Verein erhält Merchandisingrechte vom Vermarkter zurück. Allerdings droht Revision vor dem Bundesgerichtshof

Hamburg. Die Seiten des zu Papier gebrachten Urteils könne man inzwischen schon in Zentimetern messen, sagte Richter Schmidt vom Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg (OLG). Nach einem fünfeinhalbjährigen Gerichtsstreit zwischen dem FC St. Pauli und Vermarkter Upsolut gab das OLG am Donnerstagmorgen dem Verein in den entscheidenden Punkten recht, weshalb der Kiezclub mittelfristig auf neue Einnahmen in Millionenhöhe hoffen kann.

Damit ist der Streit um einen 2004 geschlossenen Vertrag mit Upsolut zumindest vorerst entschieden. Vor neun Jahren hatte der damalige Vorstand unter Präsident Corny Littmann die Merchandisingrechte auf 30 Jahre an Upsolut abgetreten. Damals stand der Verein wirtschaftlich vor der Insolvenz, der Kontrakt gehörte zum Rettungspaket. Für den Verein war der Vertrag langfristig indes schädlich. Nach Abendblatt-Informationen liegt der Umsatz mit den Totenkopf- und Vereinsartikeln aktuell bei rund neun Millionen Euro jährlich. St. Pauli erhält davon eine Lizenzgebühr von 20 Prozent vor Steuern und abzüglich aller Betriebskosten. In den vergangenen Jahren waren dies drei bis vier Prozent des Gesamtumsatzes, also nur rund 320.000 Euro.

Die Vereinsführung hält die extrem lange Laufzeit für sittenwidrig. Die damalige finanziell prekäre Lage sei ausgenutzt worden, argumentierten die Kläger stets. Dieser Auffassung schloss sich das OLG jetzt an, der Vertrag wurde auf eine Laufzeit von zehn Jahren verkürzt. Zum 30. Juni 2014 soll der FC St. Pauli die Rechte an den eigenen Fanartikeln komplett zurückerhalten. „Das ist ein erfreuliches Ergebnis für uns und ein wichtiger Schritt für den Verein. Das Urteil zeigt dem Club neue Möglichkeiten im Bereich Merchandising auf“, sagte Geschäftsführer Michael Meeske. Littmann und seine Vertreter waren sich der umfassenden Konsequenzen bei der Unterschrift bewusst, argumentieren hingegen die Vermarkter.

Die Lizenzen für Trikots, T-Shirts, Pullover und andere Fanartikel mit dem Totenkopf oder dem Vereinswappen könnten nun im Sommer neu ausgeschrieben werden. Das Gericht entschied zudem, dass vom Kläger, dem FC St. Pauli, keine Entschädigung an den Beklagten zu zahlen sei. Der Nebenklage auf rückwirkende Aufhebung des zehnjährigen Wettbewerbsverbots wurde nicht entsprochen, St. Pauli behält sich weitere Schritte ebenfalls vor.

Der ursprüngliche Kontrakt zwischen dem damaligen Drittligaclub und Upsolut sollte bis 2034 laufen. Der Vermarkter hält 90 Prozent der Rechte an den Fanartikeln, St. Pauli lediglich zehn Prozent. Der Verein hätte die Rechte nach Ablauf des Vertrages jedoch nur bei einer Zahlung in Höhe der Erlöse der vorangegangenen 36 Monate zurückerhalten. Aktuell wären dies rund drei Millionen Euro. Ansonsten würde sich der Vertrag um weitere 20 Jahre verlängern. Zudem war untersagt worden, eigene Produktlinien, wie beispielsweise die Millerntor-Kollektion, auf den Markt zu bringen.

Dass die jahrelangen Streitigkeiten vor Gericht mit diesem Urteil jedoch beendet sind, ist unwahrscheinlich. Das OLG ließ eine Revision zu, weshalb der Fall nun vor dem Bundesgerichtshof (BGH) landen dürfte. Upsolut-Geschäftsführer Michael Hinz erklärte dem Abendblatt: „Wir warten die Urteilsbegründung ab, tendieren jedoch dazu, Revision einzulegen.“ Bis zum 16. Januar haben die Vermarkter Zeit, die nächsthöhere Instanz einzuschalten. Ein Prozess würde sich dann über mindestens drei weitere Jahre ziehen.

Weil der Fall kartellrechtlich ein Novum darstellt, machte das OLG den Weg frei für eine weitere Beurteilung und öffnete Upsolut somit ein Hintertürchen. Es gilt, die grundsätzliche Frage zu klären, wie lang die Laufzeit eines Lizenzvertrages sein darf. Eine außergerichtliche Einigung zwischen den Parteien war nicht möglich, weil das Gericht stets für eine starke Verkürzung des Vertrages plädierte, somit St. Pauli die bessere Position signalisierte und den Vermarktern kaum Spielraum gelassen hatte. Das für St. Pauli hocherfreuliche Urteil war keine Überraschung mehr.

Wie jedoch die Vermarktung der Fanartikel ab Juli 2014 während eines laufenden Prozesses geregelt werden könnte, ist völlig offen. Sollte St. Pauli die Vermarktung schon ab dem kommenden Sommer in eigene Hände nehmen, drohen Schadenersatzforderungen, falls der BGH das Urteil kassieren sollte. Umgekehrt müsste Upsolut zahlen, sollten sie weiter vermarkten und der BGH das Urteil von Donnerstag bestätigen. St. Paulis Sieg ist somit noch mit einigen Fragezeichen versehen.