St. Pauli sichert sich durch ein 5:1 gegen Braunschweig die Klasse. Marius Ebbers und Florian Bruns verabschieden sich mit jeweils einem Tor.

Hamburg. Florian Bruns wusste auch nicht so recht, wie er das hinbekommen hatte. Dieser Sprint, den er in der 70. Minute in der eigenen Hälfte angezogen hatte, sei wohl sein längster und schnellster Lauf in seiner Zeit beim FC St. Pauli gewesen, gab der Mittelfeldspieler schmunzelnd zu. Die Fans, die gesamte Atmosphäre, die Anspannung des Tages und seine Familie und Freunde im Stadion hätten ihm die entscheidende Kraft gegeben. Bruns' Engagement wurde belohnt. Sein Sprint endete im Strafraum von Eintracht Braunschweig, wo der 33-Jährige den Ball maßgerecht von Fin Bartels in den Lauf gespielt bekam, sich um seinen Gegenspieler drehte und den Ball mit links in die lange Ecke schob. Es war das zwischenzeitliche 4:0 für den FC St. Pauli beim 5:1-Sieg gegen Eintracht Braunschweig. Es war die endgültige Entscheidung des Spiels und gleichbedeutend mit dem sicheren Klassenerhalt. Es war das Tor, das die Saisonabschlussfeier im mit 29.063 Zuschauern ausverkauften Millerntor-Stadion so richtig in Gang brachte - und es war das letzte Tor, das Bruns in diesem Stadion erzielte. Auch der zweite Hauptprotagonist des Nachmittags, Marius Ebbers, der wie Bruns den Verein am Ende der Saison verlassen muss, stand seinem Freund und Mannschaftskollegen in nichts nach und setzte dem perfekten Sonntag die Krone auf. Eingewechselt in der 73. Minute, erzielte der Stürmer drei Minuten vor Schluss ebenfalls sein Abschiedstor. Das 46. für St. Pauli und das 102. Zweitligator seiner nun endenden Karriere.

Mit dem Schlusspfiff regnete es Hunderte Stofftiere in allen Farben und Formen, so wie es sich Ebbers zuvor gewünscht hatte. Die beiden Freunde und Zimmergenossen drehten eine Ehrenrunde und verabschiedeten sich mit Tränen in den Augen und dem Mikrofon in der Hand von den Fans. "Es war immer sensationell hier, egal ob nach Siegen oder Niederlagen, ich werde das nie vergessen", sagte Bruns, der versprach wiederzukommen. Wahrscheinlich sogar in neuer Funktion beim FC St. Pauli. Es gab bereits Gespräche mit Sportdirektor Rachid Azzouzi darüber, wie eine Zukunft für Bruns nach sieben Profijahren im Verein aussehen könnte. Möglicherweise wird der BWL-Student in der U23 spielen und nebenbei ein Trainee-Programm in der Geschäftsstelle durchlaufen. Auch ein Job im Nachwuchsleistungszentrum sei für ihn eine echte Option, so Bruns.

Torhüter Philipp Tschauner, der bei den beiden letzten Toren über den kompletten Platz lief, um den Torschützen zu gratulieren, fasste das Geschehen passend zusammen. "Man muss schon ein sehr guter Regisseur sein, wenn man sich so etwas ausdenken würde. Die Geschichte dieses Spiels ist einfach überragend für ,Ebbe' und ,Flo'. Und so ganz nebenbei haben wir auch noch den Klassenerhalt perfekt gemacht."

In den Feierlichkeiten um Bruns und Ebbers wäre dieser Fakt fast untergegangen. Dabei war vor dem Spiel die Anspannung überall zu spüren. Ein Sieg war Pflicht für die Hamburger, um dem Szenario zu entgehen, am letzten Spieltag beim 1. FC Kaiserslautern noch punkten zu müssen. "Ich habe der Mannschaft gesagt, dass sie einen Mittelweg gehen muss, dass sie einerseits die Nerven im Griff und Geduld haben und andererseits brennen muss", sagte Michel Frontzeck. Die Mannschaft tat ihrem Trainer den Gefallen. Von Beginn an machte St. Pauli den von den Aufstiegsfeiern gezeichneten Braunschweigern klar, dass es ganz schwer für sie werden würde, erstmals in der Zweiten Liga am Millerntor zu gewinnen. St. Pauli war in jedem Zweikampf präsenter und schneller, gewann viele Bälle schon im Mittelfeld, erarbeitete sich Chance um Chance und beruhigte die Nerven aller Beteiligten schon früh. "Ich bin erleichtert", sagte Frontzeck. "Die Mannschaft hat zum wiederholten Mal mit dem Rücken zur Wand eine gute Reaktion gezeigt. So hat es jeder Gegner schwer, dagegenzuhalten", sagte der Coach, der auch den Zuschauern einen großen Anteil am Klassenerhalt zusprach. "Wir haben eine junge Mannschaft und hatten viele personelle Probleme. Die Fans standen aber zu jedem Zeitpunkt hinter der Mannschaft. Das ist nicht selbstverständlich."

Einen großen Anteil hatte auch am Sonntag wieder Daniel Ginczek. Der Stürmer, der den Verein im Sommer ebenfalls verlassen wird, erzielte seine Saisontreffer 16 und 17. "Bereits nach dem 2:0 ist bei mir eine Last abgefallen. Bei uns herrscht eine riesengroße Erleichterung, es war einfach ein großartiger Tag", sagte der Torjäger, der sein "letztes Spiel am Millerntor im Stillen" genoss. "Bei den beiden Kultfiguren stellt man sich gerne hinten an."

So erging es möglicherweise auch anderen Spielern, deren Vertragssituation noch ungeklärt ist. Dazu gehören sowohl die Leihspieler Patrick Funk, Akaki Gogia, Christopher Avevor, Joseph-Claude Gyau als auch Florian Kringe. Der 30-Jährige ist in seinem ersten Jahr zum Leistungsträger geworden, und die sportliche Leitung ist sich darin einig, den ehemaligen Dortmunder halten zu wollen. "Es gibt von beiden Seiten eine eindeutige Tendenz", sagte Frontzeck. Die Planungen für die nächste Saison haben begonnen.

Statistik:

St. Pauli: Tschauner - Funk, Thorandt, Kalla (86. Gonther), Schachten - Kringe, Bruns - Thy (82. Buchtmann), Daube (73. Ebbers), Bartels - Ginczek. Trainer: Frontzeck

Braunschweig: Davari - Kessel, Bicakcic, Dogan, Theuerkauf - Kratz, Pfitzner - Elabdellaoui, Boland (49. Gianluca Korte) - Ademi, Kruppke. Trainer: Lieberknecht

Schiedsrichter: Peter Gagelmann (Bremen)

Tore: 1:0 Ginczek (7.), 2:0 Ginczek (11.), 3:0 Bartels (68.), 4:0 Bruns (70.), 5:0 Ebbers (87.), 5:1 Gianluca Korte (89.)

Zuschauer: 29.063 (ausverkauft)

Gelbe Karten: Bruns, Thorandt (10), Kringe -