Der FC St. Pauli präsentiert sich beim 0:3 in Fürth in einem desolaten Zustand. Sportchef Azzouzi: „Wir werden die Lage in Ruhe analysieren“.

Fürth. Immer wieder tigerte Roland Vrabec vor der Ersatzbank auf und ab, schrie auf das Spielfeld und gestikulierte. Der Cheftrainer des FC St. Pauli wirkte verärgert und verzweifelt über das, was seine Mannschaft am Montagabend auf dem Rasen des Fürther Stadions am Laubenweg zeigte. Am Ende stand eine hochverdiente 0:3 (0:2)-Niederlage gegen die SpVgg Greuther Fürth. Die erhoffte Leistungssteigerung seines Teams war ausgeblieben.

„Es klingt blöd, aber es war unser bestes Saisonspiel. Die Moral hat gestimmt, aber wir haben uns keine Torchance erarbeitet, und die Gegentore darf man so nicht fangen“, sagte Vrabec. Nach nur vier Punkten aus den ersten vier Spielen und der zuletzt schon immer lauter gewordenen Kritik droht dem Coach nun möglicherweise schon recht schnell die Entlassung. „Die Trainerdiskussion lässt mich nicht kalt, und ich kann sie zu diesem Zeitpunkt auch nicht nachvollziehen, aber damit muss ich umgehen“, sagte er.

Kurzfristig hatte Vrabec auf Außenverteidiger Sebastian Schachten verzichten müssen, der sich im Abschlusstraining eine Bauchmuskelzerrung zugezogen hatte. An seiner Stelle rückte der frühere Fürther Bernd Nehrig in die Startelf, nachdem er zuvor beim 2:1-Heimsieg gegen den SV Sandhausen nicht zum Einsatz gekommen war. Mehr noch: Nehrig gehörte zu den Kandidaten, die St. Pauli in der Schlussphase der Transferperiode noch abgegeben hätte, wenn sich denn ein interessierter Club gefunden hätte. Doch weder für Nehrig noch für Tom Trybull oder John Verhoek gab es entsprechende Anfragen, so dass der Kiezclub seinen Kader bis zum Ende der Transferperiode am Montag nicht mehr reduzierte.

Weitere Veränderungen in der Startelf gegenüber dem Sandhausen-Spiel waren der durchaus erwartete Einsatz von Michael Görlitz anstelle von Sebastian Maier sowie überraschenderweise die Tatsache, dass Philipp Ziereis im defensiven Mittelfeld den Vorzug vor Jan-Philipp Kalla erhielt. Dagegen blieb der Mitte vergangener Woche kurzfristig vom 1. FC Kaiserslautern verpflichtete Enis Alushi zunächst auf der Reservebank.

Rund eine Viertelstunde lang schaffte es St. Pauli, den in der Zweiten Liga heimstarken Fürthern das Leben schwer zu machen. Marc Rzatkowski deutete in der sechsten Minute mit dem ersten Torschuss des Spiels ein wenig Gefahr an. Das Kommando auf dem Spielfeld übernahm aber fortan Greuther Fürth. Dabei scheiterten zunächst noch Niko Gießelmann (14.) mit einem Freistoß und Kacper Przybylko (16.) an St. Paulis Torwart Philipp Tschauner, der schon unmittelbar danach chancenlos gewesen wäre, wenn Gießelmann nicht nach einer Ecke freistehend rechts am Tor vorbeigeschossen hätte.

Doch für die Abwehr des FC St. Pauli schienen diese hochkarätigen Chancen noch nicht Warnung genug gewesen zu sein. Im Gegenteil: Nach dem identischen Muster fielen innerhalb von nur zwei Minuten die entscheidenden Gegentore. Beim 0:1 (21.) durfte Fürths Außenverteidiger Gießelmann ungestört von links in die Mitte des Hamburger Strafraums flanken. Dort stieg Mittelstürmer Przybylko unbedrängt hoch und beförderte den Ball per Kopf wie selbstverständlich ins Tor.

In der 23. Minute flankte Marco Stiepermann von der linken Seite, in der Mitte lief Innenverteidiger Zsolt Korcsmar in Position und setzte den Ball ebenfalls per Kopf zum 2:0 ins Netz. Bei diesen Aktionen wurde auf St. Paulis rechter Abwehrseite der verletzte Außenverteidiger Schachten schmerzlich vermisst. Und in der Abwehrmitte war erschreckend, dass die vermeintlich so kopfballstarken Innenverteidiger Lasse Sobiech und Sören Gonther im Luftkampf klar bezwungen wurden. Nach diesem Doppelschlag wirkten nahezu alle St. Paulianer derart geschockt, dass ihnen zum Teil einfachste Dinge misslangen. Christopher Nöthe rannte mit dem Ball am Fuß ins Seitenaus, Rzatkowski spielte einen Pass über 15 Meter drei Meter zu hoch und damit ebenfalls ins Seitenaus.

In der Halbzeitpause musste Kapitän Gonther mit einer kurz zuvor erlittenen Verletzung des Brustkorbs in der Kabine bleiben. Er wurde sogar zur Untersuchung ins Krankenhaus gefahren. Für ihn kam Alushi ins Spiel. So musste der Neuzugang aus nächster Nähe miterleben, wie Nehrig einen Freistoß verursachte. Es passte ins Bild, dass Florian Trinks den Ball aus halblinker Position so gut traf, dass er sich in einer hohen Flugbahn so ins rechte obere Toreck senkte, dass Tschauner keine echte Abwehrchance hatte – 3:0 (52.). Spätestens jetzt war das Spiel entschieden. Das Schlimmste daran: St. Pauli hatte im gesamten Spiel keine Situation, die man ernsthaft als Torchance hätte bezeichnen können.