Nach dem sechsten sieglosen Spiel in Folge und einer katastrophalen Leistung bangt Trainer Holger Stanislawski um den Klassenverbleib.

Ahlen. Was die Stunde geschlagen hat, schien einigen Spielern des FC St. Pauli wohl erst mehrere Minuten nach der 0:1-Niederlage beim Abstiegskandidaten Rot Weiss Ahlen klar geworden zu sein. Wie versteinert und mit offenen Mündern blickten sie ihrem Trainer nach, der soeben aus dem obligatorischen kollektiven Schulterschluss im Mittelkreis ausgeschert war. Zwei, drei markante Sätze, adressiert an die Spieler, dann stapfte der Trainer - immer noch schimpfend wie ein Rohrspatz - in Richtung Kabine.

Und es waren keine analytischen Worte, die Holger Stanislawski im Anschluss an ein fehlerhaftes Spiel gewählt hatte. Der Inhalt war allgemeiner und besaß schon fast nachrichtlichen Charakter. Stanislawski läutete offiziell den Abstiegskampf ein. Zunächst im Mannschaftskreis, anschließend auch vor den Medienvertretern. Nach dem sechsten sieglosen Spiel in Serie sieht der am Donnerstag als Lehrgangsbester von der Sporthochschule in Köln abgegangene Fußballlehrer den Klassenerhalt seines Vereins ernsthaft in Gefahr. "Ich tue das nicht, um wachzurütteln. Nach dieser Niederlage sind wir voll drin im Abstiegskampf und müssen jetzt zusehen, die nötigen Punkte in den noch ausstehenden vier Spielen zu holen." Sieben Zähler beträgt der Vorsprung auf den zur Teilnahme an der Relegation verpflichtenden 16. Rang.

Optimismus, dass seine Mannschaft die Vorgabe umsetzen wird, konnte der niedergeschlagene und persönlich beleidigt wirkende 39-Jährige indes nicht verbreiten. Wie auch? Seine Spieler hatten zuvor 90 Minuten lang eindrucksvoll dokumentiert, weshalb nicht wenige Fans dieser Mannschaft im Saisonfinale nicht mehr viel zutrauen.

St. Pauli präsentierte sich urlaubsreif, phasenweise sogar, als hätte die Sommerpause bereits begonnen: keine Spielanlage, keine Struktur, nachlässige Zweikampfführung, mangelnde Konzentration. Mit den Räumen, die die verunsicherten und personell angeschlagenen Ahlener boten, wussten die Hamburger nichts anzufangen. Es entwickelte sich ein Fehlpassfestival, das allenfalls Drittliganiveau besaß.

Ohne den verletzten Filip Trojan sowie Florian Bruns und Alexander Ludwig (beide nur auf der Reservebank) blieb das spielerische Element auf der Strecke. Der Ball wurde meist uninspiriert und hoch in die gegnerische Hälfte gekickt. Die Hoffnung, dass Morike Sako oder Marius Ebbers irgendetwas damit anzufangen wüssten, starb dann zuletzt. Für eine Mannschaft, die sich schnellen, offensiven Fußball auf die Fahnen geschrieben hat, war dieser Auftritt ein Armutszeugnis. Echte Torchancen gab es erst in der zweiten Hälfte. Als Ahlens Heithölter die erste Ecke des Spiels ausführte, war bereits eine halbe Stunde vergangen. "Unterirdisch war das", schimpfte Stanislawski, "das hatte mit Fußball nicht viel zu tun, die Zuschauer hätten ihr Geld zurückerhalten müssen." Es ist nicht die Negativserie an sich, die beunruhigt - zumal St. Pauli zuvor in Nürnberg (0:2) und gegen Freiburg (1:2) durchaus passable Spiele gezeigt hatte. Es ist die Art und Weise, wie die Mannschaft im Wersestadion auftrat.

"Ich kann mich an Mannschaften erinnern, die erst am 34. Spieltag gemerkt haben, dass sie abgestiegen sind", läutete auch Thomas Meggle nach der peinlichen Niederlage die Alarmglocken. Nach den Pleiten in Augsburg, Rostock, Frankfurt, Oberhausen und Wiesbaden gelang es auswärts zum wiederholten Mal nicht, einen fußballerisch minderbemittelten Gegner zu bezwingen. Nach dem Heimspiel gegen Mainz warten zwei Auswärtsspiele: beim Tabellen-17. in Ingolstadt und in Koblenz (15.) ...

Ahlen: Langerbein - Busch, Wiemann, Döring, Maul - di Gregorio, Heithölter (78. Naki) - Großkreutz (89. Kittner), Book (90. Bäumer), Gibson - Toborg.

St. Pauli: Hain - Lechner, Morena, Eger, Gunesch - Schultz, Meggle (46. Boll)- Hoilett (67. Bruns), Brunnemann (73. Ludwig)- Sako, Ebbers.

Tor: 1:0 Naki (87.). SR: Dingert (Lebecksmühle). Z.: 7050. Gelb-Rot: Eger (85., wiederholtes Foulspiel). Gelb: Gibson (4), Großkreutz (5, gesperrt) - Morena (3), Schultz (10, gesperrt).