Sechs der jüngsten elf Treffer gingen auf das Konto von Abwehrspielern, nur einmal traf ein Stürmer

Hamburg . St. Paulis Trainer Roland Vrabec sah sich in den vergangenen Wochen mehrmals dazu genötigt, seine Stürmer in Schutz zu nehmen. „Auch wenn sie keine Tore schießen, arbeiten sie sehr viel für die Mannschaft und schaffen Räume. Grundsätzlich sind sowieso alle Spieler dazu eingeladen, Tore zu erzielen“, sagt Vrabec.

Diese Botschaft haben sich ganz besonders die Abwehrspieler des Kiezclubs zu Herzen genommen. Von den insgesamt elf Treffern in den vergangenen neun Saisonspielen in der Zweiten Liga gingen gleich sechs auf das Konto jener Akteure, die im Hauptjob gegnerische Tore verhindern sollen. Vier Treffer steuerten Mittelfeldspieler bei, während aus der Riege der nominellen Stürmer lediglich Lennart Thy beim 2:0-Auswärtssieg der St. Paulianer in Düsseldorf den zweiten Treffer erzielte.

In den vergangenen Wochen hat insbesondere Sebastian Schachten seinen Torjäger-Instinkt entdeckt. Der 29-Jährige hat gleich drei der jüngsten neun Treffer des FC St. Pauli erzielt. „Es gibt im Fußball kein schöneres Gefühl, als wenn der Ball im Netz zappelt“, sagt er und fleht – nicht ganz ernst gemeint – darum, dass ihn der Trainer doch als Stürmer aufstellen solle. Dazu wird es nicht kommen. Längst hat ihm Vrabec eine Stammplatzgarantie als Außenverteidiger gegeben. „Von dort habe ich immer den weitesten Weg zum Tor“, frotzelt der laufstarke Schachten. So frei zum Schuss wie bei seinem Treffer in Sandhausen, als er eine Flanke von Marcel Halstenberg per Volleyschuss verwertete, dürfte er als Stürmer kaum kommen.

Innenverteidiger Sören Gonther, dem in Sandhausen mit einem Kopfball sein erstes Tor für den FC St. Pauli überhaupt gelungen war, nachdem er zuvor ungezählte Male bei Standardsituationen einen Treffer knapp verpasst hatte, hat derweil schon ein Angebot für einen Positionswechsel bekommen. „Nach dem Sieg in Sandhausen hat mich John Verhoek gefragt, ob ich gegen Kaiserslautern nicht neben ihm spielen möchte“, erzählte er. Da Verhoeks Sturmpartner Christopher Nöthe wegen der fünften Gelben Karte im Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern am Freitagabend (18.30 Uhr) gesperrt ist, ist eine Position im Angriff frei. Doch Gonther lehnte bereits dankend ab, schließlich ist er ein stabiler Faktor in der Innenverteidigung.

Gleichzeitig aber sagt er ganz im Sinne seines Trainers: „Bei uns ist keinem verboten, Tore zu schießen. Manchmal macht das ja sogar auch unser Torwart.“ Damit spielte Gonther auf den Kopfballtreffer von Schlussmann Philipp Tschauner in der vergangenen Saison gegen den SC Paderborn (2:2) an, mit dem er für sein Team einen Punkt rettete. Weitere Abwehrspieler des FC St. Pauli mit Torerfolgen sind in dieser Spielzeit Innenverteidiger Markus Thorandt (2), Jan-Philipp Kalla und Marcel Halstenberg, sodass die gesamte Defensivabteilung auf bisher neun Treffer kommt und damit den Spitzenwert der gesamten Liga vor Fürth (8) innehat.