Der neue Direktor Sport beim HSV legt großen Wert darauf, dass junge Fußballer auch das Leben außerhalb des Platzes lernen. Am Freitag trat er seinen neuen Job an

Hamburg. Am ersten Arbeitstag ging es gleich ins Trainingslager. Am Freitagnachmittag traf Bernhard Peters in Stegersbach ein. Hallo sagen, sich bekannt machen, auch bei Trainer Mirko Slomka, den Profis und weiteren Mitarbeitern, obwohl er mit denen zunächst noch nicht so viel zu tun hat. Sich alles anschauen, einen Überblick gewinnen – nur anscheinend gemächlich, bestimmt aber genau. Groß von seinen Plänen erzählen, das will der neue Direktor Sport beim HSV noch nicht. „Ich halte lieber noch mein westfälisches Mundwerk“, sagte Peters vor seiner Abreise, „erstmal muss ich mir einen Eindruck verschaffen.“

Fast acht Jahre lang hat der ehemalige Hockey-Bundestrainer seit 2006 bei 1899 Hoffenheim als Direktor für Sport und Nachwuchsförderung gearbeitet. „Er hat hier großartige Arbeit geleistet, die Grundlagen für unsere erfolgreiche ,1899Akademie´ geschaffen, eine einheitliche Ausbildungs-Philosophie entwickelt und Trainer geschult“, sagt Alex Rosen, Hoffenheims Direktor Profifußball, der bis 2013 sportlicher Leiter im Jugendleistungszentrum der Kraichgauer war: „Dass er jetzt etwas Neues machen will, ist verständlich, aber wir bedauern das natürlich.“

Julian Nagelsmann hat in diesem Jahr mit der Hoffenheimer A-Junioren den deutschen Meistertitel errungen. Er ist 27 Jahre jung und saß auch schon als Co-Trainer beim Bundesligateam auf der Bank. Ein Trainertalent, ganz offenbar. „Peters hat mir in vielen Workshops sehr geholfen, er legt sehr viel Wert auf Trainerpersönlichkeitsentwicklung“, erzählt Nagelsmann: „Er hat Coaching für Mannschaftsansprachen eingeführt, hat Videoschulungen gehalten darüber, wie man als Trainer an der Seitenlinie wirkt. Er ist sehr innovativ, hat viele Ideen.“

Das war schon bei seiner Arbeit für den Deutschen Hockey-Bund (DHB) so. Die großen Erfolge mit zwei Weltmeistertiteln 2002 und 2006 sowie insgesamt drei Olympiasiegen 2004, ´08 und ´12 beruhen ganz wesentlich auf Peters konzeptioneller Grundlagenarbeit, der eine durchgängige Planung durch alle Altersebenen und Mannschaften durchgesetzt hat. „Ich habe immer meine Stärken im Planerischen gesehen, im Entwickeln von Strukturen“, sagte der Diplom-Sportlehrer einmal: „Ich stehe für Einheitlichkeit der Ausbildung, für die Eliteförderung der Toptalente, es geht darum, das Jugendleistungsförderungssystem weiter zu optimieren.“

Spieler, deren Horizont über die Strafräume hinausreicht, waren immer ein wichtiger Punkt in seinem Ausbildungskonzept. Im Hockey ist das normal, niemand in Deutschland kann allein von dem Sport leben. Im Fußball sieht das schon etwas anders aus, dennoch zerplatzen mehr Träume von einem Profileben, als sich erfüllen. Nachwuchszentren müssen sich auch dieser Verantwortung stellen. „Es ist ganz wichtig, dass die Kinder lernen, dass es auch sonst noch Leben gibt“, berichtet Nagelsmann über den Weg in Hoffenheim. „Es werden Workshops über den Umgang mit Geld angeboten, wir besuchen Altersheime und Hospize, und Jugendliche, die die schulische Ausbildung nicht ganz so erst nehmen, für die gibt es auch schon mal Sanktionen.“

Doch die Arbeit in Hoffenheim, die ist jetzt irgendwie auch getan. „Die Grundlagen sind gelegt“, sagt Rosen, „wir müssen jetzt nur die Details weiterentwickeln.“ Deswegen war auch Nagelsmann nicht überrascht von Peters Abschied: „Er ist ein Visionär, jemand der nie zufrieden ist. In Hoffenheim hat er stabile Strukturen geschaffen, in Hamburg sind wohl noch neue Strukturen aufzubauen.“

Dass sich beim HSV im Bereich Nachwuchsförderung etwas tun muss, ist unstrittig. Stichwort Campus. „Mein Ziel ist es mit Dietmar Beiersdorfer und unseren Mitarbeitern, dem HSV eine eigene fußballerische Identität zu geben: Eine Philosophie, aus der heraus vom Kinder- über den Jugend- bis hin zum Profibereich eine unverwechselbare Handschrift entwickelt wird", erklärte Peters nach der Bekanntgabe seiner Verpflichtung am 15. Juli.

Der ehemalige Welthockeyspieler Michael Green, 42, hat jahrelang mit dem Trainer Peters zusammengearbeitet und stand 2002 im siegreichen WM-Team. „Er hat uns immer schon erzählt, dass es im Fußball Aspekte gibt, die man aus dem Hockey übernehmen kann“, sagt der Hamburger Orthopäde. „Bernhard hat schon immer über den Tellerrand hinausgeschaut. Für den HSV ist seine Verpflichtung eine große und gute Entscheidung.“ Green hat nur eine Sorge: „Man muss hoffen, das der HSV ihm die Chance gibt, langsam etwas aufzubauen. Da ist viel Geduld gefragt.“