Beim Liga total Cup verliert der HSV torlos gegen Borussia Dortmund und den FC Bayern München. Eine große Überraschung war das aber nicht.

Hamburg. Bevor der Medienvertreter seine Frage im Anschluss an die 0:1-Niederlage gegen Bayern München in den Katakomben der Imtech-Arena zu Ende stellen konnte, fiel ihm Thorsten Fink energisch ins Wort. "Nein! Nein!", entgegnete der HSV-Trainer dem überraschten Journalisten, der es gewagt hatte, das Wort Abstiegskandidat in seiner Frage in Verbindung mit den Hamburgern zu verwenden. Vorbereitungsniederlagen wie das 0:1 gegen Borussia Dortmund am Sonnabend und das 0:1 gegen Bayern München am Sonntag beim alles in allem bedeutungslosen Liga total Cup, so Fink, dürften nicht überbewertet werden. "Unser Ziel bleibt ein Mittelfeldrang zwischen Platz sechs und Platz zehn", kündigte der Coach kühn an, "da sind wir auf einem guten Weg."

Wirklich böse schien dem in beiden Spielen hoffnungslos unterlegenem HSV auch keiner der 42 217 Zuschauer am Sonnabend und der 39 175 Fans am Sonntag zu sein. An beiden Turniertagen wurden die Hamburger mit zurückhaltendem Applaus in die Kabine verabschiedet, was auf zwei völlig unterschiedliche Gründe zurückgeführt werden darf. Der gute Grund: Finks Mannschaft hat im Rahmen ihrer Möglichkeiten gegen die beiden besten Mannschaften Deutschlands ordentlich dagegengehalten, stand in der Defensive meist sicher und ließ sogar einen leichten Aufwärtstrend erkennen. "Natürlich will ich nie verlieren, aber ich habe auch viel Gutes gesehen", urteilte Fink. Tatsächlich dürfte aber kaum jemand, und das ist der schlechte Grund, ernsthaft mit einem Hamburger Erfolg bei dem hochkarätig besetztem Turnier gerechnet haben. Denn die Erwartungen an den HSV, der für die Ausrichtung des Turniers knapp 1,5 Millionen Euro kassierte, waren wohl noch nie so gering wie drei Wochen vor dem Start in die 50. Bundesligasaison. "Es liegt an uns, die Skepsis von Spiel zu Spiel zu verkleinern", sagte Torhüter René Adler, "nach der bescheidenen Vorsaison haben wir eine gewisse Bringschuld."

Nach gerade mal 35 Saisontoren in 34 Spielen liegt die größte Bringschuld des HSV zweifelsohne in der "Abteilung Attacke", die zwei Wochen vor dem Pokalspiel gegen den Karlsruher SC mehr wie eine "Abteilung abwesend" daherkommt. Weder Trainingsweltmeister Marcus Berg noch Neuzugang Artjoms Rudnevs, die sich in den Vorbereitungsspielen artig abwechseln, machen im Sturmzentrum den Eindruck, dass sich die Fans in der kommenden Saison auf mehr Tore als zuletzt freuen dürfen. Daran können auch Robert Tesche und Tolgay Arslan, im offensiven Mittelfeld die Platzhalter für den noch zu verpflichtenden Mittelfeldregisseur, wenig ändern. "Wir müssen uns mehr Chancen herausspielen", analysierte Adler, "und die wenigen Chancen, die wir haben, müssen wir nutzen." So einfach klingt das.

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Dass es dann aber doch nicht ganz so einfach ist, wurde bei den jeweils 60-minütigen Auftritten gegen Dortmund und Bayern deutlich. So erspielte sich der HSV nur wenige echte Tormöglichkeiten, wirkte im Spiel nach vorne statisch und insgesamt auch ideenlos. "Vielleicht ist es ganz gut, dass die Erwartungen an uns noch nicht so hoch sind", sagte Heiko Westermann, der vor dem Turnier angekündigt hatte, dass man nach diesem Wochenende wisse, wo man denn nun stehe.

Die Antwort auf diese Frage dürfte den einen oder anderen Hamburger Fan durchaus schmerzen. Denn der HSV steht vor der Jubiläumssaison zum 125. Vereinsgeburtstag in etwa da, wo er zum Ende der vergangenen Spielzeit zu finden war: ziemlich weit unten. "Es wird keine einfache Saison", sagte Adler ehrlich, "wir sind kein Team, das gespickt mit erfahrenen Altstars ist, die so eine Situation 1000-mal erlebt haben."

Auch deswegen hofft der Torhüter, der sich in den Partien gegen Dortmund und Bayern mehrfach auszeichnen konnte, auf baldige Vollzugsmeldungen auf dem Transfermarkt: "Natürlich ist die Situation nicht optimal. Man weiß ja nicht, in welchem Zustand die Spieler zu uns kommen und wie sie sich integrieren." So stößt der bereits verpflichtete Kroate Milan Badelj voraussichtlich erst Ende August zum Team, die dringend benötigten Abwehr- und Mittelfeldprofis werden noch immer mit Nachruck gesucht.

"Wenn wir Cristiano Ronaldo, Diego und Holger Badstuber bekommen, dann haben wir einen anderen Anspruch", sagte Fink, der aber nur begrenzt Hoffnung auf derartige Verstärkungen haben dürfte. Wichtig sei doch nur, schloss Fink dann wieder im Ernst ab, dass zum Start gegen Nürnberg ein schlagfertiges Team auf dem Platz stehe. Dann, das weiß natürlich auch der 44-Jährige, ist aber auch die Erwartungshaltung der zuletzt nicht gerade verwöhnten Anhänger eine andere.

HSV gegen Dortmund: Adler - Diekmeier, Mancienne, Bruma, Aogo - Westermann, Sala - Son, Arslan (51. Rudnevs), Jansen - Berg. Tor: 0:1 Blaszczykowski (42.)., HSV gegen Bayern: Adler - Diekmeier, Mancienne, Bruma, Aogo (32. Jansen) - Westermann, Skjelbred (53. Berg) - Beister (46. Son), Tesche (53. Arslan), Ilicevic - Rudnevs. Tor: 0:1 Weiser (25.)