St. Paulis Kapitän Sören Gonther spricht über das Spielsystem und das Verhältnis zu Chefcoach Roland Vrabec

Hamburg. Das Training am Montag musste Sören Gonther, 27, vorzeitig abbrechen und sich am rechten Knie bandagieren lassen. Am Dienstag ließ sich der Kapitän des FC St. Pauli im Trainingszentrum an der Kollaustraße behandeln, stellte sich danach aber dennoch den aktuellen Fragen. Im Abendblatt spricht Gonther über ...

... seine Knieverletzung:

„Am Montag war ich schon ein bisschen besorgt, als ich in einem Zweikampf mit dem Knie weggekickt bin und ich danach ein leichtes Instabilitätsgefühl hatte. Aber die Kernspintomografie hat ergeben, dass nichts kaputt ist. Jetzt wollen wir zusehen, dass die Reizung wieder rauskommt. Spätestens am Donnerstag kann ich wieder trainieren. Ich denke, es besteht keine Gefahr, dass ich das Pokalspiel in Rathenow verpasse.“

... die aktuelle sportliche Situation:

„Nach zwei Spielen mit einem Punkt dazustehen ist nicht das, was wir uns gewünscht haben. Und unser Auftritt beim 0:2 in Aalen war ganz sicher so nicht zu akzeptieren. Das wissen wir selbst. Jetzt müssen wir uns eine Woche lang auf die Fresse hauen lassen, aber gleichzeitig im Training weiter Gas geben. Wir wissen, dass wir im Training die Dinge sehr gut umsetzen. Wie ich direkt nach dem Spiel schon gesagt habe, finde ich es auch jetzt noch, nachdem ich mir das Spiel auch noch einmal angeschaut habe, unerklärlich und schwer zu begreifen, dass wir so viele individuelle Fehler gemacht haben. Wir müssen jetzt den Schalter umlegen, dass es am Wochenende am besten klappt und vielleicht dafür im Training ein bisschen schlechter.“

... das DFB-Pokalspiel am Sonnabend beim Fünftligisten Optik Rathenow:

„Wir haben jetzt eine Pokalaufgabe vor Augen, die bewältigt werden muss – und zwar egal wie. Nur das haben wir jetzt auf dem Schirm und denken noch nicht an das nächste Zweitligaspiel gegen Sandhausen. In den vergangenen Jahren haben wir uns im Pokal ja auch nicht mit Ruhm bekleckert.“

... den Eindruck von Sportdirektor Rachid Azzouzi, dass die Aalener Spieler spritziger und leichtfüßiger wirkten:

„Wenn einem der Gegner am Anfang des Spiels so den Schneid abkauft und man dann auch noch in Rückstand gerät, muss man als Mannschaft erst einmal durchpusten. Das wiederum gibt dem Gegner zusätzlich Auftrieb. Dann sieht es so aus, dass beim anderen Team alles funktioniert und die Spieler schneller sind als wir. Im Endeffekt hat es den Aalenern in die Karten gespielt, dass sie früh in Führung gegangen sind. Sie konnten sich dann bis zur Mittellinie zurückziehen und dort auf unsere Fehler warten, die wir dann ja auch gemacht haben. Dann sehen wir blöd aus, wenn wir mit acht Leuten vor dem Ball sind und ihn verlieren, sodass der Gegner mit vier Mann auf unser Tor rennt.“

... das von Trainer Roland Vrabec favorisierte und praktizierte Spielsystem 4-4-2 flach:

„In der vergangenen Saison haben wir lange mit der Rautenformation im Mittelfeld gespielt, haben dann damit gerade in den Heimspielen auch Probleme bekommen. Ich denke, unser Kader ist absolut prädestiniert für ein 4-4-2 flach. Meine persönliche Meinung ist, dass dies die beste Formation überhaupt ist. Schon in Paderborn habe ich gern so gespielt. Ich finde diese Diskussion ist jetzt auch fehl am Platz. Richtig ist allerdings, dass wir im Moment in diesem System ein, zwei Fehler zu viel machen. Deshalb kommt der Gegner auch zu Chancen, weil das eine Rädchen noch nicht ins andere greift, wie es soll. Aber dass jemand generell mit dem System nicht klarkommt oder sich nicht wohl fühlt, ist Käse.“

... das von Trainer Vrabec angedeutete Gefühl, in Aalen von der Mannschaft im Stich gelassen worden zu sein, und den Verdacht, womöglich gegen den Trainer zu spielen:

„Ich habe noch nie erlebt, dass eine Mannschaft gegen den Trainer gespielt hat – in keinem Team, in dem ich gespielt habe, und bei keinem anderen. Ich finde solche Formulierungen sehr suspekt. Schließlich spielt jeder Einzelne nicht nur für den Trainer, sondern auch für sich. Jeder will Erfolg haben, und für jeden geht es auch ums Geld. Ich glaube einfach nicht, dass jemand absichtlich schlecht spielt, nur damit er den Trainer los wird.“

... den Zeitpunkt der harten Kritik:

„Wir haben erst den zweiten Spieltag hinter uns. Vor einem Jahr war nach zwei Spielen der SC Paderborn Tabellenletzter mit null Punkten und 0:5 Toren. Nach neun Spieltagen stand Trainer André Breitenreiter vor der Entlassung. Jetzt spielt Paderborn in der Ersten Bundesliga. Ich will damit nicht sagen, dass wir denselben Weg gehen werden. Aber was unsere Mannschaft auf jeden Fall hat, ist ohne Ende Charakter. Sie wird auch jetzt wieder aufstehen.“