Neben Peter Knäbel, der am 1. Oktober neuer Sportchef wird, soll nun auch noch ein neuer Trainerchef verpflichtet werden. Das Ziel: Neue Profitrainer sollen häufiger aus dem Club kommen.

Hamburg. Am Wochenende war Jürgen Klopp mal wieder in Hamburg. Zumindest fast. So wurde nach dem beachtlichen 0:0 des HSV gegen Bayern München im TV sowohl bei „Sky90“ als auch im Sport1-„Doppelpass“ darüber diskutiert, wie viel Klopp denn im neuen HSV-Trainer Joe Zinnbauer stecke. Die „Bild am Sonntag“ titelte gar: „Die Liga hat einen zweiten Klopp.“

Beim HSV kennt man das ja. Schon Thorsten Fink hatte in seiner ersten Pressekonferenz angekündigt, „ein Typ wie Jürgen Klopp“ zu sein. Dabei dient der Dortmunder Coach mittlerweile als Synonym für so eine Art moderner Supertrainer, nach dem man sich in Hamburg – vergeblich – seit Ernst Happel sehnt. Längst hat auch HSV-Clubchef Dietmar Beiersdorfer eingesehen, dass es ein Fehler war, den echten Klopp nicht zu holen, als es 2008 die Möglichkeit dazu gab. „Ich bin nahe dran, das zu bejahen“, sagte der Vorstandsvorsitzende bei „Sky90“, „Klopp hat eine wahnsinnige Trainerkarriere eingeschlagen, davor kann man nur den allergrößten Respekt haben.“

Einen neuen Klopp will Beiersdorfer trotzdem nicht mehr verpflichten.

Nach 16 meist teuren Trainerwechseln in den vergangenen elf Jahren hat sich der neue Clubchef zu einem Strategiewechsel entschlossen. Statt einen neuen Klopp zu suchen, sollen zukünftig neue Klopps selbst ausgebildet werden. Dabei haben sich Bernhard Peters, seit Sommer Direktor Sport, und Beiersdorfer darauf verständigt, dass neben Peter Knäbel, der am 1. Oktober neuer Sportchef werden soll, auch noch ein neuer Trainerchef verpflichtet werden soll. Bislang war der erst im Sommer zurückgeholte Patrick Rahmen als Cheftrainer aller Nachwuchsmannschaften von U16 bis U23 für die Entwicklung der Trainer zuständig. Da der Schweizer nun aber als Zinnbauers Assistent zu den Profis wechselte, soll an dieser Stelle nachgebessert werden.

„Die Trainer arbeiten kurzfristig mit ihrem Team am Erfolg der Mannschaft, für den mittel- und langfristigen Erfolg sind wir im Club zuständig“, sagt Beiersdorfer, der sich deshalb trotz aller Elogen auf Neutrainer Zinnbauer weigert, ein ultimatives Treuebekenntnis zum Slomka-Nachfolger abzugeben. An der Vertragssituation Zinnbauers würde er jedenfalls vorerst nichts ändern: „Ich sehe keinen Grund, von dem nun eingeschlagenen Pfad abzuweichen.“

Das verweigerte Bekenntnis zu Zinnbauer ist nicht zu verwechseln mit fehlender Wertschätzung – ganz im Gegenteil. Beiersdorfer und Peters schätzen Zinnbauer nicht nur sehr, sie hoffen zeitnah auf weitere Zinnbauers im eigenen Nachwuchs. Obwohl es kein Geheimnis mehr ist, dass sich der HSV intensiv um Thomas Tuchel als Nachfolger des eher wenig geschätzten Slomka bemüht hatte, soll das Modell Zinnbauer in Zukunft intensiviert werden. Bei der kaum zu vermeidenden Fluktuation auf dem Trainermarkt müsse es das Ziel sein, im Misserfolgsfall umgehend im eigenen Nachwuchs fündig zu werden.

Dabei hat Peters bei seiner Analyse des Unterbaus der HSV-Profis längst kritisch angemerkt, dass es doch nicht sein könne, dass neben U19-Trainer Otto Addo nur noch Techniktrainer Rodolfo Cardoso einen Fußballlehrerschein hat. Immerhin hatten sich die U23-Coaches Daniel Petrowsky und Soner Uysal bereits für den Lehrgang zum Fußballlehrer angemeldet, einer von beiden soll im kommenden Jahr mit der Ausbildung starten.

Dabei soll es aber nicht bleiben. So hat Peters durchgesetzt, dass sich alle HSV-Trainer von U13 bis zu den Profis einmal wöchentlich zum Gedankenaustausch in der Arena treffen. Diese Woche ist die Trainerrunde wegen der englischen Woche für den Donnerstag terminiert. Zudem bietet Peters am kommenden Dienstag erstmals einen eintägigen Lehrgang für alle Nachwuchstrainer an. Auf dem Programm stehen mehrere taktikspezifische Themen wie beispielsweise das Gegenpressing, das schon Zinnbauer im Schnelldurchgang erfolgreich bei den Profis gegen den FC Bayern eingeführt hatte.

Doch der Erfolg gegen die Bayern ist abgehakt, auch bei Hamburgs neuem Liebling Zinnbauer. „Für mich ist nicht wichtig, was war, sondern was kommt“, sagt der 44-Jährige, der sich den kommenden Gegner am Sonntag vor Ort in Köln (0:0) angeschaut hat. „Mönchengladbach hat viel Qualität auf dem Platz. Die haben eine richtig geile Mannschaft – aber wir haben auch eine geile Mannschaft“, sagt Zinnbauer, der registriert hat, dass vor allem seine Gänsehautansprache vor dem Bayern-Spiel medial zum großen Thema wurde. „Mit ein paar Motivationsworten ist es nicht getan. Fußball hat gar nicht so viel mit Motivation zu tun, der taktische Aspekt ist viel wichtiger.“

Besser hätte es auch Jürgen Klopp nicht formulieren können. Einmal haben sich Klopps und Zinnbauers Wege im Übrigen tatsächlich gekreuzt. In der Spielzeit 1995/96 standen die heutigen Trainer in 14 Partien gemeinsam für Mainz 05 auf dem Platz. Gemeinsam gewinnen konnten die beiden: zweimal. Schlusswort Zinnbauer: „Kloppo ist Kloppo, und Zinnbauer ist Zinnbauer. Kloppo ist ein geiler Typ – und bei Zinnbauer wird sich das noch zeigen.“