Der legendäre St.-Pauli-Abwehrrecke lädt Freunde und Weggefährten ins Elysée. Sein Lebenswille ist trotz schwerer Erkrankungen ungebrochen

Hamburg. Richtig Geburtstag gefeiert hat er noch nie. Jetzt aber, zum Sechzigsten, sollen die Korken mit Schmackes knallen. Für die Gäste zumindest. "Es ist mein erster Geburtstag", sagt Walter Frosch nicht nur so dahin. Denn ein kleines Wunder ist es schon, dass er noch unter uns weilt. Nach allem, was er in den vergangenen Jahren durchmachen musste.

Hundert Weggefährten kommen um 11 Uhr zur Sause ins Grand Elysée am Dammtor, Schlusspfiff um 16 Uhr. Klönschnack und jede Menge Anekdoten um das Original, den beinharten Abwehrrecken der 70er- und frühen 80er-Jahre. Erst spielte er bei der Arminia aus Rheingönnheim, einem Vorort seiner Geburtsstadt Ludwigshafen. Später beim SV Alsenborn, dann beim 1. FC Kaiserslautern, von 1976 bis 1982 am Millerntor für den FC St. Pauli, zum Finale der Laufbahn bei Altona 93.

Und wer gesundheitlich so viele Probleme hatte wie Walter Frosch, freut sich schon über Kleinigkeiten. Zum Beispiel, dass er wieder ein bisschen auf den Beinen stehen und seinen Rollstuhl links liegen lassen kann. Oder dass er wieder recht gut reden kann. Über eine Trachealkanüle mit Sprachaufsatz im Kehlkopf, aber immerhin. Zwar will er sich während der Feier zwei oder dreimal auf sein Tageszimmer im Hotel zurückziehen, doch für 90 Minuten plus Verlängerung soll es reichen.

Die Kämpferqualitäten des Geburtstagskindes sind ausgeprägt wie eh und je. Wenn andere Athleten nach Luft japsten und die Auswechslung herbeisehnten, kam der Mann mit der Lockenmähne und dem Schnauzbart gerade erst in Fahrt und pflügte er den Acker rauf und runter. Die Einladung des damaligen Bundestrainers Jupp Derwall für die B-Nationalmannschaft lehnte er mit den Worten ab: "Ein Walter Frosch spielt nur im A-Team oder in der Weltauswahl!" Auch das formte den Kult um den kantigen Kiez-Kicker.

Denn Walter Frosch weiß selbst genau, dass er es ganz schön lange ganz schön hart trieb. Leider nicht nur auf dem Rasen. Dieser extensiven Lust auf barockes Leben muss der gelernte Schornsteinfeger Tribut zollen. Der Krebs hat sich breit gemacht, einen Teil seines Körpers zerstört und jede Menge Schwierigkeiten provoziert. Kehlkopf, Lungen, Nieren, alles ist angegriffen, zerstört oder entfernt. Eines hat die tückische Krankheit nicht beschädigen können: Lebenswille, Humor und positives Denken sind ungebrochen. Trotz 111 Tagen im künstlichen Koma nach schwerer Lungenkrankheit, Blutvergiftung und komplettem Organversagen.

"Froschi" will leben, halbwegs normal. "Ich kann schon wieder 200 Meter gehen", berichtete er, wiegt 62 Kilogramm statt 47 wie noch vor einiger Zeit. Im kommenden Monat wird er erneut am Kehlkopf operiert. Chance 50:50, dass er danach wieder ein bisschen Nahrung auf natürlichem Wege zu sich nehmen kann statt mit der Magensonde. "Das wäre wie'n Sechser im Lotto", motiviert er sich selbst. Den letzten Alkohol konsumierte er vor 15 Jahren, auch die letzte Zigarette ist längst beerdigt. Das nächste Ziel hat er schon im Blick: "Zum 70. Lade ich alle meine Kumpels zur Supersause in die Herbertstraße ein." Zuzutrauen wär's Walter Frosch.