge jedoch die Spielkontrolle, drängte St. Pauli weit in die eigene Hälfte. Um den Strafraum herum produzierte die Hintermannschaft zu viele Freistöße, die Aue mit den groß gewachsenen Vucur, Paulus, Klingbeil und Löning jedoch zunächst nutzte.

Erst von der 22. Minute an bekamen die Kiezkicker wieder mehr Zugriff, erspielten sich durch Daube, Kringe (beide 22.), Christopher Nöthe (29.) und Michael Görlitz (31.) zahlreiche gute Möglichkeiten. „In der ersten Hälfte hätte das Spiel eine andere Wendung nehmen können, wenn wir eine unserer sehr guten Torchancen genutzt hätten“, kommentierte Meggle später.

In einer Phase, in der die Verunsicherung bei den mit fünf Niederlagen gestarteten Gastgebern zurückkam, versäumte die von Co-Trainer Timo Schultz im grauen Totenkopf-Pullover gecoachte Elf den verdienten Führungstreffer. So konnte Aues stets gefährlicher Angreifer Frank Löning nach 41 Minuten für den nächsten Nackenschlag sorgen. Thy, der ob der Personalsorgen erst zum zweiten Mal Rechtsverteidiger spielte, unterlief ein schwerer Fehler im Strafraum, Mike Könnecke konnte den Ball zu Löning durchstecken, der auch begünstigt durch einen Stellungsfehler von Thorandt zum 1:0 einschob. „Bis dahin hatten wir alles im Griff. Das Tor war ein Rückschlag. Am Ende fehlten uns Kraft und Substanz“, sagte Torwart Tschauner.

Nach dem Seitenwechsel verloren die Gäste zunehmend die Ordnung und bekamen die umtriebigen Auer Offensivspieler kaum noch in den Griff. Löning verlud Daube mit einer einfachen Körpertäuschung, beim Zuspiel auf Benatelli bekamen Thorandt und Ziereis keinen Zugriff – das 0:2 (56.). Das Innenverteidiger-Duo stand auch in der 69. Minute im Fokus. Benatelli steckte nach einem Ballverlust von Thorandt diesmal für Romario Kortzorg durch, Ziereis war erneut nicht handlungsschnell genug, sodass der Angreifer zum 3:0 abschließen durfte. „In der zweiten Hälfte hat man gesehen, dass mit den Nackenschlägen die Köpfe nach unten gingen. Das ist ein Thema, das wir abstellen müssen“, erklärte er. Schon in vier Tagen hat seine Elf im Heimspiel gegen Eintracht Braunschweig dazu die nächste Chance _ noch einmal mit Meggle auf der Tribüne.