Beim FC Liverpool drückten sie zusammen die Schulbank. Beim FC St. Pauli strebt der Spielgestalter nach englischer Härte.

Belek. Am Dienstag ließ Christopher Buchtmann seine Fußballschuhe erstmals seit einer Woche unberührt in seinem Zimmer im Ela Quality Resort Hotel stehen. Nachdem er am Montag im Testspiel gegen Austria Wien (1:0) 80 Minuten mitgewirkt und zum Erfolg beigetragen hatte, durfte er am Dienstagvormittag in der noblen Herberge bleiben und im großzügigen Fitnessraum eine Regenerationseinheit auf dem Ergometer und leichtes Krafttraining absolvieren. Diejenigen Akteure, die tags zuvor gar nicht oder nur kurz gespielt hatten, übten auf dem Trainingsplatz derweil eifrig, Flanken per Kopf zu verwandeln, bis ihnen der Schädel brummte. Für den Nachmittag gab Cheftrainer Michael Frontzeck der gesamten Mannschaft erstmals in diesem Trainingslager komplett frei.

Für den nur 1,75 Meter großen, technisch beschlagenen Mittelfeldspieler ist es das erste Trainingslager, das er mit dem FC St. Pauli absolviert. Erst am 30. August vergangenen Jahres war er ablösefrei vom 1. FC Köln ans Millerntor gekommen. Erlebt hat der erst 20-Jährige in seiner bisherigen sportlichen Karriere aber schon eine ganze Menge. "Der bisherige Höhepunkt war der Gewinn der U17-Europameisterschaft im eigenen Land", sagt Buchtmann. Das war im Mai 2009, er war Stammspieler des deutschen Teams und gab beim 4:0 im Gruppenspiel gegen England gleich zu drei Treffern die Vorlage.

Diese Aufgabe fällt ihm auch beim FC St. Pauli zu. Mit der ambitionierten Nummer 10 auf dem Trikot bekleidet er auch die typische Rolle des "Zehners", also des offensiven, zentralen Mittelfeldspielers, der die Stürmer mit seinen Pässen in Szene setzen oder bei Gelegenheit auch selbst zum Torschuss kommen soll. Seit dem 2:0-Auswärtssieg bei 1860 München am 3. November hat er in allen Pflichtspielen mitgewirkt, zwei Torvorlagen stehen bisher für ihn zu Buche.

Während es andere deutsche Profifußballer gern als Traum bezeichnen, einmal in England zu spielen, hat Buchtmann diese Erfahrung schon in seiner Jugend gemacht. Der gebürtige Mindener ging, als er erst 16 Jahre alt war, in die Nachwuchsabteilung des ruhmreichen FC Liverpool. Er wohnte damals bei einer Gastfamilie. "Es war anfangs schwierig, weil ich nicht so gut Englisch sprechen konnte", sagt er ehrlich. Der Club schickte ihn, wie alle ausländischen Spieler, zum Sprachunterricht. "Dort habe ich gemeinsam mit Fernando Torres gelernt", erinnert er sich - der junge, gebürtige Mindener neben dem spanischen Weltstar.

Der FC Liverpool, für den er nur einmal in der U21-Mannschaft zum Einsatz kam, reichte Buchtmann weiter zum Londoner Club FC Fulham. Hier, in der Millionenmetropole, war er auf sich allein gestellt, ohne Gastfamilie. "Erst war ich im Hotel, dann musste ich mir allein eine Wohnung in London suchen. Das war allein deshalb schwierig, weil ich noch nicht volljährig war", sagt er. So reifte der Entschluss, in die Heimat zurückzukehren.

Über den 1. FC Köln ist Buchtmann nun also beim FC St. Pauli angekommen. Hier spürt er das Vertrauen des Trainers Michael Frontzeck, der ihn im Spiel auch Ecken und Freistöße schießen lässt. Arbeiten muss er noch an seiner körperlichen Robustheit. "Durch die Einheiten mit unserem Fitnesstrainer Timo Rosenberg sind meine Muskeln am Oberkörper zwar noch nicht viel größer, aber schon definierter geworden", sagt Buchtmann.

In England hat er es ohnehin gelernt, mit hartem Einsatz seiner Gegner umzugehen, nach einer Attacke sofort wieder aufzustehen und ohne großes Lamentieren weiterzumachen. "Das gefällt mir dort am Fußball", sagt er. "Aber auch hier geht es ja in der Zweiten Liga manchmal ganz schön zur Sache."