Investor Klaus-Michael Kühne hatte die Transferpolitik des HSV infrage gestellt - Mitglieder befürchten eine zu große Einflussnahme.

Hamburg. Sie waren bemüht, die Aufregung gering zu halten. "Wir sind zufrieden mit unseren Transferaktivitäten", ließ der HSV-Vorstand verlautbaren. Kein Wort über Klaus-Michael Kühne, den Hamburger Milliardär, der via Abendblatt die Zugänge und deren Qualität öffentlich kritisiert hatte. "Herr Kühne ist ein großer HSV-Fan, der sich wie alle Fans auch mal sehr emotional äußert", so der Aufsichtsratsvorsitzende Horst Becker. Allerdings, das weiß auch Becker, hatte Kühne mit seinen klaren Aussagen auch die Kritiker des Investorenmodells Anstoß³ bedient, die eine moralische Einflussnahme des Investors befürchtet hatten. "Das darf sich der Verein so nicht gefallen lassen", schimpft Ex- HSV -Präsident Jürgen Hunke, "der Vorstand sollte Herrn Kühne das Geld zurückgegeben und den Vertrag rückgängig machen."

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Um der sowieso kritischen Mitgliedschaft um Hunke herum nicht noch mehr Zündstoff zu liefern, wollen sich Kühne und der HSV-Vorstand am kommenden Mittwoch in Hamburg treffen. Zumal es selbst im Kontrollgremium gestern Verwirrung gab. Ein Aufsichtsratsmitglied stellte via E-Mail seinen Kontrolleurskollegen und insbesondere dem HSV-Vorstand die Frage, weshalb ihm bei der Absegnung der Transfers von Heiko Westermann und Gojko Kacar erklärt worden sei, dass beide Akteure von Kühne abgesegnet seien und mitfinanziert würden. Schließlich betrachtet Kühne gerade diese beiden Transfer "skeptisch" und hat sich noch nicht entschlossen, wo und ob er letztlich in die Neuzugänge investiert. Kühne: "Ich bin unverändert der Meinung, dass dem HSV ein hochklassiger Mittelfeldspieler fehlt."

Das wiederum sieht der HSV-Vorstand anders, der die eigene Transferpolitik verteidigt: "Wir sind überzeugt von der Qualität unserer Neuen", so der Vorstandsvorsitzende Bernd Hoffmann und Sportchef Reinhardt unisono.

Allerdings ist fraglich, wie lange der HSV auf seiner Meinung beharren wird, geht es doch noch um weitere 2,5 Millionen Euro. Diese Summe stellt Kühne dem HSV für den Fall zur Verfügung, dass ein Mittelfeldspieler "internationaler Klasse" kommt. Allerdings nur, wenn Kühne diese Qualifikation des Neuen als gegeben erachtet.

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Und so klar Kühne formuliert, dass der immerhin serbische Nationalspieler und WM-Teilnehmer Gojko Kacar dieses Kriterium nicht erfüllt, so klar hat er dem Vorstand seinen Wunschspieler Nummer eins auf der elf Akteure umfassenden, von Trainer Armin Veh, Hoffmann und Siegenthaler gemeinsam erarbeiteten Liste mitgeteilt: Rafael van der Vaart. Der 27-Jährige sollte und könnte es jetzt plötzlich wieder werden, nachdem der niederländische Nationalspieler bei Real Madrid mal wieder zum Verkauf steht. Verantwortlich hierfür ist auch die jüngste Verpflichtung der Spanier, die Werder Bremens Mesut Özil nach Madrid lotsen konnten. Direkte Konkurrenz für den ehemaligen HSV-Kapitän, der noch bis 2013 bei Real Madrid unter Vertrag steht. Dennoch ist er Kühnes erklärter Favorit.

Und so leidenschaftlich und hartnäckig Kühne bislang seine Meinung vertritt, so beharrlich legte der HSV-Vorstand in dieser Personalie bislang stets sein Veto ein. Am Anfang, weil der inzwischen beurlaubte Trainer Bruno Labbadia keinen Platz in seinem System für den Niederländer sah. Und anschließend, weil van der Vaart mit rund 4,5 Millionen Euro Jahresgehalt zuzüglich der Ablösesumme von rund zwölf Millionen Euro für den HSV in der aktuellen finanziellen Verfassung zu teuer ist. Mit - aber ganz sicher ohne die Kühne-Millionen.