HSV-Trainer Thorsten Fink gab im DFB-Pokal Marcus Berg und anderen aus der zweiten Reihe eine Chance. Nutzen konnte sie in Trier niemand.

Hamburg. Eigentlich hatte HSV-Torwart Jaroslav Drobny gestern allen Grund, zufrieden zu sein: Sein Team steht nach dem 2:1-Erfolg in Trier erstmals seit drei Jahren wieder im Achtelfinale des DFB-Pokals, und die starke Leistung des Schlussmanns ließ hoffen, dass er seine persönliche Krise mit den schweren Patzern zu Saisonbeginn endgültig ad acta gelegt hat. Doch Drobny schien schwer angezählt: Erst lief er einer TV-Journalistin mitten im Interview einfach aus dem Bild, und auch danach wirkte er wenig motiviert, Frage und Antwort zu stehen. Hat ihm die Kritik an seiner Person nach den ersten schwachen Spielen derart zugesetzt? Oder war Drobny einfach sauer und mitgenommen über die Art und Weise, wie seine Mannschaft gegen einen Viertligisten aufgetreten ist?

Letzteres wäre nachvollziehbar. Triers Verteidiger Oliver Stang war am Tag danach jedenfalls immer noch überrascht. "Da denkst du schon, dass es arrogant ist, wenn der Gegner dich offenbar so unterschätzt. Dennoch hatte ich geglaubt, dass die B-Elf des HSV mehr drauf hat." Auch wenn Trainer Thorsten Fink weitgehend gute Miene zum bösen Spiel machte, dürfte auch ihm nicht verborgen geblieben sein, dass zwischen dem Regionalligaklub Eintracht Trier und dem Bundesliga-Dino HSV kein Klassenunterschied auszumachen war. Fink scheute sich zwar, vor der Partie von einer "B-Elf" zu sprechen, die er ins Rennen schickte. Er vertraue allen seinen Spielern. Doch die sieben Wechsel im Vergleich zum Wolfsburg-Spiel brachten sein Team an den Rand einer Niederlage. Vertrauen verspielt - das gilt insbesondere für drei Spieler, bei denen Anspruch und Wirklichkeit nicht erst seit gestern weit auseinanderklaffen.

+++ Ein Kunstschuss rettet Hamburgs B-Elf in Trier +++

Marcus Berg: Ob der Schwede dem HSV jemals helfen kann, ist nach dem hilflosen Auftritt in Trier fraglicher denn je. Trotz seines Tores enttäuschte Berg auf ganzer Linie. Es wurde überdeutlich, dass der 25-Jährige mit schnellem Kombinationsspiel überfordert ist, fast jeder Ball landete in den Füßen des Gegners. Seine Körpersprache war emotionslos, die Bewegungen vorhersehbar. Dabei macht der Angreifer im Training oft positiv auf sich aufmerksam. Zur Erinnerung: Mit zehn Millionen Euro Ablöse ist Berg teuerster HSV-Spieler der Vereinsgeschichte. Im Sommer 2009 kam er als Torschützenkönig und bester Spieler der U21-EM in Schweden vom FC Groningen an die Elbe. Doch schon die erste Saison beim HSV war mit vier Toren aus 30 Spielen ernüchternd. Er wurde nach Eindhoven verliehen, wo er in 25 Spielen immerhin achtmal traf. Doch der Durchbruch gelang ihm auch dort nicht: "Es war eine schwierige Saison, ich bin von meiner Leistung enttäuscht", sagte Berg damals selbstkritisch. Der HSV versuchte ihn zu verkaufen, doch die einst bezahlte Ablöse wollte kein Verein auch nur annähernd aufrufen. Nach einer Hüft-OP im Mai dieses Jahres ist Berg nun körperlich wieder auf der Höhe - doch im von Fink favorisierten System mit zwei Stürmern wird er so wohl keine Zukunft haben.

Michael Mancienne: "Er ist einer, der uns sofort helfen kann", sagte Sportchef Frank Arnesen nach der Verpflichtung des Engländers. Doch davon ist bisher noch nicht viel zu sehen. Mancienne ließ seinen Gegenspieler in Trier vor dem 0:1 einfach laufen, generell wirkt er auf dem Platz oft phlegmatisch und lässt die letzte Konsequenz vermissen. Zudem setzt er seine zweifelsfrei vorhandene Technik kaum im Spielaufbau ein. Das Fachmagazin "Kicker" straft den 23-Jährigen mit einer Durchschnittsnote von 4,8 ab - der schlechteste Wert aller HSV-Profis.

Robert Tesche: Der Mittelfeldspieler kam im Sommer 2009 aus Bielefeld als großes Talent, der alle Anlagen für einen defensiven Mittelfeldspieler mitbringe: gutes Kopfballspiel, Zweikampfstärke und eine tolle Schusstechnik. All dies deutete Tesche in den vergangenen zweieinviertel Spielzeiten an - leider viel zu selten. Sein größtes Manko ist das Passspiel, das wurde auch gegen Trier überdeutlich: Teilweise unbedrängt landeten die Bälle in den Füßen der Gegner. Zudem versteckt sich der 24-Jährige viel zu oft, anstatt das Spiel in der zentralen Position an sich zu reißen.

Doch nicht nur diese drei Spieler haben in Trier ihre Chance verpasst, auf sich aufmerksam zu machen. Auch Akteure wie der ewig tempoverschleppende David Jarolim, der kopflos nach vorne rennende Dennis Diekmeier oder der erneut zweikampfschwache Heung Min Son dürfen sich nicht beschweren, wenn der Trainer auch in Zukunft andere Spieler vorzieht.

Die Zukunft ist auch das Einzige, was Drobny interessiert. "Ich schaue nicht zurück. Gegen Kaiserslautern wird es am Sonntag ein ganz anderes Spiel als gegen Trier. Die werden sich nicht mit zehn Mann hinter den Ball stellen", ließ sich der Torwart am Ende noch entlocken. Doch einen besseren Anschauungsunterricht als eine Videoanalyse des Pokalspiels in Trier kann es für die Pfälzer nicht geben, um aufgezeigt zu bekommen, wie der HSV vor Probleme gestellt werden kann.