Charles Takyis Ausgleichstor 15 Minuten vor dem Ende ließ die Hamburger auf die Sensation bei Werder Bremen hoffen - vergeblich.

Bremen. Das gesamte Personal war von der Auswechselbank aufgesprungen, Trainer Holger Stanislawski hielt sich seine Fäuste immer wieder vor das Gesicht und brüllte seine Freude und seinen Siegeswillen hinaus. Es lief die 75. Minute im ausverkauften Bremer Weserstadion, und Charles Takyi hatte soeben den 1:1-Ausgleich beim hoch favorisierten Titelverteidiger Werder Bremen erzielt. Doch die Hoffnung auf eine neuerliche Sensation wie beim legendären Schneespiel am Millerntor vom 25. Januar 2006 gegen den Bundesligaklub (3:1) währte lediglich sieben Minuten. Dann traf der Brasilianer Naldo zum 2:1-Endstand.

"Es war ein sehr interessantes Spiel, in dem wir auch verdient zu unserem Tor gekommen sind", sagte Stanislawski später, "doch es hat leider nicht gereicht.". Vor allem deswegen nicht, weil die Hamburger zu spät ihre Chance erkannten. "In der ersten Halbzeit war unsere Brust nicht breit genug, erst danach haben wir uns in die Partie zurückgekämpft und waren ebenbürtig. Wir müssen uns vor keiner Mannschaft verstecken", hatte auch Kapitän Fabio Morena bemerkt.

Eine späte Erkenntnis gegen Bremer, die von Trainer Thomas Schaaf mit dem zweiten Sturm - Rosenberg und Moreno ersetzten Pizarro und Marin - ins Rennen geschickt worden waren. Erste Vermutungen, der amtierende Pokalsieger könne den Zweitligadritten aufgrund des geschonten Stammpersonals unterschätzen, wurden von seiner Mannschaft allerdings früh konterkariert. Einsatzstark und mit hohem Tempo pressten die Grün-Weißen den Gegner in dessen Hälfte. St. Pauli versuchte zwar, die in den vergangenen Wochen so hoch gelobte spielerische Linie auch in Bremen nicht zu verlassen, musste aber erkennen, dass Pässe, die im letzten Auswärtsspiel beim FSV Frankfurt noch ankamen, von den Bremer Innenverteidigern abgelaufen wurden. Und so war es lediglich der Bremer Großzügigkeit vor dem Tor der Braun-Weißen zu verdanken, dass die kleine Hoffnungsflamme in der Pause beim Stand von 0:1 noch nicht erloschen war. "Wir haben nicht konsequent genug den Abschluss gesucht", monierte Bremens Trainer Thomas Schaaf später, während sein Kollege Holger Stanislawski von einer emotionalen Ansprache aus den Stadionkatakomben berichtete: "Ich habe meinen Jungs gesagt, dass wir so hier nicht ausscheiden können."

Hitzig ging es aber auch draußen zu: Zu Klängen von Oasis' "Don't look back in anger" fand im St. Pauli-Block eine fragwürdige Halbzeit-Show statt. Ordnungspersonal und Polizei lieferten sich eine handfeste Auseinandersetzung mit einigen der etwa 5000 mitgereisten Fans aus Hamburg.

Als sich mit dem Wiederanpfiff von Schiedsrichter Guido Winkmann die Lage wieder beruhigt hatte, wurde die Lage auch auf dem Feld ausgeglichener. Spätestens mit den Hereinnahmen von Max Kruse und Rouwen Hennings präsentierte sich St. Pauli als ebenbürtiger Gegner. Der Ausgleich war der Lohn, Naldos 2:1 die späte Strafe für die erste Hälfte. "Die Nummer eins im Norden sind wir", skandierten die erleichterten Bremer Fans, möglicherweise ahnend, dass in Hamburg neben dem HSV ein zweiter Konkurrent heranwächst? St. Pauli verkaufte sich teuer, kehrt nun aber in den Alltag zurück. Und der heißt am Sonnabend Arminia Bielefeld. Dort muss das Team von Stanislawski versuchen, nach der Heimniederlage gegen den 1. FC Kaiserslautern am vergangenen Sonntag nicht den Anschluss an die Spitzengruppe in der Zweiten Bundesliga zu verlieren.

Bremen darf nach nunmehr sieben ungeschlagenen Pflichtspielern weiter von der Titelverteidigung im DFB-Pokal träumen. "Es war ein absolut verdienter Sieg", sagte Werder-Kapitän Torsten Frings, der zu große Siegeszuversicht als Grund für den zwischenzeitlichen Ausgleich ausmachte. "Vor dem 1:1 waren wir so überlegen, dass wir vielleicht einen Schritt weniger gemacht haben. Dann haben wir uns zusammengerauft."

Bremen: Wiese - Fritz, Mertesacker, Naldo, Boenisch - Frings - Bargfrede (70. Niemeyer), Borowski - Hunt - Rosenberg (77. Marin), Moreno (62. Pizarro).

St. Pauli: Hain - Rothenbach, Morena, Gunesch, Drobo-Ampem - Lehmann, Boll - Bruns (54. Kruse), Takyi, Naki (66. Naki) - Ebbers.

Tore: 1:0 Hunt (28.), 1:1 Takyi (75.), 2:1 Naldo (82.). Zuschauer: 31 824 (ausverkauft). Schiedsrichter: Winkmann (Kerken). Gelbe Karten: Frings, Naldo, Marin, Wiese - Drobo-Ampem.

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