St. Paulis Florian Kringe macht sich in der Hinrunde als Spielgestalter und Ratgeber im defensiven Mittelfeld unverzichtbar.

Hamburg. Florian Kringe hatte alles aus seinem Körper herausgeholt. Bälle abgegrätscht, wichtige Zweikämpfe für sich entschieden und im Spiel nach vorne den Torabschluss gesucht. Ausgepumpt verließ der 30-Jährige unter dem Applaus der Zuschauer in der 78. Minute das Feld, machte Platz für seinen jungen Vertreter Dennis Daube. Wieder einmal hatte der Routinier gegen den 1. FC Kaiserslautern (1:0) am vergangenen Sonnabend seinen neuen Stellenwert im Team des FC St. Pauli unterstrichen.

Ist Kringe fit, hat er in der Elf von Trainer Michael Frontzeck derzeit seinen Platz sicher. 850 Minuten kam er in zwölf Partien in der nun abgeschlossenen Hinrunde zum Einsatz. "Er ist einer, der auch mal auf den Ball treten und Ruhe reinbringen kann", lobt Frontzeck seinen erfahrenen Profi. Die ersten Spiele der Saison hatte er noch glücklos als Rechtsverteidiger bestritten. Eine Position, auf der seine Führungsqualitäten kaum zum Vorschein kamen. Zudem plagten Kringe eine Muskelverletzung, Hüftprobleme und Nackenverspannungen, so dass er drei Begegnungen verpasste. Auch gegen Kaiserlautern bekam er wieder einen Schlag auf die Wade, ließ sich am Mittwoch nach dem Training behandeln. "Das nervt natürlich, wenn man immer wieder nicht normal trainieren kann", sagt er, "aber ich will jetzt alles mitmachen und beiße auf die Zähne."

Seit dem 9. Spieltag gegen Union Berlin (2:2), dem Beginn von St. Paulis Herbstaufschwung, ist Kringe im defensiven Mittelfeld als zentraler Spielgestalter gesetzt. Dreimal in Folge, gegen die Berliner, in Paderborn und gegen Dresden, gab er jeweils entscheidende Torvorlagen, bringt es insgesamt bereits auf vier Assists. "Das ist natürlich schön, dass ich auf meiner Position auch immer wieder in Offensivsituationen komme und so der Mannschaft helfen kann", sagt Kringe. Einzig ein eigener Treffer gelang dem 18-fachen Bundesliga-Torschützen in 19 Torversuchen noch nicht. "Ich war ein paarmal sehr nah dran, aber der Torerfolg wird sich auch noch ergeben", gibt sich Kringe zuversichtlich.

Trotz seines Abschlusspechs verlieh Kringes hervorragende Übersicht St. Paulis Offensivspiel im zweiten Teil der Hinrunde wichtige, zuvor vermisste Impulse. Als Pass- und Taktgeber setzt der Deutsche Meister und Pokalsieger (mit Borussia Dortmund) seine Erfahrung inzwischen gewinnbringend für die jungen Profis eine Reihe vor ihm ein. Gegen Kaiserslautern betrug das Durchschnittsalter der Hamburger Offensive um Christopher Buchtmann, Akaki Gogia, Lennart Thy und Daniel Ginczek nur 20,25 Jahre. Kringes Ansagen sind auf dem Platz gefragt.

Einziges Manko im Spiel des beidfüßigen Strategen ist derzeit die Fitness. Die fehlende Spielpraxis durch lange Pausen nach zwei Mittelfußbrüchen zwischen 2009 und 2011 ist ihm immer noch anzumerken. Ab der 70. Minute ringt Kringe häufig mit sich und seinem Körper. "Es ist normal, dass ich noch konditionelle Probleme habe. Am Anfang hat auch die Handlungsschnelligkeit in Zweikämpfen gefehlt", weiß Kringe, spürt jedoch einen Aufwärtstrend: "Meine Regenerationszeiten werden immer kürzer. Das ergab auch ein Laktattest am Dienstag, nach dem er und seine Kollegen die Hausaufgaben für die bevorstehende Winterpause mitbekamen. Kringe will auch im Urlaub trainieren, setzt neben dem vom Trainerteam auferlegten Plan aufs Surfen als Ausgleichssport. Zuvor warten mit Aue und Ingolstadt jedoch noch die ersten Aufgaben der Rückrunde. Zum Jahresabschluss will der gebürtige Siegener noch zweimal die letzten Prozente aus seinem Körper quetschen. "Eigentlich können wir die Winterpause gerade gar nicht gebrauchen", sagt er lachend angesichts des sportlichen Aufschwungs.