St. Paulis neuer Coach Michael Frontzeck über seine ersten Tage in Hamburg, Sportchef Azzouzi und seine Zeit als arbeitsloser Trainer.

Hamburg. Die ersten Trainingseinheiten sind absolviert, das erste Testspiel ebenfalls. Seit einer Woche steht fest, dass Michael Frontzeck die Mannschaft des FC St. Pauli übernimmt und aus der Krise führen soll. Nach einem Waldlauf mit der Mannschaft, "einer Herausforderung in meinem hohen Alter", wie der 48-Jährige zugab, sprach Frontzeck über ...

... die ersten Tage bei St. Pauli: Es geht erst einmal darum, Abläufe und Mitarbeiter kennen zu lernen. Das ist relativ komplex, aber alle sind sehr hilfreich. Was die Mannschaft angeht, habe ich nichts auszusetzen. Die Bereitschaft, Dinge aufzunehmen und umzusetzen ist da. Die Spieler waren natürlich auch gespannt, wer da kommt, aber einige kenne ich ja auch schon.

... den ersten Sieg gegen Fürth (1:0): Das Ergebnis der Testspiele ist mir nicht wichtig. Allerdings ist es für den Kopf gut, solche Spiele, gerade gegen einen Bundesligisten, zu gewinnen, um mit einem guten Gefühl in die nächste Woche zu gehen. Deswegen werden wir uns auch gut auf das Spiel am Sonnabend in Wien vorbereiten. Gegen Fürth war die Mannschaft bemüht, die Marschroute umzusetzen, sich als Einheit zu präsentieren, die Räume zuzustellen und eng zu stehen. Defensiv war das sehr gut, und ich habe auch ein paar gute Spielzüge gesehen, an denen wir aber auch noch arbeiten müssen. Unterm Strich war es sehr erfreulich.

... die Zeit als arbeitsloser Trainer: Ich bin seit rund 30 Jahren im Profifußball unterwegs, und ich muss sagen: die Auszeit war sehr angenehm. Das Geschäft hat sich stark verändert, und es ist nicht verkehrt, sich das Ganze mal aus der Distanz anzuschauen. Ich war viel unterwegs, habe Spiele in Spanien gesehen, war in Everton und habe mir die dortigen Trainingsbedingungen angeschaut und bei meinem alten Klub Manchester City, wo sich ja doch einiges verändert hat, seit ich 1997 da war. Zwischendurch war ich auch mal beim Eishockey und habe mich über deren Trainingsmethoden informiert und zugeschaut. Außerdem habe ich viel mit der Familie - ich habe ja auch schon zwei erwachsene Kinder - unternommen und Dinge getan, für die sonst die Zeit fehlt. Das habe ich sehr genossen. Zum Beispiel habe ich mir das Wimbledon-Finale angesehen.

...Unruhe: Im Sommer hätte ich gerne eine Mannschaft übernommen und hatte auch Angebote. Es war aber nicht das Richtige dabei. Das hat mich aber nicht beunruhigt. Wir, meine Familie und ich, haben in den 30 Jahren zwar gut gelebt, aber wir haben auch darauf geachtet, dass wir uns etwas aufbauen. Es ist nicht so, dass ich unbedingt arbeiten und Geld verdienen musste. Das hat mir eine gewisse Lockerheit gegeben.

... die Zweite Liga: Ich habe mir hauptsächlich Spiele der Zweiten Liga angeschaut. Als Trainer in der Bundesliga bekommt man von den unteren Ligen weniger mit. Ich habe da schon Fantasien entwickelt, wie ich spielen lassen würde, mir Gedanken gemacht, was ich ändern würde. Letztlich kann man das aber nur beurteilen, wenn man die Mannschaft dann auch im Training sieht und weiß, wie die einzelnen Spieler charakterlich drauf sind.

...Sportdirektor Rachid Azzouzi: Wir haben vor langer Zeit mal gegeneinandergespielt, ansonsten kannten wir uns vorher nicht. Ich finde es gut, dass er nah an der Mannschaft ist, Gespräche führt und sich das Training ansieht. Er ist ein wichtiges Bindeglied zwischen Mannschaft und Verein, und er muss sich ein Bild verschaffen. Ich kenne das gar nicht anders. Außerdem ist Rachid auch Fußballer, und ich setze mich gerne mit Fußballern auseinander. Davon kann man nur profitieren.

... Laster: Ich trinke kein Alkohol, das hat mir nie geschmeckt. Zigaretten sind mein einziges Laster, aber in Maßen. Ich vermeide es, in der Öffentlichkeit zu rauchen. Das ist Privatsache.