Bereits seit fünf Spiele nicht gewonnen: Gegen Union Berlin drehten die Hamburger zwar ein 0:1, kassierten dann aber noch das 2:2.

Hamburg. Thomas Meggle konnte seine Anspannung nicht mehr verbergen. Die Hände hinter dem Kopf verschränkt, stand der Interimstrainer an der Außenlinie vor der Bank und erwartete eine Ecke des eingewechselten Patrick Funk. Es war die 90. Minute, die letzte Chance, aus einem nur halbwegs geglückten einen perfekten Neustart zu machen. Funks Ecke landete an der gegenüberliegenden Eckfahne, und wenige Augenblicke später pfiff der gute Schiedsrichter Bastian Dankert aus Rostock die Partie ab. Der FC St. Pauli hat durch das 2:2 (0:1) gegen Union Berlin die Chance verpasst, sich von vielen Sorgen zu befreien und dem neuen Trainer Michael Frontzeck, der sich das Spiel nicht im Stadion anschaute und erst am Montag seine Arbeit in Hamburg aufnehmen wird, den Einstieg zu erleichtern. St. Pauli setzt sich durch das Unentschieden in der unteren Tabellenregion der Zweiten Liga fest und könnte nach dem Spieltag sogar auf einen Abstiegsrang abrutschen.

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Immerhin zeigte sich die Mannschaft, die Chefcoach Meggle gleich auf sechs Positionen verändert hatte, in einer deutlich besseren Verfassung als in den vergangenen beiden Partien gegen Regensburg (0:3) und Aalen (0:1). Am Ende waren es individuelle Fehler und Unzulänglichkeiten, die einen Sieg verhinderten. "Das ist brutal", sagte der nach einer Grippe genesene Kapitän Fabian Boll. "Wir haben heute alles abgerufen, was St. Pauli ausmacht, haben leidenschaftlich gekämpft." Die Hamburger waren über die 90 Minuten gesehen das bessere Team und hätten den ersten Sieg im fünften Versuch verdient gehabt. Das sah auch Meggle nach seinem vorerst letzten Auftritt als Cheftrainer so: "Der Charakter der Mannschaft hat sich gezeigt. Wir nehmen das Positive aus dem Spiel mit. Wenn wir so weiterarbeiten, dann werden wir auch schnell wieder Spiele gewinnen."

Vor 21.045 Zuschauern im ausverkauften Millerntor-Stadion begann St. Pauli druckvoll, erarbeitete und erspielte sich in der ersten Viertelstunde fünf Eckbälle und kam zu Chancen im Zweiminutentakt. Die größte vergab Mahir Saglik, als er einen Konter überlegt abschloss, aber nur den Pfosten traf. Auf der anderen Seite blieb Union Berlin, das noch nie ein Pflichtspiel am Millerntor gewonnen hatte, stets gefährlich und fand immer wieder kleinere Lücken im braun-weißen Abwehrverbund, sodass sich ein offener Schlagabtausch entwickelte - bis zur 21. Minute. Da versetzte Torsten Mattuschka, das Berliner Urgestein, einen Tag nach seinem 32. Geburtstag der Mannschaft von Thomas Meggle den ersten Nackenschlag. Der schussstarke Mittelfeldmann ließ sich von einer Grätsche von Florian Kringe im Mittelfeld nicht stören, erarbeitete sich einige Meter Freiraum, die ihm auch niemand streitig zu machen versuchte, legte sich den Ball zurecht und versenkte ihn aus 22 Metern trocken im Netz. Torwart Tschauner, der machtlos war, beeilte sich zwar, den Ball schnellstmöglich aus dem Tor zu holen und seinen Vorderleuten gar nicht erst die Zeit zum Hadern zu lassen, doch es half nichts. St. Pauli verlor die Linie und den Zugriff auf die Partie.

Was ein einziges Erfolgserlebnis bewirken kann, zeigte sich dann kurz nach der Pause. Mohr erzielte nach einem Eckball von Kringe mit seinem zweiten Saisontreffer den Ausgleich, was Meggle trotz seines lädierten Knies zu einem langen Sprint von der Bank in die gegnerische Hälfte bewegte. Fortan wurde wieder jeder gewonnene Zweikampf von den Rängen bejubelt, und die Profis des FC St. Pauli fanden die vor dem Spiel viel zitierten St.-Pauli-Tugenden wieder. Sie feuerten sich gegenseitig an, die Zweikämpfe wurden verbissen geführt. St. Pauli war wieder am Drücker - und belohnte sich. Daniel Ginczek spielte einen gefühlvollen Pass in die Schnittstelle der Berliner Abwehr und fand in Fin Bartels einen Abnehmer. Die 2:1-Führung!

Als das Stadion schon die Party zum gelungenen Neustart plante, bekam Markus Thorandt den Ball nicht aus der Gefahrenzone, und Mattuschka sorgte mit einem strammen Schuss für den zweiten Nackenschlag.