Die linke Abwehrseite des Fußball-Zweitligisten FC St. Pauli ist nicht sattelfest. Im Zentrum der Kritik steht ein 21-Jähriger.

Hamburg. Überdurchschnittliche 24,2 Prozent der abgegebenen Stimmen konnte Die Linke am Sonntag bei der Bundestagswahl im Stadtteil St. Pauli auf sich vereinigen. Ein Wert, den Spötter auch dem aktuellen Leistungsvermögen der Linken (Abwehrseite) beim dort beheimateten FC zuordnen. Doch was in der Politik ein Spitzenergebnis dokumentiert, bedeutet im Sport harsche Kritik. Das 0:1 in Bielefeld war bereits das fünfte Pflichtspieltor in dieser Saison, das über die linke Abwehrseite eingefangen wurde - exakt die Hälfte der insgesamt zehn Gegentreffer (acht in der Zweiten Liga, zwei im Pokal). Schlechte Werte für die Linke, die am Sonntag im Heimspiel gegen den TSV München 1860 (13.30 Uhr, Millerntor/Sky live) wohl erstmals neu besetzt wird.

Im Zentrum der Kritik steht Davidson Drobo-Ampem, 21 Jahre junge Nachwuchskraft. Der Neuprofi machte in der Vorbereitung nachhaltig auf sich aufmerksam und empfahl sich durch gute Leistungen für den Platz in der Startelf. Doch nach einem guten Spiel zum Auftakt gegen Ahlen und einem ordentlichen Auftritt in Aachen fiel der Ghanaer in ein Leistungsloch. Stellungsfehler und verlorene Zweikämpfe häuften sich, im Spiel nach vorne wurde er vorsichtiger, wirkte gehemmt.

Eindrücke, die auch Holger Stanislawski nicht verborgen blieben. "Ich sehe ihn aber nicht so kritisch wie andere, denn das ist bei ihm ein ganz normaler Prozess", sagt der Trainer, "er ist neu im Profibereich und sehr jung. Er muss sich erst daran gewöhnen, von der Öffentlichkeit mit anderen Augen gesehen zu werden. Er setzt sich zu sehr unter Druck." Dass Stanislawski dennoch nicht auswechselte, liegt an der mangelnden Konkurrenz für die Problemzone. Stanislawski sah keine Alternativen. Auch wenn Sportchef Helmut Schulte fleißig dementiert, hat die Suche nach einem neuen Mann für die Außenbahn nach Abendblatt-Informationen längst begonnen. Zumal die Linksverteidiger Andreas Biermann und Jan-Philipp Kalla bislang überhaupt keine Rolle spielten.

Personalentscheidungen, die vor allem im Fall Kallas verwundert. Lange Zeit hatte sich der 23-Jährige in der Vorbereitung ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit seinem Kumpel Drobo-Ampem geliefert. In der vergangenen Spielzeit mit 16 Einsätzen der Senkrechtstarter, war für den gebürtigen Hamburger zum Saisonstart nicht einmal mehr ein Platz auf der Bank frei. "Schnecke", so sein Spitzname, rotierte ins defensive Mittelfeld der Regionalliga-Mannschaft. Bis vor sechs Tagen, als er beim Pokalspiel in Bremen von Stanislawski erstmals wieder in den Kader nominiert wurde - allerdings nur deshalb, weil Biermann wegen eines Todesfalls in der Familie fehlte. "Schnecke ist aus seinem Tief wieder heraus, kommt jetzt langsam an seine alte Leistung wieder heran und wirkt konstanter", erklärt der Trainer, der für die Leistungsschwankungen seiner Nummer 27 auch einen Grund parat hat. Am 2. August wurde Kalla Vater eines Sohnes (Leo). "Das spielt sicher auch in seine sportliche Entwicklung mit rein. So eine Lebensumstellung verändert die Abläufe. Daran muss man sich erst gewöhnen. Aber er ist jetzt wieder eine echte Alternative für mich." So gibt es mehrere Indizien, dass Stanislawski seine linke Seite neu besetzen wird. Wichtig sei, dass Drobo seine Lockerheit wiederfindet, sagt er. So lange dessen Suche andauert, werden sich andere versuchen dürfen. Kalla ist wie Biermann ein Kandidat, auch ein Einsatz von Innenverteidiger Ralph Gunesch oder Rechtsverteidiger Florian Lechner ist nicht ausgeschlossen. "Die Karten werden jetzt neu gemischt", so Stanislawski.

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