Verpatzer Saisonstart: Nach der Niederlage gegen den FSV Frankfurt muss sich der FC St. Pauli auf eine lehrreiche Saison einstellen.

Hamburg. In der Analyse der bitteren 1:2-Niederlage gegen den FSV Frankfurt zeigte Trainer André Schubert sein weiche Seite. In der vergangenen Saison wäre es möglicherweise lauter geworden. Der Trainer hätte seinen Spielern indirekte Vorwürfe gemacht, doch der 41-Jährige ist milder geworden - und nachsichtiger. Kein negatives Wort über Philipp Tschauner, der beim ersten Tor des FSV nicht gut aussah, kein Vorwurf an Daniel Ginczek, der allein drei Treffer hätte erzielen können, oder an Kevin Schindler, der beim 1:2 unter dem Ball hindurchsprang und so erst den Gegentreffer ermöglicht hatte. "Fußballerisch war es das beste Spiel in dieser Saison", sagte der Trainer stattdessen. Schubert blieb sachlich, ruhig, positiv. Es tue ihm einfach nur leid, dass sich die Mannschaft nicht für ihre Leistung belohnt habe, für ihr Engagement und ihre vielen gut herausgespielten Torchancen. "Wir haben viel und teilweise sehr gut kombiniert, sind dadurch drei, vier Mal alleine vor dem Torwart aufgetaucht." Acht Großchancen hatte Schubert gezählt, so viele wie in keinem anderen Spiel dieser Saison. "Jetzt ist es wichtig, dass wir diese Qualität beibehalten", sagte er.

Zu spüren bekommen soll das der VfR Aalen, der morgen (17.30 Uhr) zu Gast am Millerntor ist. Es ist das dritte Spiel innerhalb von acht Tagen - und es wird wieder ein bisschen mehr Aufschluss darüber geben, wohin sich der FC St. Pauli in dieser Saison entwickelt.

Bei nur einem Sieg aus sechs Partien wächst der Druck auf die Mannschaft, Trainer und Sportchef, die gebetsmühlenartig wiederholen, was sie zu Saisonbeginn bereits als Losung ausgegeben haben: Nach dem Umbruch im Sommer wird langfristig gedacht. Schon vor dem Spiel in Frankfurt hatte Schubert betont, dass St. Pauli mit der bisherigen Punktausbeute nichts mit dem Aufstieg zu tun habe und dass allein das Ziel, innerhalb der nächsten drei Jahre wieder in die Bundesliga aufzusteigen, Bestand habe. Nach der Pleite beim FSV wird umso offensichtlicher: Die Mannschaft zu einem Aufstiegskandidaten zu formen wird ein langer Prozess, der unter Umständen in dieser Saison über einen Leidensweg führen könnte.

Die Philosophie der sportlich Verantwortlichen, junge Spieler zu integrieren, zeigt sich deutlich in der Kaderplanung - acht der zwölf Neuzugänge sind 21 Jahre alt oder jünger. Von Erfolg gekrönt ist das Konzept bislang noch nicht. Spieler wie Lennart Thy, Akaki Gogia oder Ginczek zeigten bereits gute Ansätze, sind aber auch aufgrund von Verletzungen noch nicht zu Stützpfeilern des Teams geworden. Dass Ginczek gegen Frankfurt allein das Spiel hätte entscheiden können, es aber nicht tat, war für Schubert Ausdruck der fehlenden Erfahrung. "Wenn das einem Spieler mit Mitte, Ende 20 passiert, dann müsste man sich Gedanken machen, dann wäre es eine Qualitätsfrage, aber so lernen die Jungs dazu."

Das Beispiel Christopher Buchtmann zeigt, dass es der richtige Weg sein kann, auf junge Spieler zu setzen, ihnen Vertrauen einzuflößen und nach und nach mehr Verantwortung zu übertragen. Buchtmann deutete am Freitag an, dass er ein Spieler ist, der für überraschende Momente sorgen und das belebende Element sein kann, das St. Pauli bisher zu oft fehlte. Er ist sehr umtriebig und traut sich auch beim dritten Mal noch einen Risikopass zu, obwohl es zuvor zweimal schiefgegangen ist. "Er hat sehr mutig gespielt", sagte Schubert über den 20-Jährigen, der nach dem Spiel in einem Frankfurter Krankenhaus untersucht wurde. Nach einem Schuss von Gledson, der ihn voll im Gesicht getroffen hatte, wusste er zunächst nicht einmal mehr, dass er zuvor auf dem Platz gestanden hatte. Gestern stellte sich heraus, dass er eine schwere Gehirnerschütterung erlitten hat und sein für morgen geplantes Heimdebüt zunächst verschieben muss.

Ein weiterer Rückschlag für Schubert und seine Mannschaft, die nach dem schlechtesten Zweitligastart seit der Abstiegssaison 2002/03 nun mit dem Druck umgehen muss, insbesondere gegen die beiden Aufsteiger - am Freitag geht es bereits mit dem nächsten Auswärtsspiel in Regensburg weiter - Punkte holen zu müssen. Um weiterhin mit Ruhe daran zu arbeiten, den Leidensweg zu verkürzen.